Kapitel 3

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Die Sekunden flogen dahin, während Harry und Adriana an der Tür standen und in Richtung Park starrten. Die Dämmerung zog sich zu. Jede Sekunde breiteten sich die Schatten auf dem Rasen und der Wiese des Parks weiter aus. Die Parkbank vor dem kleinen Wäldchen, das zum Park gehörte und durch das Adriana gelaufen war, war kaum noch zu erkennen. Nur die Laternen auf dem Bürgersteig warfen hier und da einen Lichtkegel auf den Boden.
"Es ist soweit", meine Harry schließlich. "Ich muss das Sicherheitssystem austricksen. Hoffentlich sind keine Dämonen in der Nähe..." Er ging hinüber zu seinem Schaltpult. Der unausgesprochene Satz: 'Wir haben keine Wahl' hing in der Luft. Inzwischen hatten Adrianas Fingernägel tiefe Furchen in ihre Handballen gegraben. Das konnte doch nicht wahr sein. Wieso ihre Freunde? Warum war ihr nur dieser dumme Fehler mit der Karte unterlaufen?
Verdammt Adriana, die Dämonentage sind kein Kindergeburtstag!
Diese fünf Tage im Jahr waren tödlicher Ernst. Wenn Eloy, Dakota und Rico wegen ihr gefressen wurden, wollte sie selbst auch nicht mehr leben! Mit dieser Schuld würde sich nicht weiterleben können. Und das so kurz vor ihrem 18. Geburtstag! Welche Ironie des Schicksals! So kurz, bevor ihr das Erbe ihrer Mutter ausgezahlt wurde, zusammen mit einem Brief der hoffentlich mehr erklärte, als der letzte! Aber Erklärungen konnte sie im Himmel von ihrer Mutter auch persönlich einfordern, fiel ihr ein. Wenn sie erst von der nächsten Brücke gesprungen war...
Das Rolltor über der Tür bewegte sich. "Harry?" Adrianas Kopf schoss herum. Jetzt klapperte es auch vor den Fenstern im Wohnzimmer, als sich dort die stählernen Sicherheitsrolläden senkten. "Stop!" Adriana griff sich in ihre dunklen Haare, die schon völlig zerwühlt waren. "Haltet das auf!"
"Ich versuchs ja, aber irgendwas klemmt hier...", murmelte Harry.
Das Sicherheitsrollo hatte sich nun schon zu einem Viertel über sie Türöffnung gesenkt. Immerhin war das Tor an der Einfahrt noch offen.

In diesem Augenblick nahm Adriana eine Bewegung in den Büschen im Park wahr. Etwas kam durch den Park auf sie zu. Scheiße! Was wenn es ein Dämon war? Verwirrt warf sie einen Blick auf Harry, der nun wild auf das Schaltpult einhämmerte.
"Blödes Ding, mach endlich was ich sage!"
War es vielleicht besser, einfach das Sicherheitssystem alles verriegeln zu lassen, bevor ein Dämon angesprintet kam und Harry fraß? Das hatte ihr Gastgeber wirklich nicht verdient. Aber dann waren ihre Freunde auf sich allein gestellt.
Doch diese Entscheidung wurde Adriana abgenommen. Gerade als die Tür schon halb verriegelt war, sprangen ihre Freunde aus dem Dickicht des Parks. "Hier drüben! Schnell!" Adriana bückte sich, um unter dem sich unaufhaltsam weiter senkenden Stahltor, ihren Freunden zuwinken zu können. Dakota bemerkte sie als Erste und zeigte den Jungs wo es langging. Zu dritt rannten sie über die große Wiese des Parks auf die Auffahrt der Villa zu. Unruhig knetete Adriana ihre Hände. Das würde knapp werden. Ob sie es durch die immer kleiner werdende Türöffnung schafften? "Harry, der Stuhl!"
"Wie?"
Doch Adriana wartete nicht, bis er verstand, sondern zog den Metallstuhl einfach unter Harrys Hintern weg, um ihn zwischen Rollo und Türschwelle zu klemmen. Es funktionierte. Das Rollo ratterte, aber der Stuhl hielt es auf, so dass es nicht tiefer sank. Vorerst zumindestens... Schon wollte Adriana aufatmen, doch dann bemerkte sie dass der Stuhl sich bereits leicht verbog.
"Showtime", sagte plötzlich eine Stimme hinter ihr. Es war Molly. "Die Dämonentage haben soeben begonnen."

Dämonentage - Band 1 [Leseprobe]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt