The Day We Met

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Right when I met you,

the day that I met you,

you turned my world around

('The Day We Met' - Anthony Hamilton)



Joshua

Er war spät dran. So richtig spät dran. An sich keine Neuigkeit, denn er war nicht gerade für seine Pünktlichkeit bekannt. Klar, wenn es um Jobtermine ging, schaffte er es schon immer irgendwie noch rechtzeitig zu kommen, doch dahinter steckte immer eine gewisse Menge an Stress. Sei es das zu späte aus dem Bett Springen, das Vergessen von Autoschlüsseln oder sonstigen Dingen, ohne die man nicht losfahren konnte, sodass man wieder in die Wohnung hetzen musste. Und natürlich die Ampeln, die sich in solchen Situationen standesgemäß immer auf rot befanden. Also ja, irgendwie schaffte er es immer gerade noch pünktlich zu offiziellen Terminen zu kommen, aber das wars auch schon. Was private Angelegenheiten anging, so hatten sich seine Familie und Freunde inzwischen schon längst daran gewöhnt, dass sie ihm seine Verspätungen nicht übel nahmen, außerdem war er auch nie wirklich richtig spät dran, sondern einfach etwas unpünktlich. Aber das war in Leipzig so, das war auch in Stuttgart so gewesen. Dort hatte er seine Leute, die ihn und seine Eigenarten kannten.

Jetzt aber befand er sich in München. Eine ganz neue Stadt und ganz neue Leute. Nicht nur irgendwelche Leute, es waren die Spieler - er konnte einfach immer noch nicht anders als zu staunen - des FC Bayern Münchens. Seine neuen Mitspieler. Er war jetzt auch Spieler des FC Bayern Münchens. Diese Tatsache ging einerseits runter wie Butter, andererseits versetzte sie Joshua auch immer leicht in Nervosität. Jetzt war eins dieser Momente, denn Thomas Müller - Thomas Müller - hatte ihn zu seinem Geburtstag eingeladen. Einfach so. "Wird ne nette Runde, bei schönem Wetter wird auch gegrillt werden, also es lohnt sich allemal.", hatte er zu ihm gesagt.

Und er? Er war natürlich viel zu spät dran. Auch wenn er Thomas eigentlich als recht locker einschätzte - wenn nicht Thomas Müller - wer dann? - war er nervös, dass seine Unpünktlichkeit als Gleichgültig- oder gar Respektlosigkeit aufgenommen werden würde und man ihn zukünftig von Privatveranstaltungen lieber fern hielt. Woher sollte Joshua schon wissen, wie die Dinge beim FC Bayern so liefen? Verärgert über sich selbst schüttelte er den Kopf, während das Navi ihm endlich anzeigte, dass er sein Ziel gleich erreichen würde.

Thomas wohnte genau wie Joshua es sich vorgestellt hatte;  in einem großen Landhaus, das mitten auf einem Hof stand, umgeben von weidenden Pferden.

Er schaltete schnell den Motor ab, griff auf dem Beifahrersitz nach der Flasche Wein und stieg hastig aus. Eine Flasche Rotwein. Was Unpersönlicheres hätte er seinem Mannschaftskollegen wohl kaum mitbringen können. Jetzt entspann dich, Kimmich! Hieß es nicht, dass man einen Egoboost bekam, sobald man beim besten Verein in der Bundesliga einen Vertrag unterschrieb? Die Unterschrift schien bei ihm ganz das Gegenteil bewirkt zu haben. Er war doch sonst nicht so unsicher!

Als er vor die Tür trat und klingelte, konnte er schon laute Musik und Stimmengewirr vernehmen. Immerhin schien er auf eine gute Stimmung anzutreffen, das würde vielleicht auch ihn in einem besseren Licht erscheinen lassen.

"Na, Joshua, dachte schon ich werde noch ein paar Jährchen älter, bevor du es schaffst dich zu uns zu gesellen!", empfing ihn Thomas, aber er grinste dabei sein unverwechselbares Müller-Grinsen, sodass sofort etwas Anspannung von Joshua abfiel. "Hey, tut mir echt leid, war wirklich nicht meine Absicht, aber ich...naja, sagen wir's wie's ist, ich hab einfach die Zeit falsch eingeschätzt." Ehrlichkeit währte doch immer am besten.

Night Changes (Joshua Kimmich)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt