Kapitel 4

487 70 39
                                    

Kapitel 4

Widerwillig folgte sie Elias, der sie eher mitzog, als sie selbst laufen zu lassen, in den Raum. Dort erwartete sie ein Mann hinter einem Schreibtisch.

Er hatte einen langen, weißen Bart und eine rot-goldene Magierrobe. Das ergraute Haar war unter einem Hut verborgen, der ebenfalls aus rotem Stoff war und sehr pompös wirkte. Er war ein Blickfang, so dass man sich eigentlich mehr auf diesen konzentrierte als auf den Mann selbst.

"Setzt euch", sagte er streng und deutete auf die Sessel vor seinem Tisch. Auf diesem lagen seltsame, längliche Stäbe.

Seine Stimme führte dazu, dass die junge Frau seiner Aufforderung kommentarlos nachkam. Dieser Stimme würde sie nicht widersprechen.

Freya wählte einen äußeren Platz, um möglichst weit von Damian weg zu sitzen. Verstohlen schweifte ihr Blick durch den Raum, der ziemlich kahl wirkte, wenn man von den Wandregalen absah, die mit vielen Dingen vollgestopft waren. Bücher, Schachteln und Einmachgläser waren zu erkennen und jagten ihr einen Schauer über den Rücken.

"Das hier", begann der Mann und schob jeden von ihnen einen dieser längliche Stäbe zu, "sind eure Zauberstäbe."

Freya betrachtete diesen neugierig. Es sah aus wie ein Stab aus Holz, der etwa so lang war, wie ihr Unterarm. Er besaß ins Holz eingelassen einer Spirale, die um den Stab ging und mehrere Löcher hatte. Diese waren, wie der Magier ihnen erklärte, dazu da, die magischen Steine einzusetzen. Jedes Element ein Stein.

An der Spitze befand sich ein wunderschöner durchsichtiger Kristall.

Vorsichtig und ehrfürchtig nahm sie ihn auf und war erstaunt, wie gut er in der Hand lag. Er war nicht zu schwer, aber wohl auch durch seine Größe nicht einfach zu verstecken.

Obwohl er schlicht war, wirkte er auch edel und Freya konnte sich gut vorstellen, wie hübsch er aussehen musste, wenn alle Steine darin eingesetzt waren. Ihrer würde wohl nie mit allen gefüllt werden.

Wenn sie jetzt schon solche Schwierigkeiten hatte, war es unwahrscheinlich, dass sie im nächsten Schuljahr noch da war.

Ihr fiel auf, dass die Stäbe der Männer etwas länger waren. Wurden sie etwa an die Körpergröße angepasst?

Das wäre gut, denn mit einem so langen Stab, wie ihn Damian hatte, würde sie kaum umgehen können. Wahrscheinlich waren sie auch noch sehr schwer.

Der Magier reichte ihnen jeweils ein Paket, das mit braunem Papier umwickelt und zugebunden war. "Darin befinden sich eure Schuluniformen und der Schulmantel", erklärte er. "Geht durch diese Tür, zieht euch um und dann geht durch die nächste", erklärte der Mann. "Mädchen, du nimmst diese Tür, damit du dich umziehen kannst", sagte er und sein Finger deutete zu einer anderen Tür, die hinter ihm lag.

Sie würden wirklich eine Schuluniform bekommen. Damit hatte sie nicht gerechnet, doch sie empfand es als Erleichterung. So würde sie eine von vielen sein und nicht nach ihrer Kleidung beurteilt werden.

Freya betrachtete das Paket und fragte mit piepsiger Stimme, wo sie ihren Koffer lassen würde. Den konnte sie wohl nicht mitnehmen. Aber hierlassen, wo jeder das wenige Hab und Gut stehlen konnte, wollte sie auch nicht.

Der Magier betrachtete den Koffer und schüttelte dann den Kopf. "Hat der Kutscher dir nicht angeboten, deine Sachen hochzubringen?", fragte er und wirkte nicht begeistert. "Lass ihn hier. Jemand wird ihn dir auf dein späteres Zimmer bringen. Für die Reise wirst du ihn nicht brauchen", erklärte ihr der Magier und fuhr sich durch seinen Bart. Dann griff er zu seinem Zauberstab, der neben ihm stand. Er hob diesen, wodurch Freyas Koffer begann zu schweben und schließlich in einer Ecke landete.

Tatsächlich hatte ihr niemand etwas gesagt. Oder vielleicht war sie so überwältigt gewesen, dass sie es nicht wahrgenommen hatte.

Mit einem leisen Danke trat sie auf die Tür zu, hinter der sie sich umziehen sollte. Sie warf Elias noch einen kurzen Blick zu, bevor sie die Tür hinter sich schloss.

Während sie ihr Paket öffnete, überlegte sie sich, wo sie überhaupt wohnen würde. Ob sie allein oder mit anderen Mädchen ein Zimmer teilen würde. Wenn sie vielleicht eine oder zwei Mitbewohner hätte, wäre das praktisch. Sie würde sich nicht allein fühlen und konnte jemanden um Hilfe bitten. Sie hoffte nur, dass diese auch nett waren.

Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als sie den weißen Mantel in den Händen hielt. Keuchend starrte sie auf den weichen und seidigen Stoff. In ihrem gesamten Leben hatte sie noch nie so einen feinen Mantel gesehen, geschweige denn in den Händen gehalten.

Das ließ sie schlucken und zögernd holte sie den Rest hervor.

Es gab hohe Schuhe, die mehr wie Kniestrümpfe aussahen. Sie waren schwarz und besaßen eine feste Sohle, aber über den Füßen war es feines Leder, das in Stoff überging. Über dem Knie wurden sie durch fein verzierte Schnallen gehalten.

Das Schwarz des Stoffes hatte weiße Verzierungen, die sehr elegant wirkten.

Dazu kam ein Rock, der ähnlich wie die Stiefel verarbeitet war und ihr bis zu den Knien reichte.

Das Oberteil des eigentlichen Kleides hatte einen hohen Kragen, aber keine Ärmel. Dafür gab es fingerlose Handschuhe, die fast bis zu den Schultern reichten. Um den Bauch lag eine Art Gürtel, der jedoch sehr dick war und Schnallen besaß.

Alles war weich und seidig, wirkte aber auch magisch, da der Stoff leicht schimmerte.

Minutenlang starrte sie die Uniform an und fragte sich, warum man so etwas tragen sollte, wenn man ein Schüler war.

Freya musste sich selbst ermahnen, sich endlich umzuziehen, da die Männer sicherlich auf sie warteten. Vorsichtig, aber schnell zog sie die Kleidung an und stellte fest, dass diese sich perfekt an sie anpasste. Das lag wohl an der Magie, die darin verarbeitet war.

Zum Schluss zog sie den Mantel an und bemerkte, dass ihre Hände vor Angst feucht geworden waren. Was würde sie jetzt erwarten? Schluckend und tief Luft holend trat sie auf die Tür zu, durch die sie anscheinend gehen musste, wenn sie fertig war. Ihren Zauberstab und die Bücher fest in der Hand, öffnete sie die Tür und trat auf die andere Seite.

Dort erwartete sie helles Licht und dann stolperte sie in eine Art Urwald, verfing sich an einer Wurzel und schmiss alles weg, was sie in den Händen gehalten hatte.

Die Magie der Steine - Erde (Band 1) [Leseprobe!]Where stories live. Discover now