Thirty Two ~ My Own Will

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Da ich nun nicht mehr deuten konnte, was sein Verhalten bedeuten sollte, zog ich meine Augenbrauen verwirrt zusammen.

Für einen kurzen Moment schien es mir so, als hätte ich einen wunden Punkt getroffen, aber Devon baute seine Schutzmauer schnell wieder auf.

"Sie hat ihn betrogen. Sie brachte das Kind eines anderen Mannes zur Welt. Dich. Also geht es ihr so, weil sie dich bekommen hat. Warum tust du nichts dagegen?"

Überrascht von seiner wirklichen Dummheit blieb mein Mund einen kleinen Spalt geöffnet, als ich seine Antwort verarbeitete.

Nicht viel später löste ich mich aus meiner Starre und lachte kopfschüttelnd. Dieser Hund wollte mir gerade echt die Schuld dafür geben.

Bis vor knapp zwei Tagen hatte ich noch nicht einmal gewusst, dass sie meine Mutter war und lebte.

Ich hatte mit dem Gedanken gelebt, dass meine Mutter in einem Garten durch einen Kopfschuss gestorben war. Also bitte. So konnte er mir nicht kommen.

"Du versucht gerade mir die Schuld für etwas zu geben, was ich nicht mal beeinflussen konnte. Bist du sicher, dass du nicht genauso inkompetent wie dein Vater bist?"

Mein Halbbruder schloss kurz seine Augen und sah mich dann wieder aus bösem Blick an. "Deine Existenz hat meine Familie auseinandergerissen. Du hast es vielleicht nie gewusst, aber du bist daran schuld."

Er erhob sich und stellte sich vor meine sitzende Statur. Nein, ich würde jetzt nicht aufstehen. Ich fühlte mich keinerlei bedroht, also gab es für mich keinen Grund Energie zu verschwenden, um mit diesem kaputten Kronleuchter auf Augenhöhe zu sein.

Gelassen lehnte ich an der Wand hinter mir und sah auf in sein Gesicht. "Wenn dir deine Familie so wichtig ist, solltest du vielleicht mal damit anfangen, dich um deine Mutter zu kümmern, bevor dein kranker Vater sie verhungern und verrecken lässt."

Da ich keine Lust mehr auf mein Training hatte, erhoh ich mich und stand frontal vor Devon, der mich schweigend versuchte einzuschüchtern.

"Denk mal darüber nach, Spatzenhirn. Dir und deinem Vater ist das Familien-Sein wichtig. Was wird aus eurer Familie, wenn du deine Mom nicht mehr hast?"

Ich schwang ihm mein Handtuch über seine Schulter und stieß ihn leicht mit meiner an, als ich an ihm vorbeiging und den Raum verließ.

Mit großen Schritten nahm ich die Treppen hoch in die Wohnung. Oben sah ich Dyana und Aaron, welche sich im Esszimmer gegenübersaßen, als hätten sie sich noch nie im Leben gesehen.

Tolle Familie haben sie hier, echt.

Die Augen meiner Mutter folgten mir, als ich weiter ins große Badezimmer ging und mir meine verschwitzte Kleidung auszog.

Ohne viel über die ganze Situation nachzudenken, machte ich die Dusche an und stellte mich darunter.

Ich hoffte auf eine Erlösung. Ich hoffte darauf mich unter dem heißen Wasser entspannen zu können, aber es ging einfach nicht.

Verzweifelt strich ich mit beiden Händen über mein Gesicht und machte es nass. Mehrmals atmete ich aus und ein, während dem ich meine Augen geschlossen hatte und versuchte Ordnung in meinen Kopf zu bringen.

Ich konnte Devon nicht verstehen. Er hatte eine Familie. Er hatte einen Vater, eine Mutter. Er hatte ein Zuhause.

Was wollte er noch?
Ich hatte nichts von all dem. Beschwerte ich mich? Nein.

Ich hatte gelernt ohne Familie zu leben. Wenn auch nicht wirklich freiwillig.

Mit beiden Händen strich ich mir mein durchnässtes Haar nach hinten und lehnte mich erschöpft an die Fliesenwand. Nachdenklich berührte ich mit meiner Hand meinen Oberkörper und spürte meine Narben unter meinen Fingern.

Umso länger ich meinen Gedanken freien Lauf ließ, desto stärker bannten sie sich um Ilaria und ich ließ meinen Kopf in meinen Nacken fallen.

Ich war zwar ohne Familie ausgekommen, aber ich hatte eine neue gefunden. Eine, die ich brauchte.

Ich hatte Ilaria, Luke und Trace. Mein Gott, ich konnte sogar behaupten, dass ich eine Barbie in meiner Familie hatte. Ashton durfte ich keineswegs vergessen.

Da sich ein Plan in meinem Kopf formte, schluckte ich konzentriert. Ich hatte die ganze Zeit einer Familie nachgetrauert, welche wahrscheinlich nicht wollen würde, dass ich immer noch heulend durch die Welt spazierte.

Ich bin die letzten 5 Jahre vor der Wahrheit geflüchtet, habe mir Lügen eingeredet und versucht alles zu vergessen und zu verarbeiten.

Jetzt war ich hier. Meine leibliche Mutter saß im Esszimmer und lebte.

Was das in mir auslöste?
Dezente Erleichterung.

Es war ein gutes Gefühl zu wissen, dass es noch jemanden aus meiner Familie gab, aber brauchen tat ich sie nicht.

Das mag jetzt böse und grob klingen, aber Dyana war keine Person, welche ich brauchte, um weiterleben zu können.

Ich brauchte niemanden. Das einzige, was mich die letzten 5 Jahre angetrieben hatte, war Tobys Sicherheit gewesen. Ich hatte versagt und war alleine zurückgeblieben.

Und dann?

Ja, für wenn lebte ich dann?

Ich versuchte den Sinn hinter meiner Existenz in Ilaria zu finden. Hatte ich das geschafft? Ja, aber wenn ich jetzt so darüber nachdachte, war es immer mein eigener Kopf, mein Bauchgefühl, welches mich angetrieben hatte.

Ich selbst hatte mir den Willen weiterzuleben eingehämmert. Natürlich hatte Ilaria vieles dazu beigetragen, aber...

Das alles klang so kompliziert und ich selbst verstand nicht wirklich, was ich hiermit erklären und erläutern wollte.

Ich versuchte es mir selbst zu erklären und irgendwie wusste ich, was ich meinte, aber irgendwie auch überhaupt nicht.

Ich ergab keinen Sinn, aber trotzdem hatte ich recht. Ilaria, Luke, Trace und sogar Ashton hatten mir geholfen.

Doch schlussendlich war es mein eigener Schweinehund, der mich so weit gebracht hatte.

Und dieser verdammte Schweinehund würde auch noch weiterkämpfen.

Hier war keineswegs die Endstation. Nicht meine, nicht die von Ilaria. Nicht unsere. Alles mag aussichtslos scheinen, aber ich selbst wusste, wie schnell man selbst einen Weg erarbeiten konnte.

Und ich war verdammt nochmal dazu bereit.

Und ich war verdammt nochmal dazu bereit

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