01 KAPITEL

10 4 3
                                    

Bayeux, 1990

Mein Herz setzte einen Schlag lang aus. Einen unendlich süßen, kleinen Augenblick. Und ich hörte das Rauschen des Meeres, schmeckte
das Salz auf meinen Lippen und
spürte die Wärme seines Körpers. 

»Hier sind sie gelandet.« , flüsterte ich.

Er bewegte sich neben mir und erst jetzt merkte ich, das er das getan hatte um mir näher zu sein. Vielleicht, weil dieser Strand menschenleer war, vielleicht weil dieser Moment zu groß war für uns beide oder, meine eigentliche Befürchtung unterdrückend, ich hatte zu leise gesprochen und er hatte mich nicht verstanden. 
Und die Tatsache, das er so schweigsam neben mir saß, mit nichts als einem schelmischen Grinsen im Gesicht, verstärkte dieses Gefühl.

»Ist das nicht unglaublich?«, lachend drehte ich mich ihm zu und sah in seine dunkelbraunen Augen, die mich mit so viel Aufmerksamkeit und unverholener Neugierde betrachteten. Und in diesem Augenblick, wusste ich, wie es sich anfühlte zu leben.
Und als Antwort auf meine nicht ausgesprochene Frage, begann ein langsames, zartes Spiel zwischen uns. Ein Spiel, das genauso alt war wie das Meer und die Menschen.

»Brady.«, schnurrte er.

Mein Herz begann wieder zu schlagen. 

»Ich sehe dich.«

Seine Hand legte sich wie ein feiner Schmetterlingsflügel auf meine Brust. Genau oberhalb meines Herzens. Eine Geste die mir eine ungeheure Gänsehaut verpasste. Seine Haut fühlte sich warm und samtig an.

»Ich will dich.«, fuhr er neckend fort. Ich konnte nicht anders, als mich eingeschüchtert abzuwenden. Mich seinem dunklen Augen und seinem verruchten Mund zu entziehen. Denn wenn ich eines wusste, dann das ich mich ab hier auf Glatteis begab. Auf gefährliches Glatteis. 

»Ich will Eis.«, versuchte ich es mit einem Witz. »Vielleicht finden wir ja ein Eissalon, mit ganz viel Vanille Eis?«, warf ich zerstreut ein in der Hoffnung die Stimmung zerstört zu haben. Doch mein Freund ließ mich nicht damit durchkommen. Nicht im geringsten. 

Er packte mein Kinn etwas fester und drehte mein Gesicht zu ihm. Mir blieb also nichts anderes übrig, als alles um mich herum zu vergessen und ihn anzusehen. Und das es ihm gefiel, was auch immer für ein Spiel er da trieb, das erkannte ich an seinen Mund.

»Ich will aber kein Vanille Eis, Brady.«, tadelte er mich. 

PETIT VAGUE - kleine welleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt