Die Erste Begegnung

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DIE ERSTE BEGEGNUNG

"Doch wenn er mir so ein grosses Geschenk gegeben hat, dann warum hatte er sie mir wieder weggenommen?"

*****

Vogelgezwitscher erklangen aus allen Ecken. Der Geruch von Erde erfüllte die Luft und das Rascheln der Blätter erweckte den Wald zum Leben.

Ich spazierte meine tägliche Runde durch denselben Wald wie gestern und abermale zuvor. Eine einzelne Träne kullerte mir dabei die Wange hinunter, doch dies kümmerte mich wenig, denn zu groß waren die Schuldgefühle an den einen Tag.

Der eine Tag, der wunderschön sein sollte, sich aber als grausam und furchtbar entpuppt hatte.
Der eine Tag, der mein Leben verändern sollte.
Die Frage war nur in welcher Richtung und wie das Schicksal meinen Weg eingeplant hatte war mir ungeheuerlich.

Hastig versuchte ich die Erinnerungen abzuschütteln, die mir seit Jahren nicht aus dem Kopf gehen wollten.

Wann würde der Schmerz aufhören?
Wann würde ich endlich wieder frei atmen können?
Und wann würde ich mir nicht mehr die Schuld geben?

Sie war wegen mir weg, weil ich einen dummen, dummen, sehr dummen Fehler gemacht hatte.

Und mir zu verzeihen war etwas, das viel zu weit weg lag um überhaupt danach zu greifen.

Ich selber konnte nicht anders, als weiterhin auf mich herum zu hacken.
Für das was ich getan hatte, verdiente ich jeden Schmerz auf dieser Welt.

Es verging nie ein Tag, an dem ich nicht an sie dachte, wie auch, wenn ich jeden Tag immer die gleichen Strecken lief, die gleichen Orte besuchte, und dabei immer wieder die gleichen Erinnerungen aufkamen? 

Wie auch, ...wenn ich jeden Tag nichts anderes tat, als über sie zu Tagträumen?

Ich schüttelte meinen Kopf, um die Gedanken zu vertreiben. Schnell ging ich meinen Weg fort und keine Minute später benebelten meine Gedanken wieder nur sie.

Sie war der wundervollste Mensch auf Erden. Sie war der bezauberndste Mensch auf der ganzen weiten Welt. Sie war der lebensfrohste Mensch auf diesem Planeten... gewesen und würde es auch für immer bleiben, und zwar in meinen Gedanken, in meinen Erinnerungen...in meinem Herzen, wo sie immer noch herumgeisterte.

Es gibt viele Länder, tausende Völker und sieben Milliarden Menschen auf dieser Welt und ausgerechnet traf ich sie, die liebe meines Lebens, an einem verhassten Montagmorgen.

Luna Mickaelson, die tollste Person, die ich je kennen lernen durfte und ich wusste noch ganz genau, wie der Tag an dem ich sie zum ersten Mal sah, verlief...

... Am Morgen bevor ich zur Arbeit lief, ging ich noch in das Café um die Ecke, ich hatte mir genügend Zeit einberechnet mir hier einen Latte Macchiato zu bestellen, ihn zu trinken und dabei zuzuschauen wie Manhattan langsam vom Schlaf erwachte und wie wieder Leben in die Stadt eintratt. 

Wie jeden Morgen lief ich den gleichen Weg, setzte mich am gleichen Platz und holte mir den gleichen Kaffe. Jedoch ließ mich das Gefühl nicht los, dass sich etwas verändert hatte. 

Nachdenklich schaute ich aus dem Fenster, holte mein Notizbuch hervor und wollte anfangen die Gebäude abzuzeichnen, als eine weibliche Stimme mich aus meiner Starre herausriss: «Hier ist Ihr Latte Macchi–.» Weiter kam sie nicht, den plötzlich stolperte sie und schüttete mir das heiße Gesöff über mein Hemd und meine Hose. 

Es brannte wie die Hölle und so impulsiv wie ich nun Mal war, wollte ich die Kellnerin für ihr Missgeschick anmotzen, als ich sie jedoch erblickte, waren alle meine Sorgen weg gewischt, ausgeblendet... nicht mehr existent. 

Und nun erkannte ich, was genau mir anders vorgekommen war,... sie war es...

Dieses Gesicht hatte ich nämlich hier, nie zuvor gesehen und diese stechenden Ozean blauen Augen wären mir ganz sicher aufgefallen. «Es... es tut mir so unglaublich Leid Mister... ich wollte nicht...» ihr aufgewühltes Gesicht fing langsam an rot zu werden. 

Wieder versuchte sie sich recht zu fertigen: «D-asss hier ist mein er-ssster Tag und... ess... es... und es tut mir unfassbar leid.» Sie stockte immer wieder und leicht zitterte ihre Stimme, wovor hatte sie denn solche Angst? Sah ich wirklich so angsteinflössend aus?

Ein letztes Mal blickte ich über ihr Gesicht, dann wandte ich mich meinen Sachen zu.

Leider musste ich feststellen, dass man Nichts mehr von ihnen retten konnte. Mein weißes Hemd schien leicht bräunlich und meine graue Hose sah so aus, als hätte ich es nicht rechtzeitig auf die Toilette geschafft. 

Es war nicht länger heiß, jedoch vermutete ich trotzdem ein paar kleine Verbrennungen davon getragen zu haben. 

Frustriert schaute ich auf meine schwarze Uhr, es blieb nicht mehr viel Zeit, aber ich würde es schaffen bis nach Hause zugehen, mich umzukleiden und von dort aus zur Arbeit. «Ist schon gut... kann jedem am ersten Tag passieren», versuchte ich die Brünette vor mir zu beruhigen. 

Hastig suchte ich meine Sachen zusammen, stand auf und legte ein paar Dollarscheine auf den Tisch. Ich lächelte der Schönheit noch zu, bevor ich das Geschäft verliess...

...Ich konnte mich gut daran erinnern, wie ich den ganzen Tag dann noch an diesen Vorfall nachgedacht hatte, wie ich ihr entschuldigendes Gesicht wieder und wieder im Gedächtnis aufrief, wie ich ihr ihr Missgeschick gar nicht übel nahm und wie ich hoffte sie am nächsten Tag wieder zu sehen, keiner konnte doch ahnen das Gott meine Gebete erhört hatte. 

Doch wenn er mir so ein großes Geschenk gegeben hat, warum hatte er sie mir dann wieder weggenommen?
Wieso machte er mir die Freude und stahl sie mir dann wieder?

Die schönste Blume im GartenWhere stories live. Discover now