Forty ~ Little Kay

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Gerne würde ich diese Narben sehen. Liebend gerne würde ich jede einzelne Geschichte zur dementsprechenden Narbe kennen.

"Das mag jetzt vielleicht dumm und naiv klingen, aber warum machst du nichts gegen den Typen?" Kay schien leicht genervt, da er laut ausatmete und die Abendsonne zeigte mir sein Profil, welches nachdenklich nach vorne blickte. "Töte ich ihn, bin ich keinen Dreck besser als er."

Kurz machte er eine Pause. "Gehe ich zur Polizei, so buchten sie mich wahrscheinlich noch eher ein, als sie ihn finden würden."

Wir liefen an hohen Häusern vorbei und ich blickte immer wieder in die Gassen, welche ganz dunkel waren, wenn keine Sonnenstrahlen dorthin kamen.

"Ist es persönlich? Kennst du ihn?"

Kays Augen fixierten mein Gesicht und mir wurde unwohl, als mir klar wurde, dass er seine versteinerte, gleichgültige Miene aufgesetzt hatte.

Wenn man über dieses Thema sprach, konnte man den süßen, sanften Kay vergessen.

Er schüttelte den Kopf und nebeneinander traten wir einen Schritt zur Seite, als eine Gruppe mit Fahrräder auf uns zu kam.

Gab es für diese Idioten keine Fahrradwege?

"Weißt du, warum er es tut?" Mir entging nicht, wie Kay paranoid um sich schaute und sich immer wieder versicherte, dass ich neben ihm war.

"Weil-" Er stoppte, als er etwas anvisiert hatte.

Mit einer einfachen und wirklich unsanften Bewegung schob er mich in eine Gasse und stellte sich vor mich. Ich konnte nichts sehen, nur hören.

Ich spürte Kays Atem in meinem Gesicht und merkte, wie er mich immer weiter gegen die Wand drängte. "Weil er krank ist", flüsterte er und drehte seinen Kopf zur Straße.

Man hörte Stimmen.

Eine lauter als die andere und sie kamen immer näher. Der Schönling drehte sich wieder zu mir und sah auf mich herab. "Egal was du tust. Tu es schweigend."

"Wa-" Kay presste eine Hand auf meinen Mund und lehnte sich etwas weiter vor.

Die Stimmen waren nun ganz laut und ich verspürte aus irgendeinem Grund extreme Angst. Mein Puls schlug stark und meine Brust hob und senkte sich ruckartig.

Das einzige, was mich auf den Beinen hielt, war Kay. Dieser merkte, dass ich überfordert war und schlang langsam einen Arm um meine Wenigkeit.

Er zog mich enger an sich und schien selbst zu warten. Die Stimmen befanden sich nun direkt neben uns und irgendwas sagte mir, dass diese uns nicht entdecken sollten.

Instinktiv presste ich meine Augen zu und lauschte, wie die Stimmen langsam wieder leiser wurden.

Für eine lange Minute blieben wir beide ganz still, bis Kay langsam seine Hand von meinem Mund nahm. Ich suchte seine Augen und fand sie fast nicht, denn Kay wandte sich immer wieder von mir ab.

"Kay?" Er hob seine Hand und deutete mir ruhig zu bleiben. "Nicht hier."

Sanft nahm er meine Hand in seine und mit bedachten Schritten bewegten wir uns wieder zum Gehsteig.

Für einen kurzen Moment hatte ich Angst vor ihm.

So abwesend. So distanziert. Das kannte ich kaum von ihm.

Im Musikhaus war er immer laut und sorglos. Hier, auf der Straße, in einer Nachbarschaft, welche nicht von den feinsten Leuten bewohnt wurde, schien er gefühlslos und monoton.

Ich stolperte hinter ihm her und beim Club angekommen, riss er einfach die Tür auf und schritt ein. Es war ruhig, was Sinn ergab, denn es war noch zu früh für das Aufstarten der Boxen und Lichter.

"Meinst du, Luke hat etwas dagegen?" Ich holte wieder zu ihm auf und schmiegte mich an seinen Arm, denn gewisse Unsicherheit breitete sich in mir aus. "Nein, wird er nicht und wenn schon, dann muss er halt leiden."

Mit diesen Worten schloss er die Tür selbständig auf und ich begann mich zu fragen, ob er nicht doch irgendeine Magie besaß, denn wie zum Teufel konnte er so unbemerkt nach Dingen greifen?

Ich erinnerte mich daran, dass er ein geübter Dieb war und nickte mir selbst zu. "Trace?" Lukes Kopf zeigte sich im Eingangsbereich und als er Kay bemerkte, kam er zu uns.

Seine Augen fielen auf mich und ich lächelte schüchtern. "Aha..." Meinte der kleine Mann und verschränkte seine Arme auf seiner Brust. "Nur eine Bekannte, huh?" Er deutete auf unsere Hände, welche wir beide sofort auseinanderrissen.

Luke begann zu lachen und schüttelte seinen Kopf. Er kam auf mich zu und hielt mir eine Hand hin. "Tut mir leid. Unsere erstes Aufeinandertreffen hat stattgefunden, als ich schon ein paar Promille auf dem Tacho hatte. Nett dich kennenzulernen." Ich nahm seine Hand entgegen und nickte.

Meine Stimme?

Wo die war?

Wenn ich das bloß wüsste...

Jedenfalls wurde die Stille unterbrochen, als eine feine, piepsige Stimme ertönte. "Kway?"

Im Türrahmen erkannte ich die karamellfarbenen Wellen, welche auch Kay besaß und eins zu eins eine kleine Version von ihm kam uns entgegengewatschelt.

Das letzte Mal, als ich Toby gesehen hatte, was von weitem war, konnte man das schlecht erkennen, denn der Kleine trug dort einen Mini-Hoodie. Jetzt hatte er ein einfaches Shirt an und eine Stoffhose.

Mit ausgestreckten Armen tapste er auf den großen Grünäugigen zu und hatte ein riesiges Grinsen auf den kleinen Lippen.

Der Kleine ließ mehrere laute aus seinem Mund fliehen, als Kay ihn hoch hob und seine Miniversion die kurzen Arme um seinen Nacken legte.

Ich stand einfach dort und schmolz dahin. Es war einfach Zucker. Luke stellte sich neben mich und sah ebenfalls zu den Brüdern.

Toby kuschelte sich gegen seinen großen Bruder und hatte die Augen geschlossen. Ich konnte mir gut vorstellen, dass er müde war, denn es wurde langsam schon dunkel draußen.

"Und? Was hast du heute gemacht?" Kays Stimme war ruhig und gelassen. Sein Gesicht zeigte keinerlei Spannung und Stress.

Seine Aufmerksamkeit galt bloß seinem Bruder und mit einem sanften Lächeln blickte Kay auf Toby, als dieser sich einfach weiter an ihn kuschelte.

Ganz ehrlich?

Same...

"Ich habe dwen gwanzen Twag mit Luwkey und Twaktow gemawt und dwann sind wiw kuwz waus, weil dwaußen wiedew dwie Kwatze waw." Ich unterdrückte einen lauten Seufzer, den sein Lisp war einfach das niedlichste, was ich je gehört hatte.

Die Tatsache, dass er Trace Traktor nannte, machte alles nur noch besser und ich bekam Mutterinstinkte.

Ich wusste nicht einmal, dass ich die schon hatte.

Mein Herz blieb stehen, als die Brüder synchron ihre Köpfe in meine und Lukes Richtung drehten.

Exakt dieselben grünen Augen. Genau die gleiche Stupsnase.

Ich drohte umzukippen.

Ich möchte anmerken, dass Toby Entwicklungsprobleme erleidet, da er unter anderen Umständen aufwächst

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Ich möchte anmerken, dass Toby Entwicklungsprobleme erleidet, da er unter anderen Umständen aufwächst. Mir ist bewusst, dass ein 4-5 Jähriger sprechen kann. Nur ist Toby etwas unterentwickelt.

KayWhere stories live. Discover now