Da würde sicherlich die Stimmung wieder sofort umschlagen. Lieber nichts sagen.

Das Büro des Direktors lag nicht weit ab von dem Zellenblock. Wir durften sogar auf zwei weichen Stühlen Platz nehmen.

Was passierte denn hier? Ein falsches Spiel? Eine Verwechslung?

Der Direktor sah uns schuldbewusst an und strich sich unentwegt über seinen Schnauzer. "Eine Verwechslung liegt vor. Es tut uns sehr leid." Dachte ich es mir doch! Aber was hatten wir denn damit zu tun? "Wir haben die wahren Diebe geschnappt. Auch die Überwachungskameras zeigen, dass Sie nicht die Einbrecher waren. Weshalb haben Sie, um Gottes Willen, nichts gesagt?" Sorry, aber wie hätten wir das denn machen sollen? Ganz ehrlich.

"Wie könnten wir? Wir wurden von allem restlos überwältig. In jeder Hinsicht." Damit hatte Che kein bisschen Unrecht.

"In jedem Fall möchten wir uns aufrichtig bei Ihnen entschuldigen. Selbstverständlich werden Sie auf der Stelle entlassen. Was können wir Ihnen nur anbieten, damit Sie uns verzeihen?" Wie ein begossener Pudel sah der Direktor zu Boden.

"Da wir den Bus verpasst haben, wären wir Ihnen sehr verbunden, wenn Sie uns zu meinem Opa bringen würden. Da wollten wir nämlich eigentlich hin." Wow! Che stellte hier ja mal Ansprüche.

"Aber selbstverständlich." Der Direktor schien froh über Ches Lächeln zu sein. Ich lächelte ebenfalls, damit er sich noch mehr freuen konnte.

Und so kam es, dass wir wenig später in einem waschechten Gefängniswagen durch die Gegend kutschiert wurden.

"Jetzt der kleine Straße noch weiter folgen. Und dann sind wir auch gleich da.", erklärte Che die Richtung. Dass, wir gleich da waren, sagte er allerdings schon etwas länger. Weder der Fahrer noch ich glaubten wirklich daran.

Diese Straße sah kaum aus wie eine Straße. Eher wie so ein staubiger Weg.

Tatsächlich tauchte ein Tor vor uns auf. Ein riesiges Gebiet, dass man von hier aus nicht einmal im entferntesten überblicken konnte, tat sich vor uns auf. Über dem Gattertor war in großen, schwarzen Buchstaben geschrieben:"Chattahoochee River Ranch". Wir waren wirklich angekommen.

Ich konnte es kaum fassen. Die ganze Zeit waren wir herumgereist, um hier anzukommen. Und nun waren wir schon da. Ich wusste nicht, ob ich traurig oder fröhlich sein sollte. Alles in allem war der Trip doch ohne Zweifel schön gewesen. Und jetzt sollte alles vorbei sein. Obwohl,...

Eigentlich nicht ganz. Schließlich war ich noch lange nicht bei mir zu Hause. Und hier würde mich auch niemand weder vermuten noch finden. Also war, im Grunde genommen, auf gar keinen Fall alles vorbei. Vielleicht war das ja erst der Anfang vom Beginn meiner grandiosen Sommerferien! Ich hoffte es inständig.

Wir stiegen aus. Höflich bedankte sich Che beidem Fahrer. Ich tat das Selbe. Das Gefängnisauto rauschte davon.

Kaum war dasletzte Knattern des Motors verklungen, kehrte Stille ein. Die komplette Stillemeine ich damit. Alles war so unglaublich ruhig und leise, dass es schonbeinahe an Zauberei grenzte. Kein Tier schien sich zu bewegen. Noch nichteinmal der kleinste Käfer. Unser Atem verstummte. Jedes winzige Geräusch schiender Boden zu verschlucken. Ich war überwältigt.

Lediglich das sanfte Zischendes Windes durch die Blätter eines entlegenen Baumes war bei genauem Hinhörenzu vernehmen. Sonst absolut nichts. Irgendwo schien tatsächlich ein Fluss zurauschen. Wahrscheinlich der Chattahoochee River. Das grüne Gras zu meinenFüßen wog sich leicht im Wind. Fast geräuschlos.

Die Luft hier roch frisch undunverbraucht. Als hätte noch nie jemand von ihr geatmet. Als wären wir dieersten Menschen in diesem Gebiet. Wahnsinn!

Che grinste breit. "Hab ich dir zuviel versprochen?"

"Nein! Auf keinen Fall." Vor Freude überschlug ich mich beinahe beim Sprechen.

"Wir solltenjetzt noch schnell zu meinem Opa laufen. Sonst macht der sich Sorgen. Wirhinken nämlich dem Zeitplan hinterher wegen diesem Gefängnis. Aber dieAutofahrt war schon mal praktisch.", meinte Che. Ein klein wenig gestresst wirkte er jetzt doch. Wie es sich wohl anfühlte, hier zu Hause zu sein?

"Allerdings. Per Anhalter wärenwir bestimmt auch nicht arg viel schneller gewesen.", bemühte ich mich, ihn zu beruhigen.

"Egal. Wir sindda!" Che rannte los. Es erinnerte mich sofort an unserem ersten Tagzusammen. Da war er auch so unglaublich schnell gerannt. Wie damals konnte ichihn kaum einholen. Ihm zu folgen, klappte aber schon wesentlich besser.

Ichwollte seinen Opa treffen. Der war sicherlich nett. Zumindest, konnte es schonmal nicht übel sein, wenn er auch nur die entferntesten Ähnlichkeiten mitChe hatte.  Und die hatte er mitSicherheit.

Nach einiger Zeit tauchte tatsächlich am Horizont ein Ranchhausauf. Jetzt kam mir das Gelände bereits unglaublich riesig vor. Wo auch immerich in meinem Leben bereits gewesen war, hatte es noch nie so dermaßen großeGrundstücke gegeben, die nur einer einzigen Privatperson gehörten. Wow!

DasHaus bestand zum Großteil aus Holz. Mit Veranda und wahrscheinlich sehr vielenZimmern, denn es machte einen großen Eindruck. Neben ihm befand sich ein Stall,der sich ebenfalls den Größenverhältnissen hier angepasst hatte, und vor demHaus gab es einen Hof. Auf diesem parkten ein paar Geländewägen.

"Sindalle schon da.", stellte Che zufrieden fest. In der Ferne konnte ich sogareinen Korall entdecken, in dem bestimmt normalerweise Pferde trainiert wurden.Allerdings war er im Moment nicht besetzt.

Mit einem Mal schoss ein Hund aufuns zu. Und was für einer! Ein wahrhaftiges Monster von Hund. Riesig undpechschwarz.

Der würde mich doch nicht angreifen?

Tatsächlich AmerikanischWhere stories live. Discover now