Kapitel 8

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Der Dämon hatte "Kind" gesagt, das hieß dann wohl, dass einer der jüngeren von ihnen der Träger des "schmutzigen Bluts" war. Damit waren Molly und Harry schon mal raus. Übrig blieben Eloy, Dakota, Rico und Adriana. Das schien auch Dakota aufzugehen, denn sie fixierte Adriana. "Das schmutzige Blut ist einer von uns. Molly und Harry sind raus."

"Warum schaust du jetzt mich an?", wollte Adriana wissen.

"Du bist schuld, dass wir fast gefressen wurden. Vielleicht stehst du ja auf der Seite der Dämonen? Vielleicht bist du es auch, der einen Pakt mit denen da draußen geschlossen hat!" Dakota deutete auf das Fenster.

Diese Anschuldigung und der aggressive Tonfall machten Adriana beinahe sprachlos. "Spinnst du? Ich will euch doch nicht tot sehen? Und ich arbeite schon gar nicht mit Dämonen zusammen! Was denkst..." Ein ohrenbetäubendes Brüllen unterbrach Adrianas Redefluss. "Ich will dass mir jemand diesen Bastard Cruz holt! Er soll das schmutzige Blut töten!" Dämonenfüße flitzten über den Rasen, begierig darauf den Auftrag ihres Alphas auszuführen. "Verfolgt seine Spur vom Höllentor aus." Bei der Erwähnung des Höllentors, das die Bewohner von Portland auch Mystery Hole nannten, erschauderte Adriana. Man stelle sich nur vor, dieses Tor das sich während der fünf letzten Tage des Jahres abends öffnete, führte direkt in die Hölle... Früher hatten Engel parat gestanden, und zwar an allen Höllentoren der Erde, um die Dämonen zurückzudrängen, aber das war schon einige Jahre her...

"Wie auch immer." Dakota verschränkte die Arme vor der Brust. "Dann werden wir ja bald erfahren wer es ist. Dieser Dämon, den sie Cruz nennen, wird es wissen. Du kannst es uns aber auch gleich einfacher machen, dich deinen Dämonenfreunden stellen und zugeben, dass du es bist, Adriana. Bist du ein Halbdämon? Schließlich kennst du deinen Vater nicht, oder?"

Das war so unglaublich, dass es Adriana fast den Atem verschlug. Nie und nimmer war ihr Vater ein Dämon! Soetwas merkte man doch sicherlich, oder? Konnte man ein Halbdämon sein, ohne selbst davon zu wissen? Nach diesen Anschuldigungen, grenzte es an fast zen-artige Selbstbeherrschung, dass Adriana Dakota nicht an die Kehle sprang. "Nur weil ich nicht weiß, wer mein Dad ist, heisst das noch lange nicht, dass ich zur Hälfte Dämon bin! Eure Mütter hätten euch drei genauso gut darüber belügen können, wer euer wirklicher Vater ist!"

Eloy verzog das Gesicht. "Ich glaube kaum, dass meine Mutter mit einem Dämon..."

Beinahe lässig zuckte Harry mit den Schultern. "Alpha-Dämonen sehen beinahe menschlich aus, wenn man von der Hautfarbe, den Hörnern und den Flügeln absieht. Ab und zu kommt es schon zu Liebschaften zwischen ihnen und Menschen oder zu Vergewaltigungen. Irgendwie müssen Halbdämonen ja entstehen." Beinahe so, als müsste er sich übergeben, hielt sich Rico den Bauch

In Adrianas Kopf rotierte es. Das konnte nicht stimmen. Ihre Mutter und ein Dämon? Nein unmöglich.

Während sie noch vor sich hin grübelte, trat Dakota einen Schritt nach vorn und packte Adrianas Unterarm. "Du hast da doch so ein Muttermal..."

Vergeblich mühte sich Adriana ab, sich Dakotas Griff zu entwinden. Doch die hielt den Arm wie eine Boa Constrictor fest umklammert. "Lass das!" Doch Dakota dachte nicht im Traum daran jetzt aufzugeben. Im Gegenteil. Genau wie ein Bergarbeiter, der auf eine Goldmiene gestoßen war, hielt sie Adrianas entblößten Unterarm in die Luft. "Tadaa! Ein Mal. Wusste ichs doch. Das hatte ich schon mal bei dir gesehen. Wenn das kein Zeichen ist!"

"Spiel dich nicht so auf, Dakota." Rico trat zwischen die beiden Mädchen. "Das bedeutet gar nichts. Jeder hat doch irgenwo eine Narbe oder ein Muttermal."

Natürlich sah Dakota alles andere als überzeugt aus. "Und was ist mit dem Pakt? Woher sollen wir wissen, dass sie es nicht gewesen ist?"

"Ach Kinder, am besten beruhigen wir uns kurz alle." Molly hob beide Hände. Das bringt doch auch nichts. Noch scheint alles sicher zu sein. Falls die Dämonen wirklich beginnen die Mauern einzureissen, könnten wir uns zur Not noch in den Keller flüchten. Dort steht ein winziger Tresorraum, den man auch von innen verriegeln kann. Wir müssten zu fünft gerade so hinein passen." Harry nickte. "Ich mache uns jetzt erstmal allen eine heiße Schokolade mit Marshmallows um die Gemüter zu beruhigen."

Allerdings befürchtete Adriana, dass es bedeutend mehr als eine Tasse Kakao brauchte, um Dakotas aufgebrachtes Wesen zu beruhigen.

"Das ist noch nicht vorbei", zischte Dakota Adriana zu, so dass nur sie es hören konnte. "Ich finde schon noch raus, ob du auf der Seite der Dämonen stehst!"

Wie bitte? Zu entsetzt über diese Anschuldigung, als das sie etwas entgegnen konnte, starrte Adriana ihre frühere Freundin mit offenem Mund an. Das konnte nicht ihr Ernst sein!

Nach einem heftigen Blickduell fand sie letztendlich ihre Sprache wieder. "Wenn ich auf deren Seite stände, hätte ich sicher nicht Rico durch die Tür gezogen!"

Dakota machte eine wegwerfende Handbewegung. "Wenn du uns am Ende eh alle auslieferst, spielt das keine Rolle mehr."

"Was ist in dich gefahren? Wir sind... wir waren doch mal Freunde?"

"Du weißt ganz genau was passiert ist, Adriana!" Und damit warf Dakota den Kopf in den Nacken und stolzierte davon.

Hilflos sah Adriana sich um. Eloy war mit Molly und Harry in die Küche gegangen. Wo steckte Rico?

Sie entdeckte ihn auf einer Holzbank nahe der Eingangstür sitzend.

Den Kopf in den Nacken gelehnt starrte er die Wand an.

"Hey. Darf ich mich zu dir setzen?"

"Klar." Er rückte zur Seite.

"Du glaubst doch nicht etwa dass ich auf der Seite der Dämonen stehe, oder?"

Mit hochgezogenen Augenbrauen sah er sie an. "Du redest so einen Bullshit. Natürlich tust du das nicht." Er legte ihr einen Arm um die Schultern, was Adriana zum Anlass nahm, sich an ihn zu kuscheln.

"Wenn du mich fragst, sollten wir Dakota einen Maulkorb verpassen", murmelte Rico an ihrem Ohr.

"Ist irgendwas zwischen euch vorgefallen? Du musst nicht antworten, wenn es dir zu persönlich ist."

Ohne hochzusehen, spürte Adriana, wie sich Rico über die Stirn rieb. "Nein schon gut. Ich möchte keine Geheimnisse mehr vor dir haben. Gestern Abend... habe ich Dakota gestanden, dass ich in sie verliebt bin."

"Was?"

"Ja, ich weiß, das war ungefähr das Dümmste, was ich je getan habe. Und natürlich hat sie mich ausgelacht."

"Das hat sie nicht!" Augenblicklich wurde Adriana wütend.

"Doch. Aber ich bin selbst Schuld. Ich wusste doch, wie überheblich sie manchmal sein kann. Aus Wut darüber habe ich ihr an den Kopf geworfen... und das war noch dümmer, dass sie damit einen guten Freund verloren hat und deshalb während der Dämonentage ganz allein dastehen wird. Ich meine, jeder weiß doch, dass du und Eloy so gut wie zusammen seid..."

Adriana grunzte. Ja sicher... So hatte es vielleicht bis gestern ausgesehen. "Sind wir nicht."

"Aber ihr zwei... Au!"

Durch Ricos schmerzverzerrte Stimme alarmiert, fuhr Adriana hoch.

Wie in Trance sah sie mitan wie sich Rico zuerst über die Wade strich, als ob es ihn dort jucken würde und dann das Hosenbein aus braunem Cord nach oben rollte.

Dämonentage - Band 1 [Leseprobe]Where stories live. Discover now