«Frieden ist eine Illusion. Genauso wie Glück. Er ist vergänglich. Eine Lüge ... Weshalb nach ihm streben, als wäre er das einzig Sinnliche, wenn es am Ende doch Krieg und Schmerz gibt? In welcher Geschichte der Welt wurde eine Friedenszeit nicht von einem Krieg abrupt beendet? Der Idealismus von 'Dem Frieden' gibt es nicht. Was ist Frieden denn genau? Für mich bedeutet er, Sicherheit und Liebe. Deshalb strebe ich danach, diesen Staat stark und mächtig zu machen, um 'meinen Frieden' wahren zu können!»
Ryn blickte in die grauen, tiefhängenden Schlieren am Himmel. Vor ein paar Stunden hatten die Gewehre und Kanonen noch um die Wette gedonnert und der ganze Russ hatte sich unter den düsteren Wolken angesammelt.
Sanft legten sich die Nieseltropfen auf meine müde, gereizte Haut und kühlten sie ab. Ich atmete die feuchte Luft ein und ignorierte das von dem Rauch verursachte Brennen in meiner Kehle.
Ryn seufzte geschlagen. Diese Zeit hier wird uns noch alle um den Verstand bringen. Seine Worte kreisten durch meinen Geist und hallten an dessen Grenzen wider. ... Frieden ... was bedeutete Frieden für mich? Sicherheit? Vermutlich. Ich war jetzt schon einige Monate Soldatin und nach Frieden fühlte sich das Leben innerhalb des Schützengrabens nicht gerade an. Liebe? Was ist Liebe? Was bedeutete Liebe überhaupt für mich? Liebe ist genauso vergänglich wie der Frieden. Eine Illusion, eine Lüge, ein gesellschaftliches Konstrukt, mit dem Ziel, Menschen aneinander zu ketten, sie glauben zu lassen, voneinander abhängig zu sein.
Nach einiger Zeit zog sich Ryn sein Shirt über den Kopf und seufzte erleichtert. Diese Pause tat uns allen gut. Unsere Konzentration abzuschalten, unsere müden Augen zu erholen von dem steten zusammenkneifen und durch das Visier blicken, unsere Anspannung etwas fallen zu lassen.
Gegenüber von uns, auf einem der vielen Kisten und Sandsäcken, mehr liegend als sitzend, wischte ein anderer Soldat geistesabwesend über seine Flinte. Er schien nicht ganz im hier und jetzt zu sein. Mit leerem Blick murmelte er ab und zu etwas vor sich hin.
«Leg dich etwas hin, Kleine. Ich wecke dich, bevor es wieder losgeht.»
Ich nickte dankbar und zog die Plane unter mir etwas weiter nach oben. Ryn legte den Kopf in den Nacken und schloss seine geröteten Lider. Die feinen Tropfen prallten an seiner Brust ab, als der Regen etwas zunahm. Er wird jetzt weiter zunehmen, bis es wie aus Kübeln schüttete. Bis dahin blieb uns Zeit. Denn danach wird die Sonne aufgehen und unsere Munition für den nächsten Angriff trocknen.
Ein bereits etwas älterer Soldat taumelte an uns vorbei durch den schmalen Graben. Wenn wir es nicht besser wüssten, könnte man behaupten, er hätte schon einige Becher intus.
Meine Lider klappten in einem mir unbekannten Rhythmus auf und zu. Der Schlaf würde mich heute wohl erst später erlösen. Ich lauschte dem Prasseln der mittlerweile schon etwas schwereren Tropfen und dachte nach, was uns morgen wohl alles erwarten würde. Wir waren alle sehr angespannt, seit unser Nachbargraben vor zwei Nächten vergast worden war. Es war bereits die fünfte Nachtigall in diesem Gebiet gewesen.
'Nachtigall' nannten wir unter uns die Giftgasbomben der Terroristen. Man wusste nie, wo unsere Feinde vielleicht ihre Lauscher aufgestellt hatten, analoge Abhörgeräte, die in diesem Ödlande sehr schwer zu finden waren und unsere geschlossenen Gespräche mitanhörten. Zudem klang 'die Nachtigall' nicht besonders bedrohlich im Vergleich zu 'die Giftgasbombe', sondern eher wie eine Gute-Nacht-Geschichte. Eine etwas nicht-so-Gute-Nacht-Geschichte.
Ryn blinzelte müde, als das wohl gerade aufgebrauste Stimmengewirr abklang. Was war um diese Zeit so spannend, dass man damit die anderen wecken musste?
Er setzte sich aufrechter hin und bog seinen tagelang verspannten Rücken durch, wobei einige Wasserrinnsale von seiner Haut auf den matschigen Boden troffen. Der Boden war gesprenkelt mit unzähligen Pfützen.
Wieder hörte er Stimmen, diesmal etwas deutlicher. Anscheinend stritt sich da jemand. Beide Kontrahenten schienen verzweifelt und angespannt zu wirken.
Er stand mit einem Ruck auf und ächzte leise vor sich hin. Mit dem Schlafen wird das heute wohl nichts. Während Ryn durch den Graben lief, versuchte er die anderen, ausgesaugten, leeren Gestalten zu ignorieren und sich nur auf die Stimmen zu konzentrieren.
Der eine entpuppte sich als der Späher, der heute die Wache schieben musste, um nach Feinden Ausschau zu halten.
Der andere war wohl der Kommandant seines Zuges.
« ... Sir, ich sehe nichts. Das müssen sie doch verstehen ... nein ... sind die Wolken ... verdammt noch mal ... verstehen Sie ... nein ... alles ist grau, sie verdecken alles ...»
Ein kalter Schauer kroch sein Rückgrat herauf, als er stehen blieb. Ryn hatte nicht die Absicht, sich in den Streit der beiden einzumischen. Es klang beunruhigend, was der Späher da sagte. Eine unklare Nacht hatte ihnen gerade noch gefehlt.
Doch er wollte sich nicht mit Grübeleien beschäftigen. Es war nicht die Zeit oder der Ort dafür.
Langsam lief er noch etwas hin und her, um den weiteren Ausgang des Streites zu verfolgen, doch nach kurzer Zeit beruhigten sich die Gemüter etwas. Sie sahen wohl auch ein, dass sie ihre Kraft nicht verschwenden sollten.
Gerade als sich Ryn umdrehte und zurück durch den zähen Schlamm stampfte, ertönte ein geller Schrei. Es war der Späher.
Kurz darauf rief jemand:
«NACHTIGALL!»
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Codename HEL-2826
Fiksi Ilmiah«Frieden ist eine Illusion, genauso wie Glück. Er ist vergänglich.» Das Jahr 2898. Der Planet Vok. Weit von der Erde entfernt, in einer anderen Ebene des Universums, einer anderen Galaxie. Eine andere Zivilisation. Menschen, die sich ihr Chi zu eige...
