Kapitel 7

24 3 0
                                    

Die Wege von Louis und mir trennten sich als ich ihm zum Sekretariat brachte.
»Danke, dass du mich heute mitgenommen hast. Echt nett von dir.« Er sah mit so einem liebevollen Blick zu mir hinunter, dass mein Herz gar nicht anders konnte, als einen Schlag auszusetzen. Am liebsten hätte ich meine Arme um seinen Nacken geschlungen und ihn zu mir gezogen. Selbstbeherrschung, Isabelle! Du kannst nicht jetzt schon über ihn her fallen! Vielleicht in ein paar Wochen! Eventuell! Aber noch nicht jetzt. So einfach zu haben, bist du nicht! ...oder?
»Kein Problem. Falls du irgendwelche Fragen hast, kannst du immer zu mir kommen.« Nun lächelte er bis über beide Wangen. Seine braunen Haare glänzten in dem künstlichem Licht des Ganges.
Sogar er hatte unfassbar gesundes und schönes Haar. Sowas fiel mir bei anderen immer sehr schnell auf, selbst wenn ich nicht aktiv darauf achtete. Ich war ein wenig neidisch. Meine Haare waren ziemlich trocken und lockig. Sie standen bei warmen Tagen wirklich in alle Richtungen ab. Doch zum Glück konnte ich sie mit einem leistungsstarken Glätteisen ein wenig im Zaum halten. So waren sie immerhin nur noch trocken, aber dafür umso mehr.
»Ich drücke dir die Daumen, dass du in die 10b kommst! Das ist meine Klasse. Und ich will ja nicht übertreiben oder so, aber wir sind die Besten.« Ich zwinkerte Louis zu, woraufhin er anfing zu lachen. Es war wie Musik in meinen Ohren. Sein Lachen war viel höher als seine normale Stimme, doch es klang trotzdem so richtig. Als würde es nur zu ihm passen.
»Hoffentlich habe ich Glück!«

Mit einem »Bis später!« verabschiedeten wir uns voneinander. Mit eiligen Schritten hastete ich den langen Flur entlang und erklomm die Treppen. Im zweiten Stock befand sich mein Klassenzimmer. Ob Ava schon hier war? Ich hoffte es! Ich musste ihr einfach von diesem Morgen erzählen! Zwar war nichts Großartiges geschehen, doch mit irgendjemanden musste ich meine Gefühle schließlich teilen. Und wer sollte sich dafür besser eignen als meine beste Freundin?

Im Klassenzimmer angekommen, entdeckte ich sofort die Rothaarige an ihrem Platz sitzen. Sie schrieb etwas in ihr Notizbuch. Währenddessen glitt ihr Blick verträumt immer wieder aus dem Fenster.
Als Ava mich entdeckte, grinste sie kurz und klappte ihr Ledernotizbuch zu. Was sie wohl zu verstecken hatte? Sie ließ mich nie hinein sehen. Es musste ihr ziemlich peinlich sein, denn eigentlich teilten wir alles miteinander.
Ich ließ mich auf den Holzstuhl neben ihr nieder und begann zu erzählen, was ich nun neues über Louis wusste. Und vor allem, wie er mich immer wieder an der Schulter berührt hatte. Ava hörte dabei aufmerksam zu.
»Und wie er dich mag! Sonst würde er dich nicht ständig anfassen! Das ist doch eindeutig!« Ganz euphorisch rutschte sie näher an mich ran.
»Bist du dir da sicher? Vielleicht macht er das bei jedem.« zweifelte ich. Nur, weil er mich ab und zu berührte, muss das noch lange nichts heißen. Außerdem war es auch nur die Schulter. Das kann auch rein freundschaftlich sein.
»Auf jeden Fall freue ich mich schon darauf ihn heute zu sehen. Weißt du schon in welche Klasse er kommt?« fragte Ava neugierig. Sie sah mir tief in die Augen. Das machte sie immer, wenn sie etwas unbedingt wissen wollte.
»Leider nein. Aber so wie ich mein Glück kenne, nicht zu uns.« seufzend steckte ich mich. Ich war noch müde, weshalb ich am liebsten direkt auf dem Tisch eingeschlafen wäre. Doch das hätte mir unsere Lehrerin übel genommen. Und zwar so sehr, dass sie mich mit einem Stück Kreide bewarf. Inzwischen hatte ich schon fast alle Farben des Regenbogens abbekommen. Es fehlte nur noch blau.
Sonst war sie aber tatsächlich eine sehr liebe und geduldige Frau. Nur beim Thema Höflichkeiten war sie furchtbar streng. Es war ja auch nicht sonderlich höflich einzuschlafen, während sie versuchte uns etwas beizubringen. Und dabei gab sie sich wirklich alle Mühe der Welt. Ich konnte es ihr also nicht wirklich böse sein.

»Da wäre ich mir nicht so sicher! Immerhin haben wir doch seit einem Monat einen Schüler weniger. Der Platz muss doch ausgefüllt werden.« Ava sah kurz auf den leeren Platz hinter uns. Dort saß bis vor besagtem Zeitpunkt Jonas. Zu uns war er immer total lieb, doch seine Aufmerksamkeit schenkte er nie dem Unterricht. Lieber spielte er währenddessen an seinem Handy, falls er überhaupt mal hier war. Und pünktlich zu den Halbjahreszeugnissen verschwand er spurlos. Niemand wusste genau wo er war, doch jeder hatte Theorien aufgestellt. Laut seinem Raucherkreis befand er sich im Gefängnis. Wegen Drogenhandel, glaube ich. Aber wirklich überzeugt davon war ich nicht.
Vielleicht lag das daran, dass ich ihn nie als kriminell einschätzte. Dafür war er viel zu zart. Zwar wollte Jonas es nie zugeben, aber er war ein unfassbar lieber Kerl und dazu noch ein hoffnungsloser Romantiker.
Er hatte mir nach den Weihnachtsferien erzählt, er hätte ein Mädchen in Dresden kennengelernt. Sie war lustig, klug, einfühlsam, wunderschön und das Beste: Sie mochte ihn auch. Bestimmt war er bei ihr. Anders konnte ich es mir gar nicht vorstellen.
Er war wirklich ein guter Freund, deshalb vermisste ich ihn sehr. Ich machte mir große Sorgen um ihn, aber er hätte nicht gewollt, dass ich nach ihm suchte. Sonst hätte er mir bestimmt mitgeteilt, wo er sich jetzt aufhielt. Doch nicht einmal seine Mutter oder seine Schwester wussten wo er war.
Hoffentlich meldet er sich bald wieder...

»Stimmt, aber die anderen Klassen haben auch noch ein paar freie Plätze.« Ich machte mir nicht gerne Hoffnung. Sie wurden meist schneller zunichte gemacht, als ich es überhaupt fassen konnte. Diese Enttäuschungen konnte ich noch nie gut verkraften. Sogar als Kind krallte ich mir immer sofort meinen Teddy-Bär und fing jämmerlich an zu weinen. Ich war wirklich eine Heulsuse. Aber ich konnte mit stolz behaupten, dass ich mich gebessert hatte. Nicht viel, aber zumindest ein wenig.
»Ich bin optimistisch.« behauptete Ava stolz von sich und damit hatte sie recht. Sie war das Musterbeispiel eines Optimisten und selbst, wenn etwas Schlimmes passierte, wurde sie davon nie aus der Bahn geworfen. Ich bewunderte sie dafür sehr. Ziemlich sicher lag es auch ein wenig an ihr, dass ich nicht mehr bei jeder Kleinigkeit sofort weinte. Dafür war ich ihr wirklich sehr dankbar.

Die Tür öffnete sich und ich war schon bereit meine Hefte und Bücher herauszuholen. Es fehlte schließlich nur noch unsere Lehrerin, jeder andere war bereits hier. Doch statt der Lehrerin betrat ein gut aussehender Junge mit wunderschönem hellbraunen Haar den Raum. Louis! Konnte das wahr sein? Ging er ab sofort wirklich in meine Klasse? Glückselig sah ich ihm hinterher wie er ein wenig verloren durch den Raum sah. Er hielt einen großen Stapel Bücher in den Händen. Sie waren schwer, doch er hielt sie mit einer Leichtigkeit, die mich faszinierte. Er war stark.

Ava stupste mich mit ihrem Ellbogen in die Seite, worauf ich zusammen zuckte. Sie holte mich aus meinen Tagträumen hinaus. Doch genau in diesem Moment blickte mich Louis mit seinen hellbraunen Augen direkt an.

Just an ordinary Love StoryTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang