D R E I Z E H N

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Eine ins Schloss fallende Tür und die darauffolgenden Kopfschmerzen ließen mich aus meinem Schlaf aufschrecken. Automatisch wanderte eine Hand zu meinem Kopf. Mir war, als wäre er vollständig in Watte gepackt. Und ein flaues Gefühl im Magen hatte ich zudem auch noch. Großartig!

„Aspirin und ein Glas Wasser stehen auf der Kommode neben dem Sofa." Eine nur allzu vertraute Stimme ließ mich herumfahren, sodass die Decke zu Boden rutschte. Die ruckartige Bewegung war auf jeden Fall ein Fehler gewesen. Denn nun galt der Großteil meiner Konzentration den Schmerzen in meinem Kopf.

Meine restliche Aufmerksamkeit bekam die blonde Frau neben der Tür. Sie trug ihr Haar ausnahmsweise zu einem lockeren Knoten. In den Händen hielt sie eine Papiertüte einer mir unbekannten Bäckerei.

Ein paar Sekunden tat ich nichts anders, als sie verwirrt anzustarren. Ms Kane hingegen lächelte mich an und befreite sich anschließend von ihrem Mantel und Schuhen.

„Ist das etwa schon wieder ein Traum?", stieß ich ungläubig aus und strich mir fahrig durch das widerspenstige Haar.

Ms Kane zwickte sich daraufhin in den Unterarm und verzog das Gesicht. „Das gerade eben fühlte sich ausgesprochen real an, um ein Traum zu sein." Gleich darauf schlich sich ein kleines, schiefes Lächeln auf ihre Lippen, das bei ihren weiteren Worten allerdings wieder verschwand.

„Du solltest unbedingt etwas trinken, falls du nicht möchtest, dass die Kopfschmerzen stärker werden." Sie deute auf das vorhin erwähnte Glas Wasser.
Ohne zu überlegen nahm ich Wasser und Tablette zu mir und hoffte inständig, dass die Wirkung schnell eintreffen würde.

„Ich bin bei Ihnen Zuhause", stellte ich unnötigerweise fest und bevor ich fragen konnte, was ich hier tat, kannte ich die Antwort. Zuerst waren es nur Bildfragmente, die vor meinem Inneren Auge umherschwirrten, dann schlossen sie sich zu einem einzigen großen Bild zusammen.

„Scheiße!", entfuhr es mir nicht gerade leise, als mich die Erinnerungen an die vorherige Nacht wie ein Schlag in den Magen einholten.

„Ich sollte jetzt lieber gehen", sagte ich hektisch und stand auf. Ein wenig zu schwungvoll, wie ich feststellen musste, da Ms Kanes helle, offene Einrichtung vor meinen Augen zu verschwimmen begann.

Auf einmal spürte ich eine Hand um meinen Arm, die mich vorm Umkippen bewahrte.
„Erstmal möchte ich, dass du dich wieder hinsetzt." Sanft, aber doch bestimmend drückte sie mich wieder aufs Sofa und ließ sich selbst auf die freie Fläche neben mir fallen.

„Kannst du dich an gestern Abend erinnern?", wollte sie von mir direkt wissen.

„Im Großen und Ganzen", brachte ich mit einem bitteren Unterton heraus. Die Erinnerung an Jasper und alles, was darauf folgte, sorgte für ein Karussell der Gefühle. Wut, Enttäuschung, Ekel, aber vor allem Wut kämpften in meinem Inneren um die Oberhand. Und dann war da noch ein Gefühl. Es versprach Wärme und Sicherheit. Und ausgerechnet Ms Kane löste es in mir aus.

„Dann möchte ich dich etwas fragen, Melia", sagte sie mit einem ernsten Gesichtsausdruck, ihre Augen eindringlich auf mich gerichtet.
„Es steht dir selbstverständlich frei selbst zu entscheiden, ob du mir eine Antwort darauf geben möchtest." Das erste Mal sah ich ihr an, wie sie mit sich haderte. Das machte mir ein wenig Angst. Welche Frage könnte sie so eine Überwindung kosten?

„Ist gestern etwas gegen deinen Willen geschehen?"‌ Ihr Blick wanderte musternd über meine Gestalt und auch ich sah an mir herunter. Ich trug noch immer die Jogginghose und das T-Shirt von Daniel. Erst verstand ich nicht, doch dann machte es Klick. So wie ich gestern ausgesehen haben musste, war es kein Wunder, dass sie auf solche Gedanken kam.

Scherbenherz [TxS / GxG]Waar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu