Nika
Mit ausgebreiteten Armen lag Nika auf ihrem Bett und langweilte sich. Es gab einfach nichts, worauf sie gerade Lust hatte. Hausaufgaben hatten sie noch nicht auf, es gab nichts zu erledigen und auf Sport hatte sie grad gar keinen Bock. Da ihr einfach nichts anderes einfallen wollte, setzte sie sich vor ihren Schreibtisch, klappte ihren Computer auf und schaute, während der hochfuhr, ihren DVD-Schrank durch. Wahllos griff sie sich eine Folge ihrer Lieblingsserie und schob sie in den Computer. Viel zu schnell war die Folge zu Ende und Nika wollte auch nicht den ganzen Tag vor dem Bildschirm sitzen. So tapste sie nach unten in die Küche und half ihrer Mutter das Abendessen zu machen. Kartoffeln mit Quark und Salat, wie jeden Dienstag. Das war nicht gerade ihr Lieblingsessen, aber trotzdem fiel sie hungrig darüber her. Nach dem Essen beschloß Nika, noch einen kleinen Verdauungsspaziergang zu machen, schlüpfte in Stiefel und Mantel und lief hinaus. Es war zwar noch gar nicht so spät, aber es wurde zu Zeit früh dunkel und der Mond leuchtete schon hell am Himmel. Nach ein paar Minuten wurde es ihr dann doch zu kalt und sie huschte wieder ins Haus. An diesem Abend wälzte Nika sich noch lange im Bett hin und her, bis sie der Schlaf übermannte und ins Reich der Träume schickte.
Sie träumte, sie würde in Sport einen Salto von einem Bock machen und statt auf dem harten Boden auf einer frühlingsgrünen Wiese aufkommen. Verwirrt schaute Nika sich um. Doch außer ihr schien niemand hier zu sein! Überall nur Wiese, ein Meer aus grünem Gras. Und plötzlich stand da jemand vor ihr. Schnell richtete Nika sich auf, um die Person ganz sehen zu können. Von der Gestalt vor ihr konnte sie nur zwei spindeldürre Beine, ein weites, graues Kleid, das sich im Wind bauschte, und ihre beinahe knielangen, grauen Haare erkennen. Ihr Gesicht war von einem blutroten Tuch verdeckt, nur ihre seltsamen gelben Augen waren zu sehen. Einige Momente schwieg die Gestalt. Dann drang unter dem Tuch eine krächzende, aber dennoch unverkennbar weibliche, Stimme hervor. Sie sagte nur einen einzigen Satz: "Wir brauchen euch!" Da wachte Nika auf. Sie war nicht schweißgebadet, hatte nicht geschrien oder sonst etwas getan was man tut, wenn man einen Albtraum hat. Dann konnte es doch auch keiner gewesen sein, oder? Nika schüttelte irritiert den Kopf. Bald darauf war sie wieder eingeschlafen und diesmal träumte sie nichts. Den ganzen nächsten Tag grübelte sie über den Traum nach. Sie hatte es den Zwillingen nicht erzählt, aus Angst, sie würden sie auslachen. "Was ist denn mit dir los?", fragte Luke als sie zum dritten Mal ihr Heft fallen ließ. "Ach nichts!", antwortete sie schnell. Auch ihre Hüfte machte ihr zu schaffen. Die Schmerzen waren zwar nicht schlimmer geworden, weggegangen aber auch nicht. Ein paar Mal spielte Nika mit dem Gedanken, doch noch mal zur Krankenpflegerin zu gehen und sich Schmerzmittel verschreiben zu lassen, aber sie verwarf den Gedanken gleich wieder. An diesem Abend hatte sie ein wenig Angst vor dem Einschlafen, doch als sie wegdämmerte träumte sie nur von rosa Hunden und Wolken aus Zuckerwatte.

Die Legenden der Sagenwelt (vorläufiger Titel) *Leseprobe*Where stories live. Discover now