Zuletzt waren auch Roluf und Sjard unten angelangt. Sie trampelten mit den Füßen, rieben sich die Arme und bliesen in die Hände.

Sofort lief Lorena zu ihnen. „Was ist passiert?"

„Brr - die Segel waren knochenhart gefroren", rief Sjard ihr entgegen. „Die Falten im Tuch ... alles steif. Ich fühle meine Hände nicht mehr!"

„Wenigstens haben wir's für heute hinter uns - schaut mal!" Bedeutungsvoll zeigte Roluf nach oben.

Lorena wusste schon, was er meinte. Es ging los.

Die Wolkendecke befand sich jetzt direkt über ihnen. Dunkelgraue, geballte Wolkentürme.

Rasch wurden sämtliche Luken geschlossen, die Kochfeuer gelöscht. Das bedeutete ab sofort kalte Mahlzeiten. Die Meeresgischt spritzte über die Reling und verteilte sich über weite Flächen. Im Nu waren die Planken glatt wie Schmierseife, Lorena rutschte auf dem schrägen, wippenden Deck aus und konnte sich gerade noch an einer Taurolle festklammern.

Ihr Herz klopfte vor Schreck. Beinahe wäre sie über Bord gegangen! Soviel Wasser überall ... Da fiel es ihr siedendheiß ein. Fenja, ich muss zu Fenja! Sie sprang auf und hastete, mehr rutschend als laufend, zum Niedergang und hinunter in die Bilge, die schon halb voll Wasser stand. Und es lief immer mehr hinein! Von oben durch die Decke, von den Seiten!

Angstvoll stürzte Lorena zu dem geheimen Platz - und stellte erleichtert fest, dass der Hühnerkäfig noch trocken auf dem Steinhaufen stand. Nur die unteren Steine waren überspült. Glück gehabt - Fenja musste einen Schutzengel haben.

Gespannt lüftete sie den Seesack ... „Gack-agack!", gluckste Fenja ihr empört entgegen und meinte wohl: Das wurde aber auch höchste Zeit!

„Sofort, sofort", sprach Lorena beruhigend auf sie ein und machte sich schleunigst ans Werk, pumpte mit aller Kraft, von scharfen Zischlauten des Huhns angefeuert. An diesem tierischen Aufseher hätte Cornelis seine Freude gehabt.

Kurz darauf kam auch schon Janko und half ihr. Seitdem die schwarze Wolke am Horizont erschienen war, hatten sie ausgemacht, dass er beim Pumpen mit einspringen würde. Als Jungmatrose war er noch am ehesten entbehrlich und schaffte trotzdem für drei. Damit entging Fenja der Gefahr einer Entdeckung, vorerst jedenfalls ...

Zum Abschluss erhöhten sie den Haufen um ein paar Steine, und Fenja bekam etwas von dem Schlafmohn aufs Futter gestreut. Das arme Tier sollte die chaotischen Zustände an Bord und das Unwetter möglichst verschlummern.

Lorena war sich darüber im Klaren, dass es nicht ausreichte und wandte sich mit einem Vorschlag an den Quartiermeister. Nach kurzer Überlegung erklärte er sich einverstanden, denn dadurch standen ihm mehr Männer zur Verfügung. Zusammen mit Janko durfte sie die Sicherheitsrunden übernehmen, die sonst von der aufgezogenen Wache erledigt wurde: die Bilgen-, Brand- und Deckskontrolle, und ob Luken und Oberlichter, Türen und Niedergänge ordentlich verschlossen waren. So war auch für Fenjas Sicherheit gesorgt, aber das brauchte der Quartiermeister ja nicht zu wissen ...

Alles fürs Huhn.

Alles fürs Huhn

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🌊Der Stern des Meeres🌊*WattyWinner 2019*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt