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Der Doktor blickte fassungslos auf die Frau, die hinter der Registrierkasse auf sie starrte und nun schon seit einigen Herzschlägen ihre ausgestreckte Hand in der Luft hielt.

Es war wirklich sie.

Donna Noble.

"Oi, wird das noch heute was, Lady?"

Der Doktor fand ihre Fassung wieder. Donna Noble hatte natürlich keine Ahnung, wer sie war. Sie hatte ja ihr Gesicht geändert. Mehrere Male. Und selbst wenn sie das nicht getan hätte, hätte ihre alte Freundin sie nicht zuordnen können. Dafür hatte sie ja schließlich sorgen müssen.

"Oh", begann sie daher, "Ehm, natürlich. Geld. Das habe ich. Euros, richtig?"

Donna schenkte ihr ihren typischen, absolut ungläubigen Blick, und der Doktor fühlte sich sofort um einige Jahrhunderte zurückversetzt.

"Pounds, Lady. Und zwar schon vor dem Brexit."

"Natürlich. Klar. Absolut.", nuschelte der Doktor und kramte in ihren Taschen nach den Scheinen, die sie davor dank ihres treuen Schallschraubenziehers aus einem Automaten gezogen hatte. Entgegen der allgemeinen Meinung, die durch den Diebstahl ihrer TARDIS entstehen konnte, war sie nicht wirklich ein Dieb. Aber fast alle Banken auf allen Planeten waren in irgendeiner Form korrupt, machthungrig und so wie so viel zu reich.

Endlich fand sie den Schein und legte ihn auf die Geldablage, ohne den Blick von ihrer alten Freundin abzuwenden.

Sie war immer noch genau die Alte. Und doch fühlte es sich absolut anders an. Natürlich; denn sie betrachtete Donna ja nun aus anderen Augen, von einer anderen Höhe aus, es war über ein Jahrtausend seit ihrem letzten zusammentreffen vergangen und außerdem trug Donna ein weißes Polohemd mit einer grünen Schürze, eine Tankstellen-Uniform, die ihr absolut nicht stand.

Nicht, weil sie nicht etwa schmeichelnd für ihr Aussehen war, sondern weil sie doch so viel mehr war, als eine Tankstellen-Angestellte. Sie war gewitzt, liebevoll, offen, mutig und hatte eines der größten Herzen, dessen die Doktor jemals Zeuge werden durfte. Abgesehen davon hatte sie die Erde mehr als einmal gerettet und einmal sogar ihr Leben wissentlich dafür gegeben.

Also, ja. Die Tankstellen-Uniform stand ihr nicht.

Donna starrte auf den Schein in ihrer Hand, die sie nach wie vor nicht rührte, und fuhr dabei abschätzig mit der Zunge über ihre Backzähne.

"Lady. Das sind 50 Pfund."

Der Doktor räusperte sich nervös. "Ja. Und?"

"...Für ein Päckchen Kaugummi."

Der Doktor nickte.

Donna verdrehte die Augen.
Eines der Herzen des Doktors setzte für einen Schlag aus.


Sie war wirklich genau wie damals.

"Das kann ich nicht wechseln, Lady."

"Schon gut. Behalte den Rest."

Statt sich zu freuen, zog Dona ihre Augenbrauen enger zusammen, und ihre blauen Augen verfinsterten sich zu einem skeptischen Blick.

Der Doktor musste unwillkürlich lächeln.

Natürlich war Donna skeptisch. Sie war empathisch. Auch wenn sie niemals zuordnen konnte, wer die Person war, die vor ihr stand, sie war klug genug, um zu fühlen, dass da etwas vor sich ging.

Das - oder es war wirklich absolut surreal viel Trinkgeld für sie.

Vermutlich ... vermutlich eher letzteres.

"Sind sie reich, oder was."

Der Doktor räusperte sich abermals.

"Ja, ehm. Ja. Ich bin reich."

Donna zuckte einfach nur mit den Schultern und nahm den Schein an sich.

"Ich hab das nicht nötig, wissen Sie.", knurrte sie leise dabei.

Der Doktor konnte nicht verhindern, dass ihr Lächeln breiter wurde.

"Ja, ich weiß."

"Sie machen das sicher nur, um sich selbst besser zu fühlen. Die Reichen sind alle gleich. Geben Almosen, um sich edel zu fühlen. Und zwar gerade nur so viel, dass es ihnen nicht weh tut. Sie brauchen nicht erwarten, dass ich auf Knien rumrutsche und Ihnen sage, dass sie mein Leben verändert hätten."

"Ja, ich weiß."

Sie spürte den kaum zu bändigen Drang, Donna zu umarmen. Sie war immer noch genau wie früher. Kein Blatt vor den Mund, ohne Rücksicht auf Verluste.

"Ich hab's wirklich satt", schnauzte sie weiter und sprach mittlerweile so laut, dass der ganze Laden sie hören konnte, während sie das Geld in die Kasse sortierte und auf dem Bildschirm etwas eintippte, "Dass auf uns 'kleinen' Leute so herabgeblickt wird, und wir so bevormundet werden, ohne dass man uns wirklich Privilegien zuspricht. Wir sind auch etwas wert."

"Ich weiß, Donna.", erwiderte der Doktor und konnte fühlen, wie in ihr Stolz und Freude ihre Herzen zum überquellen brachten.

"Tun sie nicht so, als hätten sie eine Ahnung, wovon ich -", Donna hielt inne, "Moment. Woher kennen Sie meinen Namen?"

Der Doktor konnte sich nicht mehr zurückhalten.

"Geh mit mir Essen.", bat sie, während sie über den Tresen nach Donnas Hand griff, "Du würdest mir die größte Freude in Jahrzehnten bereiten."

Donna Noble blickte sie überrascht mit offenem Mund an, dann auf die Hand.

Ob sie etwas fühlte? Nein. Nicht möglich. Im Doktor hingegen war ein Feuerwerk an Gefühlen ausgebrochen. Sie wusste, dass besser wäre, Donna allein zu lassen, aber sie konnte einfach nicht anders. Die Freude und Sehnsucht war zu groß. Sie wollte alles über ihre alte Freundin wissen. Sie wollte sie reden hören, schwärmen und fluchen. An Donna war so etwas magisches, dass selbst eine andere Lebensform, wie die Doktor, zum nachdenken brachte. Auf so eine natürliche, banale und authentische Art und Weise. Sie war so wunderbar echt, und so wunderbar laut. Sie war zerbrechlich und so stark. So grob und so feinfühlig. Und so unglaublich menschlich. Wenn der Doktor einen Repräsentanten für die Menschheit wählen müsste, wäre es ohne Zweifel Donna. Sie summierte alles an ihnen, was der Doktor liebte. Und war mit ihrer Art auch noch inspirierend. So sehr, dass es den Doktor zu einer besseren Person machte.

Sie fühlte, dass sie ihrem lauten, groben Charm wieder vollkommen erlegen war.

"Sie wissen schon, wie das klingt", erwiderte Donna schließlich ein wenig leiser als zuvor. Allerdings zog sie ihre Hand nicht zurück.

"Nein, ehrlich gestanden nicht.", erwiderte der Doktor direkt.

"Ich bin nicht vom anderen Ufer", legte Donna skeptisch nach.

"Wie? Das - oh. Ehm. Ja. Natürlich. Nein. Darum geht es nicht."

Donna biss sich auf die Lippe und schwieg.

Dann zog sie schließlich ihre Hand zurück.

Als sich im Doktor bereits Enttäuschung ausbreitete rief sie jedoch in einen Nebenraum: "Gloria, ich mach Schluss für heute. Komm mir ja nicht dumm, ich hab die letzten drei Schichten für dich übernommen."

So we meet againWhere stories live. Discover now