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Ich habe heute in der Notaufnahme eine Broschüre im Wartebereich liegen sehen, die mich nahezu angelacht hat. „5 Wege, um loslassen zu können", stand ganz dick auf der Titelseite. Was eine Ironie, nicht wahr. Wenn der Schriftsteller wüsste, dass dieser Titel von jemandem gelesen wurde, der seit mehreren Monaten Briefe an eine Tote schreibt und sie somit auch die nahezu einzige Kommunikationspartnerin ist, die er besitzt, würde er wahrscheinlich zuerst lachen und dann weinen.

Ich gebe zu, ich habe auch nur ganz kurz reingeschaut. Nichts gegen dich, aber manchmal denke ich, ich bin wirklich bescheuert. Und es hat mir geholfen, einen klaren Kopf zu kriegen. Weißt du, was ich mir dann gedacht habe? Austin, wie sollst du neue Wege gehen, wenn dir der Schrott von gestern die Abzweigung versperrt?

Mit Schrott bist nicht du gemeint, Bro. Aber irgendwie habe ich diesen Gedanken total nachvollziehen können. Und ich dachte mir so: Okay, heute ist der Tag. Heute wirst du dein Leben in den Griff kriegen.

Spaß bei Seite, ich bin heimgegangen, habe mir ein Bier aufgemacht und mein Briefpapier ausgepackt. Gott, die alte Lady im Buchladen, in dem ich das Papier kaufe, denkt bestimmt, ich habe ganz wilde Brieffreundschaften. Wenn die wüsste. Jetzt sitze ich wieder hier und schreibe dir. Ich kann garnicht in Worte fassen, wie lächerlich ich mich fühle.

Ich weiß nicht, ob mich diese Gedanken jemals loslassen werden. Ob mich dieser Schmerz jemals loslassen wird. Ich hätte nie gedacht, dass der Verlust eines Menschen so wehtun kann. Und das, obwohl du eine unausstehliche Hexe warst.

Fick dich einfach, Savannah. Ich glaube, ich lasse mir das tattoowieren. Fick dich!

AustinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt