Dachboden

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Geschickt wie immer hat Lenny es geschafft, das Thema so schnell umzulenken, dass ich meine Antwort leider nicht mehr bekommen habe. Aber das hält mich nicht davon ab, später nochmal nachzuhaken. Nur zu gerne würde ich wissen, was Lenny so Dringendes seinen Freunden über mich zu erzählen hat, wobei er immer so tut, als wäre ich keinen Gedanken wert.

Aktuell sind wir aber dabei, die Flaschen vor uns zu leeren. Ich hatte heute mit Sicherheit nicht geplant etwas zu trinken, aber die Stimmung ist viel zu gut, um es nicht zu tun. Olli, der selbstverständlich neben mir sitzt, ist schon so weit, dass sein Arm gefährlich nah an meiner Schulter liegt.

Ich weiß, ich weiß. Eigentlich hatte ich beschlossen, dass ich Olli eine echte Chance geben will. Aber ich bin noch nicht an dem Punkt angelangen, an dem es mir nicht unangenehm ist, wenn er solche Dinge vor Lenny tut. Ich kann es nicht erklären, aber meine Wangen würden vor Wärme wohl zerbersten, so peinlich wäre mir das.

Das liegt aber nicht an Olli. Er ist toll und ich verfluche mich für die ganzen Male, die ich mir genauso so einen Kerl gewünscht habe, der Interesse an mir zeigt, obwohl ich nur Augen für Lenny habe. Aber wieso müssen Gefühle auch so verdammt kompliziert sein und ständig unerklärbar entstehen. Und dann, wenn man sie haben will, lassen sie sich nicht blicken.

„Kannst du mir zeigen, wo das Bad ist?" Olli stupst mich von der Seite an und schaut zu mir herunter.

Ich nicke und stehe mit ihm zusammen auf. Das Spiel ist schon seit einer Weile im Sand verlaufen, stattdessen haben wir mehr oder weniger grundlos weitergetrunken und uns unterhalten. Ich führe Olli nach oben, weil das Gästebadezimmer unten besetzt ist, und warte dann vor der Tür auf ihn.

Aus Langeweile fische ich mein Handy raus und überlege Aaron zu schreiben. Grinsend entscheide ich mich dagegen, ich will ihn bei nichts unterbrechen. Er und Vera sind schon eine Weile verschwunden.

Als ich auf einmal Geräusche auf der Treppe höre, schaue ich auf und erblicke Lina, die in Sportklamotten die Treppe hochkommt. Scheinbar kommt sie gerade vom Fußball-Training. Ich überlege kurz, ob ich einfach so tun soll, als ob ich sie nicht bemerke, aber das könnte schwierig werden, da ich quasi neben Lennys Zimmer stehe.

„Ist jemand im Bad?", spricht sie mich plötzlich an, weshalb ich schließlich aufschaue und nicke.

„Olli, aber der müsste gleich fertig sein."

Sie nickt ebenfalls und verschwindet dann kurz in Lennys Zimmer, ehe sie mit einem Handtuch wieder herauskommt. Es herrscht eine kurze peinliche Stille.

Ich presse meine Lippen fest aufeinander und überrede mich das zu sagen, was mir auf der Zunge brennt. „Hör zu, Lina, ich weiß, dass es komisch zwischen uns ist. Aber können wir das Ganze vielleicht vergessen und neu anfangen?"

Sie mustert mich, währenddessen höre ich das Schloss der Badezimmertür sich entriegeln. „Was soll ich vergessen? Dass du, so lächerlich wie es ist, meinem Freund hinterherrennst und keinen Korb akzeptieren kannst?"

In vollkommender Starre blicke ich ihr in die Augen. Ich kann nicht glauben, dass sie das gerade gesagt hat. Ich kann nicht glauben, dass sie das gerade in Anwesenheit von Olli gesagt hat. Und das liegt nicht mal daran, dass sie gelogen hätte. Aber die Wahrheit von gerade ihr, gerade jetzt und so plötzlich zu hören, das kann ich nicht glauben.

„Chloé?", höre ich Olli noch sagen, aber ich drehe mich stattdessen nur um und laufe die Treppen nach oben, bis ich ganz oben angekommen bin. Auf dem Dachboden.

Ich habe hier öfters mit Aaron Übernachtungspartys gefeiert, nur zu zweit, früher noch ab und zu mit Lenny zusammen, bis ihm das zu uncool wurde. Dabei liebe ich den Dachboden. Mit einer Matratze, einem Sessel und ein paar Lichterketten sowie herumstehenden Kisten ist er nicht besonders ausgestattet, aber er hat einen gewissen Charme.

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⏰ Last updated: Sep 22, 2022 ⏰

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