+ Kapitel 31: We can live this live forever +

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Februar 2020


‚Nur ein Test!' (Ich, 10:22)
‚Ich hab mein Handy mitgenommen, Connor. Du kannst mir gerne trotzdem solche süßen Nachrichten schicken!' (Victoria, 10:35)


Ich fuhr. Natürlich fuhr ich, sonst würde es nur wieder ein großes Drama geben. Tori und die Straße, das waren einfach zwei Dinge, die nie zusammen passen würden, und so saß sie neben Chloe auf der Rückbank. Beide schliefen und wirkten so unfassbar friedlich und zufrieden. Und immer, wenn ich meinen Blick auf den Rückspiegel richtete und die beiden für eine Sekunde musterte, zogen sich meine Mundwinkel nach oben.
Es war falsch, einfach abzuhauen, aber es war das Richtigste, was ich hätte tun können. Gerade in dem Moment war es das Beste, zu verschwinden und Abstand zu gewinnen. Und vielleicht konnte ich wirklich mal aus dem Gedankenkarussell aussteigen und zu Atem kommen.
Ich schaltete das Radio ein wenig leiser und legte meine Hand dann wieder ans Lenkrad. Das sanfte Rauschen der Autos da draußen reichte mir gerade und je weiter ich Birmingham in meinem Rückspiegel zurück ließ, desto entspannter wurde ich. Es war wohl wirklich eine gute Idee.

„Tori. Du musst aufwachen", meinte ich leise, als ich die Tür hinter der Fahrerseite geöffnet hatte und meiner Freundin... meiner Frau ihre Haare aus ihrem Gesicht strich.
„Sind wir schon da?", frage sie verschlafen und ich musste lächeln. Sie sah ein wenig zerknautscht aus. Sie hatte aber auch ein paar Stunden geschlafen.
„Ja. Wir sind da und Chloe fängt an zu quengeln, weil du nicht wach bist", erwiderte ich und Victoria setzte sich gerade hin, schaute zu ihrer Tochter neben ihr, die vergnügt quietschte. „Wie konnte ich eigentlich nur eine Millisekunde daran gezweifelt haben?", fragte ich dann eher mich selbst als Victoria, aber sie schaute trotzdem zu mir.
„Ich weiß es nicht, Connor. Ich weiß es wirklich nicht", erwiderte sie. „Mir geht es ähnlich. Und ist schon alles sehr kitschig und melodramatisch", grinste sie, wahrend sie aufstand und zu mir nach draußen trat. „Es schneit."
„Ich hab dir versprochen, dass wir im Winter nochmal herkommen", erwiderte ich simpel und schloss die Autotür, bevor wir um das Auto herum gingen, um Chloe zu holen. Wir waren endlich angekommen.

„Das Sofa ist wieder da", war das erste, was Tori feststellte, als wir zu dritt das Cottage betraten, und ich lächelte. Es hatte also alles geklappt. „Wie hast du das gemacht?"
Ich zuckte nur mit den Schultern. „Betriebsgeheimnis. Sonst hat sich aber nichts geändert", murmelte ich und stellte unsere Koffer im Wohnbereich ab. Es war wirklich ein wenig wie Nach-Hause-Kommen, wenn wir hier waren. Unser zweites Zuhause, das nur uns gehörte und wo uns keiner störte.
„Ich hör auf, es zu hinterfragen. Du wirst mir ja eh nicht mehr erzählen. ... Machst du uns Tee, während ich ein wenig auspacke und Chloe stille?", fragte sie mich dann und ich nickte.
Routine. Alltag. Das, was ich gerade so sehr brauchte.
Und genau so wurde es gemacht. Wir hörten unseren Musikkanal im Fernsehen und bekamen immer noch keinen anderen guten Kanal rein. Ich kümmerte mich um den Tee, weil Tori immer noch keinen Tee kochen konnte, und es fühlte sich so an wie früher, als wir noch zu zweit hier gewesen waren.
Lange Spaziergänge um den See - dieses Mal gut in unseren Winterklamotten eingepackt und mit dem Kinderwagen - und endlose Gespräche, während wir immer weiter eingeschneit wurden und Chloe wohl zum ersten Mal wirklich Schnee sah. So in echt und in Farbe.

Wir kauften zusammen in dem kleinen Supermarkt ein und stritten uns darum, wer zahlte. Kletterten die knarzende Treppe hinauf, mit Chloe in ihrer Liege und äußerst vorsichtig, damit sie nirgendwo anstieß.

Wir spielten Schach und endeten wie immer im Unentschieden, weil wir selbst einfach nicht besser geworden sind. Und wir entdeckten immer mehr Sachen, die unserem Auge das letzte Mal verborgen geblieben war. Wie das Märchenbuch, das die Geschichte von Dornröschen erzählte und die ganze Zeit eingestaubt im hintersten Winkel des Schrankes stand - und das dann irgendwie in Victorias Koffer gelandet war.

Half way there (Connor Ball)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt