Acht Jahre älter

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Ein weiterer Oneshot von mir, erneut Teil einer meiner Geschichten, über die ich mir neulich recht viele Gedanken gemacht habe. In dieser ist der Grundkontext, dass Drew ganze acht Jahre älter ist als Maike. Also etwas kompliziert für die beiden 😅
Es ist, wie ich gerne sage, etwas eigenwillig/speziell, aber ich finde es soooo unheimlich süß und dachte, euch könnte die Idee genauso gefallen wie mir.
Wieder kein Pokémon in dieser Story!

Mrs Caroline Hayden war eine alte Freundin meiner seit drei Jahren verstorbenen Mutter. Nach dem Tod meiner Eltern dauerte es nicht lange, bis sie und ihr Mann Norman mich, einen damals vierjährigen Waisenjungen, in ihre Wohnung aufnahmen und gesetzlich die Verantwortung für mich übernahmen. Als das dumme, kleine Kind, das ich zu diesem Zeitpunkt noch war, nahm ich mir nicht die Gelegenheit, Norman besser kennen zu lernen, bevor er nach mehreren Jahren der Qual schließlich dem Krebs erlag, unter dem er schon lange gelitten hatte. Damals war ich sieben.
Wie gesagt, ich war damals noch nicht alt genug gewesen, eine Bindung zu Norman aufzubauen, wieso eng war, dass es mich zerrissen hätte, wie es bei Caroline der Fall war. Selbst heute hätte ich nicht mit Sicherheit sagen können, dass sie unter diesen Umständen weitergemacht hätte. Kaum einen Monat später allerdings, als bei einer von Carolines Kontrolluntersuchungen überraschend festgestellt wurde, dass sie schwanger war, stellte Sterben vorerst keine Option mehr dar.
Ich erinnerte mich noch daran, als wäre es gestern gewesen. Der Moment, da die Ärztin ihr den eine eindeutige Schwangerschaft vermittelnden Schwangerschaftstest hingehalten hatte, mit den Worten "Sie erwarten ein Kind.", hatte unser beider Leben mit einem Mal komplett auf den Kopf gestellt. Ich war wie betäubt gewesen, während sich in mir ein völlig unbeschreibliches Gefühl des Glücks und der Wärme ausgebreitet hatte. Obwohl ich nichtmal verstand, warum. Schließlich würde dieses Kind, für Caroline ein unbezahlbares Geschenk, nichts mit mir zu tun haben, oder? Wir waren ja nicht einmal verwandt. Und ich bezweifelte stark, dass es sich so anfühlte, zu wissen, dass man bald ein Geschwisterchen bekam.
Nie hätte ich damals geahnt, dass ich zu diesem Kind eine Beziehung aufbauen würde, die so viel stärker und bedeutsamer war, als es die von Blutsverwandtschaft jemals hätte sein können.

Das Kind (im Bauch) mit 3 Monaten:
Wie gebannt saß ich vor dem noch schwarzen Bildschirm, der jeden Moment die Aufnahme des Ultraschalls zeigen würde, mit dem die zuständige Ärztin gerade Carolines nackten Bauch traktierte. Diese selbst lag auf einer der mit grünen Matten bedeckten Krankenhausliegen und sah erschöpft aus. Der Gedanke an das ekelhafte Gel auf ihrer Haut verursachte mir einen Würgereiz. Was für ein Glück, dass ich kein Mädchen war.
Doch trotzdem war ich als verspielter Siebenjähriger einfach zu neugierig, um mir ein solches Event entgehen zu lassen. Schließlich sah man nicht alle Tage, wie sich ein menschliches Wesen im Bauch der Mutter entwickelte.
"Wir dürften jede Sekunde ein Bild bekommen", erklärte die Ärztin und warf mir einen Blick zu, "Sag uns Bescheid, wenn es soweit ist, kleiner Andrew." Ich unterdrückte ein genervtes Schnauben. Kleiner Andrew... Doch im nächsten Moment flackerte der Bildschirm und auf ihm erschienen eine schwarz-weiße Aufnahme vom Inneren von Carolines Bauch.
Mir verschlug es glatt die Sprache. Völlig entgegen meiner Annahme war das Baby keineswegs hässlich. Es war einfach nur faszinierend. Man konnte bereits grob erkennen, welche weiße Schliere welchen Körperteil darstellen sollte und es sah ein bisschen aus wie eine Mischung aus einem Mensch und einem Reptil. Doch irgendwie gefiel es mir. Sehr.
Die Ärztin hob gespannt den Kopf und als sie erkannte, dass ich sie nicht auf den Start der Aufnahme aufmerksam gemacht hatte, sah sie mich tadelnd an. Doch ich bemerkte es nichtmal. Begeistert beobachtete ich, wie das Wesen kaum merklich sein Mini-Ärmchen regte.
Die Ärztin musterte den Embryo genau. "Es ist ein Mädchen! Gesund und munter", verkündete sie schließlich der in Freudentränen ausgelösten Caroline.
Na, das hätte ich ihr auch sagen können. Aber nicht nur irgend ein gesundes und munteres Mädchen - sondern meine wunderschöne Prinzessin.

Das Herz trifft die Wahl (Maike und Drew/Contestshipping-Oneshots) ⏸Where stories live. Discover now