28. Kapitel

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,,W-Was?'' Ich realisierte seine Worte kaum. Viel zu sehr war ich von seiner Nähe, von dem extravaganten Duft nach Zitrone und Vanille, der ihn umhüllte und meine Sinne vernebelte, abgelenkt. Benommen versuchte ich mich zu konzentrieren.
Leyon lächelte raubtierartig auf mich herab. ,,Würdest du dich wehren? Mich wegstoßen? Versuchen mich aufzuhalten? Oder würdest du dich mir hingeben? Mir deinen Körper ausliefern?'' Er legte leicht den Kopf schief, während er mich keine Sekunde aus den Augen ließ.
Ich fühlte mich gefangen. Von seinen Armen, seinen Augen...alles an ihm nahm mich gefangen, fesselte mich.
Ein Druck baute sich in mir auf. Seine Worte waren der Auslöser dafür. Ich wollte mich aus seinen Armen winden, den Abstand zwischen uns wieder herstellen und diese Situation unter Kontrolle bringen, bevor etwas folgenschweres geschehen konnte. Doch der Prinz schien da ganz anderer Ansicht zu sein, denn Leyon presste mich nur enger an sich. Sein Griff war schraubstockartig, dennoch tat es nicht weh. Langsam setzte er sich und damit auch mich in Bewegung, drängte mich wieder rückwärts, bis ich mit dem Rücken an den schmalen Wandstreifen stieß, der als Trennung zwischen Schuh- und Kleidergarderobe fungierte.
,,Antworte mir, Lyana'', hauchte Leyon und brachte seinen Mund dabei dicht an mein Ohr. Hauchzart strichen seine Lippen darüber, knabberten leicht an meinem Ohrläppchen. Ich war wie paralysiert, selbst wenn ich wollte, hätte ich nichts dagegen machen können. ,,Lyana.'' Meinen Namen aus seinem Mund zu hören, in dieser Stimmlage, löste etwas in mir aus, was ich noch nie zuvor gespürt hatte. Bei keinem anderen war es so. Nur bei ihm. Der Person, an die ich nie mein Herz hätte vergeben dürfen. Es war nicht fair, das war es absolut nicht. Aber das war es ja noch nie.
,,Vorsicht, Lyana. Wenn du dich nicht wehrst, könnte es ganz schnell passieren, dass ich der Versuchung erliege und meine nicht gerade sittsamen Vorstellungen, was ich alles mit dir anstellen könnte, in die Tat umsetze.'', warnte der Prinz mich dunkel. ,,Und das willst du doch nicht....oder doch?'' Langsam glitten seine Finger zwischen die Überlappungen der beiden Mantelseiten und unter den Stoff. Als sie plötzlich über die nackte Haut an meinem Bauch strichen und verführerisch anfingen kleine Kreise zu ziehen, zuckte ich elektrisiert zusammen.
Es fiel mir außerordentlich schwer einen kühlen Kopf zu bewahren, wo doch mein ganzer Körper nach seinen Berührungen schrie und sich nur allzu willentlich in die Hände dieses Mannes begeben wollte. Ein Teil von mir wollte sich ihm hingeben, doch der andere, größtenteils mein Verstand, wehrte sich vehement dagegen. Er war der Prinz, der zukünftige König und er nahm immer noch an, dass ich eine ganz andere Person war, als ich es eigentlich war. Wüsste er, wen er hier gerade tatsächlich versuchte mit seinen Verführungskünsten um den Verstand zu bringen, würde er mich vermutlich nicht mal mit behandschuhten Händen auf knapp zwei Meter Entfernung anfassen wollen. Der Gedanke war ziemlich ernüchternd und lichtete den Schleier des Verlangens, der sich über mich gelegt hatte, genug, um zu erkennen in welche Richtung der Prinz das ganze hier gehen lassen wollte und das ich das verhindern musste.
Leyon fuhr mit den Fingern über die bloße Haut unter dem Stoff, blieb jedoch nicht auf meinem Bauch, sondern arbeitete sich bedächtig in gefährlichere Regionen vor. Bevor ich ihn stoppen konnte, tat er es selbst. Überrascht bewegte ich mich nicht. Damit hatte ich nicht gerechnet. Sah Leyon es also auch ein, dass das hier gerade in ein ganz gefährliches und vor allem falsches Terrain lief?
Doch anstatt seine Hände zurückzuziehen, machte er sich an dem Knoten, der den Bademantel vor meinem Körper zusammenhielt, zuschaffen. Stirnrunzelnd sah ich zu Leyon hoch. Das Grün seiner Augen hatte sich vor Verlangen komplett verdunkelt, die hellen Sprenkel in seinen Augen waren kaum noch zu sehen.
,,Leyon'', hauchte ich sanft und legte meine Hände auf seine, um sein Tun zu unterbinden. Ich war noch nicht dazu bereit, mich ihm auch nur in irgendeiner Weise zu offenbaren. ,,Das reicht. Hör auf''
Der Prinz schien meine Worte gar nicht wahrzunehmen, sein Ausdruck hatte sich völlig verändert. Wut zeichnete nun seine Züge. Er schlug meine Hände beiseite, nur um sich gleich darauf wieder dem Auflösen des Knotens zu widmen.
,,Leyon, nein! Hör auf!'', forderte ich nun strenger und griff aufgebracht wieder nach seinen Händen, um sie von meinem Bauch und den Knoten zu entfernen.
,,Ich will sie sehen!'', knurrte Leyon mich ungehalten an und packte kurzerhand nun seinerseits meine Hände. Er nahm meine beiden Handgelenke fest in eine Hand und drückte sie über meinen Kopf an die Wand. Mit der anderen löste er weiter den Knoten. Nun wurde ich wütend. Was fiel ihm eigentlich ein? Nein, hieß nein. Wenn ich nicht wollte, hatte er das gefälligst zu akzeptieren!
Sauer und über alle Maße empört zerrte ich an meinen Handgelenken und versuchte mich aus seinem Griff zu winden. Leyon presste mich mit seinem Körper als Reaktion darauf nur fester gegen die Wand und fixierte somit stumm meinen Körper. Ich konnte mich nicht mehr bewegen. Aufgebracht fuhr ich ihn an: ,,Verdammt, Leyon! Lass das! Hör auf damit, ich will nicht!'' Doch der Prinz ignorierte meine Worte einfach, was mich nur noch mehr anstachelte und gleichzeitig schürte es meine Panik. Er sollte aufhören! Was war denn auf einmal in ihn gefahren?
,,Leyon!'' , schrie ich in einer Mischung aus Wut und Angst.
Der Knoten ging auf. Meine Augen weiteten sich und ich schüttelte panisch den Kopf, als Leyon's Blick meinen traf. Eine stumme Bitte lag in seinen Augen und überdeckte die Wut und den Schmerz. Doch ich verstand nicht, für was die Bitte genau war oder woher die Wut und der Schmerz kamen. Ich wusste, dass der Ausdruck in meinen Augen ein Ähnlicher war. Wut, Flehen, Panik und ein allumfassender Schmerz, als alte Erinnerungen durch diese Situation geweckt wurden und längst vernarbte seelische Wunden wieder aufrissen.
Leyon wandte seinen Blick von meinem Gesicht ab, er ließ sich nicht aufhalten. Es tat weh, mehr als ich erwartet hatte. Ich hätte nicht gedacht, dass er jemals wirklich soweit gehen würde. So konnte man sich täuschen. Verletzt schloss ich die Augen, als er den Bademantel auseinander schob und immer mehr meines gezeichneten Körpers entblößte.
Meine Haut war nicht makellos, das war sie noch nie gewesen. Wenn man sich von Geburt an auf der Straße durchkämpfen musste, ging das auch gar nicht. Über meinen ganzen Körper zogen sich Narben. Einige waren kaum zu sehen, andere hoben sich nur all zu gut von meiner caramellfarbenen Haut ab. Ich fand keine von ihnen wirklich schlimm, nur die auf einem Rücken. Doch noch hatte der Prinz sie nicht gesehen und ich hätte einiges getan, damit er sie auch nie sah. Ich wusste, wann man aufgab, hatte es früh genug gelernt. Und das hier war so eine Situation, in der mein Körper aufgab. Das soll nicht heißen, dass er sich entspannte, nein. Mein Körper war so stark verkrampft, angespannt und am zittern wie schon lange nicht mehr. Viel mehr, stellte er das Wehren ein. Hörte auf sich zu verbiegen und Möglichkeiten nach Entkommen zu suchen, die es nicht gab.
Spätestens in der Hochzeitsnacht hätte er sie sowieso gesehen, da machte ich mir nichts vor, doch ich hätte nicht damit gerechnet, dass es schon jetzt geschah. Es war zu früh. Ich war noch nicht bereit dafür.
Natürlich könnte ich ihm dieselbe Geschichte wie meinen Zofen auftischen, doch zum einen würde er nicht aus Höflichkeit und Respekt nicht weiter fragen und zum anderen war Leyon absolut nicht dumm. Der Prinz würde die Lüge vermutlich schneller aufdecken, als ich selbst die unstimmigen Zusammenhänge erkennen könnte, die meine Story als Lügengeschichte verraten würden.
Willenlos ließ ich es geschehen, als Leyon mir den Bademantel auszog. Reagierte nichtmal, als er zögerlich meine Handgelenke losließ, um mir den flauschigen Mantel über die Arme ab zu streifen. Der schützende Stoff fiel zu Boden, türmte sich zu meinen Füßen. Reglos blieb ich mit zusammengekniffenen Augen stehen, wollte seine Blicke nicht sehen, die nun meinen Körper abscannten. Ich konnte mir gut vorstellen, wie er gerade schaute. Mit Sicherheit war er abgestoßen von dem Anblick, den mein Körper bot. Wahrscheinlich bereute er es mich als seine Verlobte ausgesucht zu haben, war mein Körper doch nicht der Schönste. Jede andere Adelstochter konnte einen schöneren Körper aufweisen als ich und mir war durchaus bekannt, wie viel wert der Adel auf Schönheit legte.
Das war's, schoss er mir durch den Kopf. Und zwar nicht nur für mich. Wenn der Prinz mich nicht zur Königin an seiner Seite machte, würde die Rebellen nichts mehr davon abhalten, ihn umzubringen. Leyon wäre innerhalb weniger Tage tot. Und mit seinem Tot würde Chaos ausbrechen. Die Rebellen würden mit Gewalt die Macht an sich reißen müssen, denn der Adel würde diesen Umsturz nicht ohne Weiteres akzeptieren. Das wäre der Untergang von Crowen.
Ich bekam kaum mit wie der Prinz mich umdrehte, sodass ich nun mit dem Gesicht zur Wand stand. Meine Ohren rauschten, ich vernahm nur schwer das entsetzte Keuchen hinter mir. Ich befand mich in einer Art Trance, war wie gelähmt. Ein Zustand, der alles andere als angenehm war. Eine stumme Träne rann mir über die Wange.
Trotzdem zuckte ich erschrocken zusammen, als ich eine feine Berührung an meinem Rücken wahrnahm. Leyon strich sanft mit den Fingerspitzen über die Narben, die großflächig meine Haut verunstalteten. Die Behutsamkeit mit der er das tat, die Zärtlichkeit, verwirrte mich. Er berührte mich als könnte ich jederzeit zerbrechen, als wäre ich das Kostbarste in seinem Leben. Nicht, als wäre er angewidert, als fände er sie abstoßend.
Ich hielt still, hielt vielleicht sogar die Luft an, während der Prinz bedächtig über das wulstige Narbengewebe fuhr. Das Herz pochte wie verrückt in meiner Brust, doch mein Körper verweigerte immer noch jeglichen Dienst. Festgefroren stand ich einfach nur da und ließ seine Berührungen über mich ergehen. Plötzlich verschwand die warme Hand von meinem Rücken, ich hörte Leyon tief hinter mir einatmen. Dann schlangen sich zwei starke Arme von hinten um meinen Körper und zogen mich an seine Brust. Ich war so überrascht davon, dass ich mich einfach nur steif von ihm umarmen ließ. Liebevoll wischte er mit dem Daumen die nasse Tränenspur von meiner Wange und drückte mich dann enger an ihn.
,,Es tut mir leid.'', murmelte er in mein Haar. ,,Es tut mir so leid. Verzeih mir''
Ich wusste nicht, wofür genau er sich entschuldigte, ob für die Narben oder für seine grobe Aktion.
Als ich nicht reagierte, ließ er mich nur widerwillig wieder los. Ich hörte, wie der Prinz sich ein paar Schritte entfernte, bevor er wieder zu mir kam und mir ein schwarzes Nachtkleid über den Kopf streifte. Kaum war mein Körper wieder von Stoff bedeckt, fühlte ich mich ein wenig wohler. Doch das Gefühl von Hilflosigkeit, Bloßstellung und Scham blieb.
So konnte ich Leyon auch nicht in die Augen schauen, als er mich sanft zu sich umdrehte und besorgt meine Gesichtszüge betrachtete. Ich kam mir in dem Moment selber mehr vor wie eine leblose Puppe als ein lebendiger Mensch.
,,Lyana?'', flüsterte Leyon leise und fasste mich behutsam an den Schultern. ,,Sag doch was. Bitte.'' Er klang unsicher, verzweifelt. Doch ich konnte nicht. Zu sehr hatte mich sein Verhalten, die Situation gerade mitgenommen. Ich war verletzt, und enttäuscht. Von ihm.
,,Lyana, bitte. Hörst du? Es tut mir leid.'' Er zog mich wieder an sich, schloss mich beschützerisch in seine Arme. Aber diesmal fühlte ich mich nicht mehr sicher und geborgen bei ihm. Ich wollte nur weg. Weg von ihm, dem ich nun nicht mehr ins Gesicht sehen konnte, dem Palast, der mir wie ein goldenes Gefängnis vorkam, den Rebellen, die Druck auf mich ausübten und deren Aufträge mich erst in diese Lage gebracht hatten. Ich wollte zu einem Zuhause, das ich nicht hatte.
Eine weitere Träne löste sich aus meinem Auge und kullerte über meine Wange. Als Leyon sie diesmal wegwischen wollte, schlug ich seine Hand weg. Die erste Reaktion zu der ich seit einigen Minuten wieder in der Lage war. Verletzt sah der Prinz mich an. Und das war der Auslöser für die Wut, die plötzlich wie ein Tsunami über mich hereinbrach. Er hatte kein Recht jetzt verletzt zu sein!
Mit aller Kraft stieß ich ihn von mir weg. Überrascht taumelte Leyon tatsächlich ein paar Schritte zurück. Meine nächste Reaktion war vielleicht nicht die klügste, jedoch konnte ich momentan nicht rational denken und so war es nicht verwunderlich, als ich einfach losstürmte. An Leyon vorbei, durch die Tür und aus meinen Gemächern. Die Wachen im Flur waren so überrumpelt, dass sie mir nur hinterherschauten, als ich in nichts weiter als einem dünnen Nachtkleidchen durch die Korridore rannte. Ich hatte kein bestimmtes Ziel, ich wollte einfach nur weg. Ich meinte Leyon meinen Namen Rufen zu hören, doch die Stimme war weit entfernt und hielt mich in kleinster Weise auf. Im Gegenteil, ich beschleunigte mein Tempo nur noch mehr. Meine nackten Füße verursachten ein klatschendes Geräusch auf dem glatten Boden, mein schneller Atem- dank meiner trainierten Ausdauer, keuchte ich glücklicherweise noch nicht- schien beängstigend laut von den Wänden widerzuhallen. Ich schlitterte um die nächste Ecke und blieb einen Moment orientierungslos stehen. Das Geräusch schnell herannahender, dumpfer Schritte, die der Schwere nach zu den Wachen gehören mussten, gönnten mir jedoch keine Verschnauf- und Orientierungspause. Hektisch setzte ich mich wieder in Bewegung und hastete den nächsten Gang entlang. Dieser Palast war wirklich der reinste Irrgarten, ich konnte mir nicht vorstellen, mich hier jemals zurechtzufinden.
Mir blieb keine Zeit auf den Weg zu achten, mein Körper wurde einzig und alleine von dem Gedanken nach Flucht beherrscht. Raus, ging es mir durch den Kopf. Ich wollte raus. An die frische Luft. Die Wände schienen auf einmal immer näher zu kommen, ich fühlte mich eingeengt. Etwas, was bei der Größe des Palastes eigentlich unmöglich sein sollte. Kurzentschlossen stieß ich eine beliebige Tür zu meiner Rechten auf und hoffte, das das dahinterliegende Zimmer ein Fenster hatte. Ich wurde nicht enttäuscht. Aufatmend eilte ich auf das Fenster zu, zog grob die gemusterten Gardinen beiseite und riss das Fenster auf. Ich verschwendete keine Zeit, hiefte mich auf den Fenstersims und sprang ohne zu Zögern runter. Der Aufprall schmerzte kaum, da das Fenster sich im Erdgeschoss befunden hatte. Bei einem der Fenster im ersten Stock oder höher, hätte das schon wieder ganz anders ausgesehen. So aber spürte ich den Aufprall nur dumpf. Unangenehmer war da schon die Beschaffenheit des Bodens unter meinen bloßen Fußsohlen. Der Boden war rau und kleine Kieselsteine verstärkten die Unebenheit und piksten mich leicht. Schnell wechselte ich auf die Wiese. Das Gras war feucht, regelrecht vor Nässe triefend und klebte samt matschiger Erde an meinen Füßen, doch das störte mich nicht. Ich war nur froh, dass das Gewitter aufgehört hatte und die starken Schauer einem leichten Nieselregen gewichen waren. Trotzdem fing ich an zu frieren. Mein Körper zitterte vor lauter Kälte und ich schlang die Arme um meinen Körper, rieb über meine Oberarme, um mich irgendwie selber zu wärmen. Denn egal wie kalt mir war, nichts und niemand würde mich dazu bekommen zurück in den Palast und zum Prinzen zu kehren. Das ließ nicht nur der letzte Rest meines Stolzes, sondern auch mein Verstand nicht zu. Nichtmal mein verräterisches Herz hatte das Verlangen dem Prinzen wieder zu begegnen. Ausnahmsweise waren sich alle Teile meines Körpers sich seit Langem mal wieder einig.
Selbst die beißende Kälte konnte meinen Entschluss nicht ins Wanken bringen, auch wenn ich mir sicher war, mir eine Erkältung einzufangen.
So machte ich mich nun zitternd und bibbernd auf den Weg zu den Stallungen des Königshofes. Denn das war wohl der einzige Platz, den ich jetzt aufsuchen konnte und er bot eine Menge Dinge, die ich gerade brauchte. Ein Fluchttier, ein Dach, Wärme, Schutz und sogar Essen, schließlich wurden in der Futterkammer auch Möhren und Äpfel als besondere Leckerbissen für die Tiere gelagert. Nicht gerade die schlechteste Wahl, die mein anscheinend doch noch funktionstüchtiger Verstand da getroffen hatte.
Zähneklappernd schob ich vorsichtig das Stalltor auf und lugte in die dahinterliegende Dunkelheit. Das Tor gab ein knirschendes Geräusch von sich, ließ sich aber ohne Probleme auf und hinter mir wieder zuschieben. Lautes Wiehern empfing mich, als die Pferde durch die Geräusche aufwachten und den Eindringling registrierten. Es war noch nicht allzu spät, aber anscheinend waren bisher trotzdem einige der Tiere eingedöst. Diese schreckten nun auf und streckten müde ihre Köpfe über die Boxentüren, um den Grund für die Aufregung zu entdecken. Einige drehten sich, nachdem sie mich erblickt und als ungefährlich und langweilig eingestuft hatten wieder weg, andere jedoch folgten mir neugierig mit ihren Blicken und schnaubten. Ich hob einen Finger an die Lippen, um ihnen zu bedeuten leise zu sein. Im selben Moment wurde mir jedoch klar, wie lächerlich das war und schnell ließ ich die Hand wieder sinken. Ich lief die Boxen ab, auf der Suche nach der mir vertrauten Stute. Im hintersten Teil konnte ich Kleà schließlich ausmachen und begab mich hastig in ihre Box. Die Stute stieß ein freudiges Wiehern aus, als sie mich entdeckte und schmiegte vertrauensvoll ihren Kopf an mich, kaum das ich zu ihr getreten war. Ich freute mich über diese Geste und kuschelte mich schutzsuchend an das große Tier. Ihr Fell war warm und weich, genau das, was ich jetzt brauchte. Ich schmiegte mich noch enger an den gewaltigen Körper und genoss die Körperwärme, die von ihr auf mich über ging. Meine Finger krallte ich in das glatte, selbst in der dämmrigen Dunkelheit glänzende Fell. Ich fror immer noch ein wenig, doch langsam ebte das Zittern ab und mit einem Kribbeln kehrte das Gefühl zurück in meine Füße, insbesondere Zehen.
Tief saugte ich den Geruch nach Pferd und Heu ein, der eine beruhigende Wirkung auf mich hatte. Mein Körper entspannte sich mit jeder Minute, die verstrich, mehr. Zurückblieb ein Rest der Anspannung, die mich seit der mehr als nur unangenehmen Situation mit dem Thronfolger befallen hatte.
Ich spürte die Erschöpfung in jedem einzelnen Glied und gab ihr schließlich nach. Müde ließ ich mich ins Stroh sinken und kugelte mich ein. Das Kleà mich mit ihren Hufen erwischen könnte, kümmerte mich in diesem Moment herzlich wenig. Darum machte ich mir keine Sorge. Die Angst die mich vom Schlafen abhielt war eine ganz andere, die gefunden zu werden. Ich wusste nicht wie es jetzt weitergehen sollte. Ob ich tatsächlich einfach abhauen sollte -Grund genug hatte ich allemal- und ob ich das auch wirklich schaffen könnte, schließlich würde der Prinz mich mit Sicherheit nicht einfach gehen lassen. Aber hierbleiben war für mich auch keine besonders ansprechende Option.
Ich beschloss erstmal darüber zu schlafen, in den Morgenstunden würde ich eine Entscheidung fällen.

Lyana- The Story of a QueenWhere stories live. Discover now