28- Ihr hättet sein Gesicht sehen sollen.

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2 Jahre, 2 Monat und 11 Tage vorher

           „Caridad?" Ich stolperte durch die abendliche Hitze des Gartens mit der Geschicklichkeit eines betrunkenen, neugeborenen Elefanten. Das Leinen meiner Trainingshosen klebten an mir, fast so schlimm wie meine Haare.
Er hatte sich mit mir treffen wollen. Der Palastgarten war durchaus groß genug, um jemanden darin zu verlieren. Ich hatte bisher drei unserer üblichen Treffpunkte abgeklappert und war zu denen übergegangen, an denen sich Caridad gerne vor Liebhabern oder Liebhaberinnen der letzten Nächte versteckte.

„Ich weiß, dass du sie liebst, aber die Sache ist beschlossen und besiegelt." Constantins Stimme drang merkwürdig weich, beinahe mitfühlend, an meine Ohren. Ich hätte ihn fast nicht erkannt. Ich beeilte mich um die nächste Wegbiegung und blieb prompt stehen. Vor mir wurde der Weg unebener und schlechter gepflegt. Einzelne Bäume hatten sich zu einer kleinen Gruppe zusammengefunden, die wohltuenden Schatten und Sichtschutz vor allen anderen boten. Ich mochte diesen Ort . Vielleicht weil hier selbst im Sommer noch Gras wuchs und der Duft der Gewächshäuser nicht mehr bedrückend, sondern zart und flüchtig war.

Caridad saß auf einem Baumstamm, die Schultern zusammengesunken. Constantin kniete vor ihm. So weit, so merkwürdig. 
„Es gibt nichts mehr, was wir tun können." Constantins eindringlichen Worte legten sich wie eine eiserne Hand um mein Herz.

Was war passiert? Was hatte ich verpasst?

„Du hättest noch einmal dem Primus schreiben müssen. Warum sollte ein Händler besser für sie sein, als der Bruder eines Königs?" Caridad hatte die Stirn auf seine Hände aufgestützt, sodass die blonden Haare zwischen den Fingern hervorquollen. 

Das war nur nicht, was mich stocken ließ. 
Er sprach. Und er sprach vorwurfsvoll.
„Du hättest ihn umstimmen können... du hättest-..."

Ich tat einen vorsichtigen Schritt auf die Lichtung und wurde von Constantin bemerkt. Sein Blick verhärtete sich prompt, doch als er mich erkannte, kam er lediglich auf die Beine. Vorsichtshalber gab ich ihm keine Gelegenheit den Mund für irgendwelche Unfreundlichkeiten zu öffnen.
„Was ist los?"

Als Caridad den Kopf hob, kam ich gar nicht schnell genug an seine Seite. Seine Augen waren blass, als wäre das Licht in seinem Körper erloschen. Das erste Mal seitdem ich ihn kannte, sah er müde und alt aus. Die Narbe an seinem Hals leuchtete rötlich gegen die weiße Haut.
Ich rutschte neben ihn auf den Baumstamm und berührte ihn an der Schulter.
„Wie kann ich dir helfen?"

„So lange du keine besondere Verbindung zum Primus hast, gibt es da nicht viel", knurrte Constantin, die Hände in seinen Hosentaschen vergraben. Er sah ebenfalls mitgenommen aus. Aber auf eine andere Art und Weise. „Aber vielleicht kannst du ja Einsicht in diesen Dickschädel meißeln."

Caridad sandte ihm einen vernichtenden Blick.
„Zieh sie nicht da mit hinein. Sie ist nicht dein Besen, der alles aufräumt, was-..."

„Sie ist auch nicht dein", schnitt ihm sein Bruder rigoros das Wort ab, der Ausdruck plötzlich weniger mitleidig, als warnend.

Äh... wie bitte?

Caridad klappte den Mund wieder zu. Dann wandte er sich an mich.
„Es ist nichts. Nichts, was wir nicht mit dem importierten Wein aus Ileatat vergessen könnten. Ich schleiche mich in den Keller und ihr-..."

„Großartige Einsicht. Lass uns noch Kopfschmerzen zu deinem gebrochenen Herzen und der nahenden Vergiftung hinzufügen", unterbrach Constantin ihn schon wieder. Den zunehmend verwirrten Blick in meinem Gesicht sehend, erklärte er knapp, „Caridad wollte sich vor vier Jahren mit einem adeligen Mädchen aus Hamir verloben, nur der Primus lehnte es ab. Schockierend, ich weiß, aber leider nun mal eine Tatsache."

Das Königreich der Geheimnisse - Band 1Hikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin