>>Julicé Lichtenberg<<, liest Markus irritiert laut vor.

Ich schlucke hörbar.

Er wiederholt sich. Mehrfach.

>>Lichtenberg, wie...<<

Ich nicke kaum merklich.

>>Lichtenberg, wie Hermann Lichtenberg.<<

Markus verstummt.

Dann kippt er zurück, fängt sich im letzten Moment und landet auf seinem Hintern. Sitzend blickt er zu mir auf.

Ich wiege mich in meiner Hocke vor und zurück.

>>Aber Judd? Das verstehe ich nicht...<<

>>Sie hatten nur die gleiche Mutter<<, antworte ich schulterzuckend.

>>Du bist also wirklich seine Tochter?<<

Ich kaue auf meiner Unterlippe.

Nachdenklich starrt Markus mich an.

>>Warst du dabei?<<

Erneut nicke ich lediglich als Antwort.

>>Es war ein furchtbares Gemetzel. Überall Blut, Dreck, Feuer, umherfliegende Splitter, kämpfende Lykaner, sterbende Rudelmitglieder.<<

Ich streiche meine Haare hinter dem Ohr weg und deute auf die Narbe.

>>Ein Giftpfeil. Der war nicht für mich gedacht. Ich stand nur im Weg, bin aber glimpflich davon gekommen. Der zweite war dann ein Treffer. Trotzdem hat er nicht aufgegeben, sondern weiter gekämpft.<<

Markus' Blick verdunkelt sich. Seine Miene wird immer finsterer.

>>Wie konnte er dich nur mitnehmen?<<, knurrt er.

>>Ich habe ihn überredet. Das erste und letzte Mal in meinem Leben<<, antworte ich.

Markus atmet geräuschvoll ein.

>>Ich will mir gar nicht vorstellen, was du alles sehen musstest.<<

>>Es war eine Falle. Wäre ich daheim geblieben, wäre ich mit der Hütte verbrannt. Niemand konnte uns helfen. Sein Stolz und seine Respektlosigkeit waren schuld.<<

Wütend kneife ich die Augen zusammen.

Hätte mein Vater nicht diesen irren Werwolf beleidigt und bloßgestellt, sondern einfach abgewiesen, würden er und das Rudel vielleicht noch leben.

Ich werde es wohl niemals erfahren.

>>Was ist aus Jakob geworden?<<, fragt Markus interessiert.

>>Keine Ahnung. Er und seine Mitstreiter haben mich nicht zwischen den Büschen gefunden, wo ich ohnmächtig wurde und auch nicht nach mir gesucht. Als sie den Tod von meinem Paps festgestellt hatten, sind sie wieder abgezogen. Danach habe ich nie wieder etwas über ihn oder andere gehört.<<

>>Und was ist mit deiner Mutter?<<

Markus verkreuzt die Beine und setzt sich mir im Schneidersitz gegenüber.

>>Als mein Vater vor drei Jahren verstorben ist, hat meine Mutter sich nur kurze Zeit danach in die Geschlossene einweisen lassen, wo sie nur wenige Tage später Suizid begang, weshalb Marea und ich bei unserem Onkel, also Judd, dem jüngeren Bruder unseres Vaters, und eben Erin leben.<<

Nachdenklich nickt mein Seelenverwandter. Seine entspannte, als auch jederzeit zum Sprung bereite Haltung ist so unglaublich faszinierend.

>>Aber haben Judd und Erin nicht vorher woanders gewohnt? Und heißen die nicht anders mit Nachnamen?<<

ℓℴ𝓋ℯ 𝑚𝑒 𝚛𝚒𝚐𝚑𝚝Where stories live. Discover now