Kapitel 2: Die Sache mit dem Platz einnehmen - Teil 1

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Am ersten Tag seiner Therapie ging das kleine Häufchen Elend zwischen den anderen Patienten mit die Treppe hinauf, zum Gruppenraum. Im Gruppenraum konnten Patienten Themen ansprechen, mit denen sie alleine nicht so super klar kamen, die anderen Patienten konnten dann überlegen, ob sie schon ähnliches erlebt hatten oder sich oft ähnlich fühlten, und erklären wie sie damit umgingen. Gemeinsam mit den Therapeutinnen konnte dann überlegt werden, wie mit der Situation umgegangen werden konnte, was ein guter Weg war, damit umzugehen und was eher nicht. Im Gruppenraum erzählten die Patienten dann auch oft, wie es ihnen beim Ausprobieren dieser neuen Wege ergangen war. Das konnte sehr positiv sein und war dann natürlich ein Erfolgserlebnis für die ganze Gruppe.

Das kleine Häufchen Elend huschte also mit in den Gruppenraum und setzte sich erstmal direkt unter den ersten Stuhl, den es sah. Uff, in Sicherheit dachte sich das kleine Häufchen Elend und presste sich an das hintere rechte Stuhlbein. Es war sehr nervös und wollte bloß nicht auffallen oder die anderen irgendwie stören. Jeder Patient nahm seinen Platz auf einem Stuhl ein und dann kam auch schon Frau Spring, eine der Therapeutinnen, die die Gruppenrunde leiteten. Frau Spring guckte sich um: „Wir sollten heute einen neuen Patienten aufnehmen... Häufchen Elend wo bist du?". Das kleine Häufchen Elend fing an zu zittern und ihm war warm und kalt zugleich. Es klammerte sich noch fester an das Stuhlbein und brachte zu seinem eigenen Erstaunen ein halbes „hi-hier" Zustande. Frau Spring kniete sich neben den Stuhl und sah das kleine Häufchen Elend mit freundlichen Augen an. „Du darfst dich auch ruhig auf den Stuhl setzen, weißt du, wir machen das hier eigentlich alle so.", sagte sie aufmunternd. Das kleine Häufchen Elend musste ein bisschen lachen. Es atmete ein paar Mal tief ein und aus und kletterte dann langsam am Stuhlbein hinauf auf die lederne Sitzfläche.

Die anderen Patienten versuchten teilweise, das kleine Häufchen Elend nicht zu viel anzuschauen, da alle wussten wie unangenehm Aufmerksamkeit manchmal sein konnte. Andere schauten es extra freundlich und bestärkend an, um es wissen zu lassen, dass es Willkommen und nun ganz bestimmt nicht mehr allein war.

Einer nach dem anderen stellten sich seine Mitpatienten dem kleinen Häufchen Elend vor. Sie schienen alle wirklich sehr lieb und freundlich. Das kleine Häufchen Elend nahm all seinen Mut zusammen und erklärte nun auch, wer bzw. was es war und wie es hier hin gekommen war. Es war ein piepsiges Gestotter und das kleine Häufchen Elend wäre am liebsten im Boden versunken. Heiß wie in der Hölle war ihm sowieso schon und es musste sich wirklich konzentrieren, immer weiter ruhig ein und auch wieder aus zu atmen.

Zum Glück hatte jemand anderes ein Thema, welches er ansprechen wollte, und so konnte das kleine Häufchen Elend erstmal aufatmen, da es so nicht mehr im Mittelpunkt stand. Nach einiger Zeit hatte es sich sogar soweit beruhigt, dass es sich traute, sich am Gespräch zu beteiligen. Über die Probleme anderer nachzudenken war eine Spezialität von ihm. Es liebte, wenn es Probleme lösen und sich hilfreich fühlen konnte. Außerdem lenkte das seine Gedanken weg von seinen eigenen Problemen, die ansonsten unerlässlich durch sein kleines Gehirn kreisten und nie Ruhe gaben.

Durch die Aufregung und Nervosität verging diese erste Morgenrunde wie im Fluge. Genauso verhielt es sich mit dem Rest des Tages und nach der Endrunde, um 16 Uhr, schlüpfte das kleine Häufchen Elend schnurstracks in seine kleine Wohnung in Frau Helds Büro und war so sehr von all den Eindrücken überwältigt, dass es direkt einschlief. Frau Held, die noch kurz nach dem kleinen Häufchen Elend gucken wollte, bevor sie Feierabend machte, hörte nur noch ein leises Schnarchen. 

Das kleine Häufchen Elend - Band 3: Das kleine Häufchen Elend macht TherapieOnde histórias criam vida. Descubra agora