"Akim komm sofort her, du Hurensohn!"
Ich schloss meine Tür ab und setzte mich in die Nische hinter meinem Bett. In meinem Zimmer sind die Schalosienen immer unten. Ich mag dieses Gefühl von Dunkelheit. Ich lasse zwar immer meine LED Leiste an, die ich mir mit meinem Geld gekauft und hinter meinen Schrank geklebt habe, aber es leuchtet nur sehr dumpf oder eher dunkel...es ist rot. Wie meine Lieblingsfarbe.
"AKIM DU BIST DER GRUND WIESO DEINE MUTTER SICH IHR LEBEN NAHM! MACH DIE SCHEIß TÜR AUF DU UNDANKBARES STÜCK SCHEIßE!"
Ich fühlte mich sicher in diesem Rot. Mein Vater trinkt viel. Sehr oft, eher bei jedem freien Moment in seinem Leben. Wir verbringen nicht viel Zeit miteinander. Der Tod meiner Mutter hat ihn ziemlich mitgenommen. Sie hat sich das Leben genommen als ich 12 war. Es war ein sehr regnerischer Abend im Frühsommer. Ich kam gerade von der Übernachtungsparty von meinem besten Freund Jonas als ich sie fand. Sie lag in der Badewanne. Das Wasser war rot. Es war aber ein sehr helles und blasses rot. Diese Art von Rot habe ich noch nie gesehen und ich hoffe ich werde es auch nicht wieder. Die Schalosienen waren unten und nur das Licht in der Dusche war an. Sie lag da, vollkommen blass und leblos. Ich habe mich der Wanne langsam genähert um zu sehen ob sie noch atmet oder ähnliches. Alles ging so...langsam. ich fühlte mich leer. Ich steuerte meinen Körper nicht. Es passierte alles von alleine. Ich sah mir sie einfach nur an. Ein hellrosanes Nachtkleid. Vollkommen durchnässt und fleckig. Ich erkannte es nicht wieder, am Vortag war es weiß. Ich sah runter auf ihre Arme. Auf jedem Arm jeweils eine lange Narbe. Eine Rasierklinge trieb auf dem rosafarbenen Wasser. Ich sah schwarz. Das letzte woran ich mich erinnern kann war, dass ich das noch laufende Wasser abgestellt habe und in mein Zimmer gegangen bin. Ich wachte auf.
"SCHAAAATZ! NEIN! WIESOOO?!!! AKIIIM! HOL EINEN KRANKENWAGEN, AKIIIIM! OH GOTT WIESOOO! AKIIIIIM!"
Akim...ich verstand zunächst nicht was er von mir wollte. Ich dachte das alles wäre bloß ein schlechter Alptraum. Ich ging ins Bad. Mein Vater saß mit roten, nassen Augen auf dem Boden vor der Wanne. In seinen Armen lag meine Mutter. Ich brach zusammen. Ab diesem Zeitpunkt verstand ich nichts mehr. Alles war surreal. Ich hatte viele Filmrisse. Ich kann mich nicht mehr an alles erinnern obwohl es nur 4 Jahre her war. Ich kann mich an die Beerdigung erinnern. Mein Vater redete nicht mit mir. Wieso auch? Er hat seine Frau verloren, meine Mutter...und er fand es für nicht nötig mit mir zu reden. Das einzige was er an diesem Tag rauskriegte, war: "Du bist Schuld."
Nun sitze ich hier, auf dem kalten Boden meines Zimmers. Höre das Hämmern der Hände meines Alkivaters an meiner Tür. Ich nahm mein Ladekabel, Handy, Papes und das Gras, dass Jonas mir 2 Tage zuvor gegeben hat mit. Er hat mir geschrieben, dass ich raus kommen sollte. Ich machte die Schalosienen hoch, das Fenster auf und kletterte die Regenrinne runter an den Nachbarsfenstern vorbei. Ich zog meine Jacke an, die ich vorher aus dem Fenster geworfen habe und machte mir eine Zigarette an. Das Geräusch der brechenden Tür meines Zimmers konnte ich noch vom Ende der Straße hören.
