1. Kapitel

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65 Kilometer, 1200kcal, zeigte meine Uhr an. Zufrieden trat ich noch einmal schneller in die Pedale, um die letzten hundert Meter bis nach Hause zu schaffen. Als ich von meinem Fahrrad abstieg, spürte ich ein leichtes Brennen in den Beinen. Ein sehr gutes Zeichen, dann hatte ich mich wohl genug angestrengt. Als ich mein Rad in die Garage schob, umfing mich ein leichtes Glücksgefühl. Das neue Rad war wie ein Rennrad, die Reifen waren jedoch auch für Waldwege geeignet. Der matte graue Rahmen hatte zwar schon jetzt einige Dreckspritzer, aber etwas Anderes konnte man bei dem Wetter diesen Frühling auch nicht erwarten. Die letzten Tage hatte es meistens geregnet, weshalb ich meine Radtouren durch Langstreckenläufe ersetzte, doch heute habe ich es nicht mehr ausgehalten. Als ich in die Küche kam, saßen dort gerade meine Eltern am Frühstückstisch, vor sich ein Berg von Pfannkuchen. Sie liebten diese Tradition, sonntags so ausgiebig wie möglich zu frühstücken und bis vor einigen Monaten fand ich das auch immer super.

„Willst du etwas?", wollte meine Mutter wissen. Ich wusste, dass sie das nur so sagte, sie wusste ganz genau, dass ich schon ewig nicht mehr an ihrem Ritual teilnahm.

„Nein, danke, ich habe vor dem Radfahren etwas gegessen", antwortete ich und machte mir noch einen Tee, den ich mit in mein Zimmer im Dachgeschoss nahm. Während dieser noch zog, statt den angegebenen fünf Minuten ließ ich ihn immer mindestens eine halbe Stunde stehen, zog ich mein tägliches Krafttraining durch. Ich hatte das Gefühl, dass mir das in den letzten Wochen noch schwerer fiel als davor, obwohl ich die Sequenzen nicht erhöhte. Nach einem kurzen Sprung unter die Dusche setzte ich mich im Bademantel auf mein Bett, griff nach meinem Handy und nach meinem Tee, der nun endlich die erwünschte dunkle Farbe und einen intensiven Geschmack hatte. Mein Magen knurrte trotz des Müslis heute Morgen und ich trank zunächst etwas Wasser, um den Hunger zu unterdrücken, bevor ich meinen Tee weiterdrank. Mein Handy zeigte neue Nachrichten von Leuten aus meiner Stufe und meinen Freunden an. Alle tauschten sich über das Abi aus, das nächste Woche anstand, sobald die Ferien vorbei waren. Trotz der panischen Nachrichten und verzweifelten Fragen zum Stoff, ließ ich mich von der Nervosität nicht anstecken. Ich war schon immer sehr zielstrebig gewesen und lernte sehr schnell und einfach. Ich hatte letzte Woche angefangen zu lernen, beherrschte den Stoff recht gut und wollte nun nur noch Übungsaufgaben und ein paar alte Abi Aufgaben machen. Zudem standen meine Pläne für nach dem Abi schon lange fest. Im August zog ich nach Hamburg, um mein duales Studium als Eventmanagerin beim Musical zu machen. Der Vertrag war schon längst abgeschickt und ich musste nur noch mein Abi bestehen. Trotzdem versuchte ich, meine Freunde etwas zu beruhigen, immerhin konnte man auch in der einen Woche, die uns noch übrigblieb, einiges schaffen.

Bevor ich mein Handy weg lag, um mich anzuziehen, checkte ich noch einmal die Terminliste für mein Turnier morgen. Ich plante alles sehr genau und hatte mich schon vor Wochen beim Münchener Tennis Cup angemeldet, aber erst gestern Abend erschien die Auslosung. Ich wusste, dass es sehr schwer war, zu gewinnen, vor allem, weil ich mit meiner LK 8 bei Weitem nicht zu den Favoriten gehörte, aber mein Ehrgeiz brachte mich zu allem Möglichen. Die erste Runde würde ich gegen eine mit LK 12 spielen, das war hoffentlich kein Problem. Wenn das so entspannt anfing, freute ich mich richtig auf morgen. Ich hatte mich in der letzten Zeit sehr verbessert, da ich sehr oft trainierte, auch als Ausgleich zum Lernen und erhoffte mir nun insgeheim, auch mal einen Pokal nach Hause zu bringen.

Am nächsten Morgen stand ich schon früh auf, um mich optimal auf den Spieltag vorbereiten zu können. Immerhin konnte nach einem erfolgreichen ersten Spiel direkt ein zweites folgen. Nach meinem Frühstück, dass heute aus Obst und Nüssen bestand, streifte ich meine Laufschuhe an und joggte die kleine Runde durch den Park. Für einen Montag war erstaunlich wenig los, aber mein Nachbar, der jeden Morgen mit seinem Berner Sennenhund spazieren ging, grüßte mich wie immer und wünschte mir im Vorbeijoggen noch einen schönen Tag. Eine halbe Stunde später stand ich wieder vor unserer Haustüre und überlegte schonmal, was ich anziehen wollte. Es war das erste Sandplatzturnier dieses Jahr und morgens war es noch etwas kalt, weshalb ich mich für eine lockere Sporthose, ein lockeres T-Shirt und meinen Lieblings Sportpulli von Lacoste entschied. Ich packte den Rest meiner Sachen zusammen und wollte schon „Tschüss" rufen, bis mir einfiel, dass meine Eltern wohl schon weg waren. Ich schloss die Türe hinter mir uns stieg auf mein Fahrrad- bis zum Tennisplatz brauchte ich ungefähr 20 Minuten und es hielt mich warm. Die ersten Sonnenstrahlen kamen hinter den Wolken hervor und zauberten mir ein Lächeln aufs Gesicht, obwohl es noch immer ziemlich kalt war. Als ich an der Ampel kurz vor dem Verein stand, schoss ein gelber Mustang von rechts in die Einfahrt. Das war so typisch, die ganzen jüngeren Tennisspieler waren so eingebildet und mussten immerzu protzen, ich hasste das. In meinem gedanklichen Schimpfen verpasste ich fast die Grünphase, merkte es aber gerade noch, da ein anderer Radfahrer mich genervt überholte.

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