Prolog

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„Und, Tsukishima? Hast du dich vom Übungsspiel schon wieder erholt?", ertönte eine aufgeweckte, helle Stimme. Der Blonde wandte seinen Kopf etwas in die Richtung, aus der sie kam, und seine Augen trafen auf graue. Sugawara Kōshi war mit Tsukishima mitgezählt als einzig anderer Spieler des Karasuno Volleyballclubs wach, sie befanden sich auf der Heimfahrt, nach einem langen Tag. Ihr Trainingsspiel gegen Nekoma hatte in einem grossen hin und her zwischen Spielen und Hinata's Betteln nach einem weiteren Satz geendet.

Sie hatten keinen einzigen gewonnen.

Coach Ukai sah beinahe etwas enttäuscht aus, als sie in den Bus, der sie nach Hause brachte, stiegen. Allerdings entschied er sich schnell dafür, Trainer des Teams zu bleiben.
„Jemand muss euch ja dabei zusehen, wie ihr diese Katzen fertigmacht!"
Tsukishima hob nur eine Augenbraue. Und selbst wenn sie gegen Nekoma gewinnen werden, was würde das gross bedeuten? Wow, ein gewonnenes Spiel, in ihrem Leben brachte ihnen das nicht, oder? Dieses ganze Volleyball Getue war nur ein Club, den er nach der High School sowieso verlassen wird.

„Was heisst hier erholt... ich kann wegen Hinata's und Kageyama's Schnarchen nur nicht einschlafen", antwortete Tsukishima mit einem mürrischen Blick in die Richtung des Freak-Duos. Die beiden schliefen seit der Sekunde, in der sich der Bus in Bewegung setzte. Hinata und Kageyama hatten heute Bestleistungen gebracht, in jedem Satz hatte Kageyama trotz Hinata's und seiner Erschöpfung immer wieder ihren Schnellangriff ausgeführt. Den Schlaf hatten sie sich mehr als verdient.

Tsukishima wimmelte Yamaguchi's Kopf, der erneut auf seine Schulter fiel, ab und streckte sich. Er hörte seine Knochen knacken und seufzte erleichtert, als sein Körper sich entspannt im Sitz zurücklehnte. Die letzten Tage waren sogar für ihn, der normalerweise im Training nie voll mitmachte, anstrengend. Zuerst die Vorbereitung auf das Spiel, die Tatsache, dass er als Stammspieler aufgesetzt war und dann noch die Spiele gegen Nekoma. Er konnte nicht behaupten, er hätte es gehasst, allerdings auch nicht das er es mochte.

„Aber das Spiel hat Spass gemacht, nicht?", fragte Sugawara ihn und sein Blick folgte der am Fenster vorbeiziehenden Landschaft. Sugawara war nicht aufgestellt. Kageyama hatte seinen Platz als Stammspieler eingenommen. Vielleicht, auch wenn Sugawara behauptet hatte, es machte ihm nichts aus, wollte er doch spielen? Tsukishima wusste es nicht. Er kannte seine Teamkameraden noch kaum. Die Erstklässler waren ziemlich neu und mussten sich erst einmal einleben. „Das Spiel... ich denke schon", murmelte Tsukishima.

Sugawara lächelte ihn daraufhin nur sanft an bevor sein Blick auf Daichi, der neben ihm schlief, fiel. Sein Gesichtsausdruck wurde verliebt, während seine Augen von dessen Gesicht zu seinem Handgelenk huschten. „Wie lange eigentlich schon?", fragte Tsukishima leise, um niemanden aufzuwecken. Das wäre zwar nicht nötig, da alle tief und fest schliefen, immerhin hatten sie den gesamten Tag gespielt und waren dementsprechend erschöpft, doch Tsukishima brachte trotzdem den Respekt auf und blieb eher leise.

„Der Timer startete am ersten Tag an der Karasuno. Ich trat dem Volleyballclub bei und wir mussten uns vorstellen. Als Daichi an der Reihe war, fühlte ich mein Handgelenk schmerzen. Mein Blut schien einzufrieren und es begann alles zu jucken. Ich riskierte einen Blick auf den Auslöser dieser Gefühle und erkannte einen Timer von 267 Tagen. Und sobald diese abgelaufen waren...", er lächelte verschmitzt und musterte jede Faser von Daichi.

„Tönt... irgendwie schrecklich", sagte Tsukishima und starrte auf sein Handgelenk, das von seiner Trainingsjacke verdeckt war. Er wusste mittlerweile schon auswendig, was darunter stand. Wie jeden Tag, jede Woche, jeden Monat, jedes Jahr, schon sein gesamtes Leben stand es da.

„Keine Sorge Tsukishima. Du wirst deinen Soulmate schon noch finden. Jeder wird ihn finden. Vielleicht kommt es dir im Moment abstossend und nervig vor, aber glaub mir, sobald du ihn getroffen hast, verschwinden diese Zweifel. Ein Soulmate ist etwas wundervolles. Er ist ein Lebensgefährte, ein Liebhaber und bester Freund, den du für immer lieben wirst, egal was das Leben euch vor die Füsse wirft. Auch wenn es dir schwer erscheint", erzählte ihm Sugawara, während er seine Arme hinter dem Kopf verschränkte und sich gegen Daichi lehnte. „Ich dachte am Anfang auch, ein Soulmate wäre unnötig und einfach nur reine Zeitverschwendung, doch als ich Daichi traf, konnte ich einfach nicht mehr so denken. Er ist doch so wundervoll, nicht?", fragte Sugawara und stupste Daichi leicht in seine Wange.

Tsukishima seufzte.

„Ich will keinen Soulmate", sagte er und sah aus dem Fenster. Seit er denken konnte wollte er keinen. Alle anderen begannen, als sie älter wurden, ihre Timer zu sehen, verliebten sich und kamen zusammen. Doch bei Tsukishima geschieht so etwas nie. Auf seinem Handgelenk blieb alles wie eh und je. Langweilig und definitiv kein Timer.

„Natürlich nicht. Niemand will einen Soulmate, zumindest bis man ihn bekommt", lachte Sugawara. „Du wirst mir nicht glauben, Tsukishima, egal was ich sage, dass verstehe ich auch. Doch dein Soulmate wird das Beste in deinem gesamten Leben sein."

„Klar", murmelte der Blonde und kramte in seiner Tasche nach seinen Kopfhörern. Er setzte sie sich auf den Kopf und suchte auf seinem Handy ein akzeptables Lied, das er auf Dauerschleife für den Rest der Fahrt hören konnte. Er wollte sich nicht weiter mit Sugawara über irgendwelche bescheuerten Soulmates Unterhalten, Yamaguchi schlief und schreiben tat er sowieso mit niemandem, also konnte er genauso gut einfach kurz abschalten und sich in seine sichere Welt wiegen. Während das Cover Zombie von Bad Wolves durch seine Kopfhörer in seinen Kopf wanderte und die Lyrics sich in seinem Gehirn festsetzten, begann er, nachzudenken.

Er hatte sich nie wirklich um seinen Soulmate geschert. Er war nicht in seinem Leben und der Timer tauchte nie auf. Stattdessen stand dort seit seiner Geburt nur ein in Grossbuchstaben geschriebenes ‚ERROR', das ihm jedes Mal entgegen starrte, sobald er einen Blick auf sein Handgelenk warf. Sein Soulmate versuchte wahrscheinlich auch nicht, ihn zu finden, oder er wollte es einfach nicht. Vielleicht war er ja am anderen Ende der Welt? Dann würden sie sich nie kennenlernen.

Doch das wäre Tsukishima auch egal.

Wieso sollte er sich für den Rest seines Lebens an eine einzige Person Klammern, die offenbar das wichtigste sein sollte. Er hatte... nun ja, Yamaguchi. Seinen Bruder. Ihm fiel auf, dass er eigentlich ziemlich alleine war. Innerlich seufzte er und verfluchte sein Gehirn. Keinen Moment lang konnte es ihm Augenblicke der Ruhe gönnen.

Irgendwann fielen ihm seine Augen dann wohl doch zu. So wie der Rest der Busses, mittlerweile auch Sugawara, schlief er nun, leicht an Yamaguchi angelehnt, die Musik immer noch angeschaltet.

• • • • • • • •

„Kuroo?"

„Ja, Kenma?"

„Dein Handgelenk. Es ist aufgetaucht."

„Oh."

„Was sagt es?"

„100 Tage."

„Was für ein Klischee."

„Halt die Klappe, Kenma, mein Timer taucht wenigstens auf."

„Hm."

- - -

[A/N]

Diese Idee kam mir spontan in einer Mathestunde, irgendwie nahmen wir binäre Formeln und Regeln oder sowas durch.
Ich hoffe mal das ist nicht zu enttäuschend und einigermassen verständlich. Na dann, ich sehe euch im nächsten Kapitel <3

Error | KuroTsukkiWhere stories live. Discover now