Ihr Herz schlug so schnell, dass sie Angst hatte, in Ohnmacht zu fallen. "Bist du sicher, dass das gut gehen wird?", fragte sie aufgeregt flüsternd. Was, wenn die Liane auf dem Weg dorthin riss? Oder wenn Damian etwas tat, damit sie in den Abgrund stürzte?

So ganz konnte Freya diesen Ranken nicht vertrauen. Hoffentlich würde diese sie nicht wieder zurückziehen, wenn sie an der Wand ankommen sollte.

"Das wird schon", versicherte Elias. "Du hast es doch bei Damian gesehen", meinte er beruhigend. "Oder soll ich zuerst und auf dich warten?"

"Wird schon gehen", murmelte Freya misstrauisch. Damian behielt sie dabei im Blick, damit sie merkte, wenn er etwastat.

Die junge Frau nickte Elias zu, dass es losgehen konnte.

Dieser nickte ebenfalls und schwang sich als erstes an die Wand, wo er sofort begann hochzuklettern. Nun war Freya ganz allein auf der Insel mit dem Dschungel.

Sobald Elias weg war, verließ der Mut sie komplett und die junge Frau konnte sich nicht mehr bewegen. Kalter Schweiß bildete sich auf ihrer Stirn und wie erstarrt blickte sie in den Abgrund. Ihr Mund wurde ganz trocken.

"Komm schon Freya. Du schaffst das." Hörte sie die Stimme des Jungen rufen.

"Du hättest sie schubsen sollen", bemerkte Damian nüchtern.

Seinen fiesen Kommentar bekam sie nur am Rande mit. Zu stark war die Angst „I-Ich ... kann nicht", sagte sie mit zitternder Stimme. Schon immer hatte sie vor Abgründen Angst gehabt, weshalb sie diese vermieden hatte. Und nun wurde sie mit so etwas konfrontiert.

"Komm schon", rief Elias noch einmal aufmunternd.

"Du solltest dort nicht zu lange rumstehen, sonst wirst du gefressen", rief Damian ihr über die Schlucht zu.

So wie er klang, würde es ihm gerade recht kommen, wenn genau das passierte.

Freya knirschte mit den Zähnen, kniff die Augen zu und ließ sich einfach nach vorne fallen.

Sie spürte den Luftzug, der ihre Panik nur noch mehr schürte, doch dann krachte sie mit den Beinen zuerst an die Felswand, schwang etwas zurück und blieb dann schließlich hängen.

Ihr Herz schlug heftig und Tränen waren in ihre Augen getreten.

"Gut gemacht", rief Elias ihr zu. "Wir ziehen dich jetzt hoch."

Wie ein Stein hing sie da und spürte, wie nach ihr gegriffen wurde. Anstatt zu helfen, blieb sie steif hängen und schnappte nach Atem. Ihr Herz klopfte so stark, dass sie glaubte, es würde aus ihrer Brust springen.

Elias und Damian begannen die Liane nach oben zu ziehen und schließlich fühlte Freya wieder festen Boden unter den Füßen. "Siehst du, war doch gar nicht so schlimm", meinte Elias mit einem aufmunternden Lächeln.

Keuchend ließ sie sich von den Lianen befreien und ging in die Knie. Sie musste erst wieder zu Atem kommen. Ihr gesamter Körper zitterte und ihr war übel.

Elias tätschelte ihr die Schulter. "Hast du gut gemacht", meinte er und half ihr, nicht umzufallen.

„D-Danke", stotterte sie und stand schließlich etwas wackelig auf. Vorsichtig säuberte sie ihre Uniform und richtete ihren Rucksack, nachdem sie geprüft hatte, ob alles vorhanden war. Dabei zitterten ihre Beine noch immer, aber sie hielt durch.

Ihr Blick schweifte auf der Insel umher, um sie etwas zu erkunden. Ihr war die Lust vergangen, zurück zur Schule zu gehen. Noch einmal würde sie den Abgrund nicht überwinden können.

Elias ließ seinen Arm um sie gelegt. "Lass uns weiter gehen", meinte er sanft, als würde er merken, dass es ihr nicht gut ging.

Es tat ihr gut, dass ihr jemand half. Egal ob es mit Worten oder mit Taten war. Dennoch fragte sie sich, warum Elias sich um sie kümmerte.

Er hatte gesagt, dass er neu war, doch sein Bruder ging auf die Schule. Der gutaussehende Junge hätte jeden anderen Neuen genauso ansprechen können. Also warum ausgerechnet sie?

„Wohin müssen wir?", fragte sie leise und zog ihren Handschuh aus, um den Kompass zum Vorschein zu bringen.

Elias sah ebenfalls auf ihren Arm. "Sieht aus, als wären wir richtig", meinte er und Freya stellte fest, dass der Pfeil des Kompass seltsam hin und her wackelte.

Wie war das möglich, dass es sich auf der Haut bewegte, ohne weh zu tun? Mit geweiteten Augen sah Freya auf die Zeichnung. „Was hat das zu bedeuten?", fragte sie erstaunt. War er etwa kaputt gegangen? Warum sonst wackelte er so?

"Ich schätze, dass wir in der Nähe sind", meinte Elias nachdenklich, wirkte aber auch nicht, als würde er es wissen.

„Damian?", fragte Freya mit piepsiger Stimme und wollte seine Meinung wissen. Er hatte die letzten Minuten nichts gesagt, was sie verwunderte. Sonst riss er ständig seine Klappe auf und gab hilfreiche und weniger hilfreiche Kommentare von sich.

Er hatte die Hand an dem Schwert, stand vor ihnen und betrachtete den Wald. "Wenn sich der Kompass dreht, sollten wir da sein", meinte er knapp und wirkte sehr konzentriert.

Sie folgte seinem Blick und schluckte. Der Wald sah nicht gerade einladend und freundlich aus. Dicht und dunkel lag er vor ihnen, als würde er darauf warten, sie verschlucken zu können.

Damians Karte auf dem Rücken war momentan nutzlos, weshalb sie sich auf den Kompass verlassen mussten. „Aber was bedeutet es, wenn er hin und her wackelt?", wagte Freya zu fragen.

"Das wir nah dran sind", meinte er nüchtern und beachtete sie nicht.

Freya fragte sich, was er wohl sah. Sie hoffte, keine Probleme.

Die junge Frau trat dichter an Elias, der sie immer noch hielt, heran und zupfte an dessen Oberteil. „Was war das eigentlich für ein Wesen, dass Damian angegriffen hat?", fragte sie leise.

"Ich weiß leider auch nicht so genau", gestand Elias.

"Seid nicht so laut", zischte Damian plötzlich. "Vertagt das Geschnatter auf später."

Die Magie der Steine - Erde (Band 1) [Leseprobe!]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt