Regentropfen

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Die Regentropfen suchten sich alle ihren eigenen Weg auf der Fensterscheibe. Es sah aus, als würden sie tanzen. In Harmonie und Einklang. Ihre Wege kreuzten sich, aber sie verließen auch den gemeinsamen Weg wieder bis sie wieder zusammen fanden und zusammen in Masse verschwanden. So war auch die Realität. Im Leben gibt es immer jemanden, der deinen Lebensweg verließ, aber auch wieder hinein fand. Jemand, mit dem du viele Erinnerungen teilst, aber nicht alle. So war es auch bei mir und Ihr. Unsere Wege hatten sich getrennt, nachdem wir unsere Liebe in verschiedenen Dingen fanden. Jedoch waren wir beide derselben Meinung – wir wollten den Idealen nie folgen. Wir wollten einfach nicht wie jeder sein. Nicht wie jeder irgendwann einen eintönigen Alltag erleben. Uns war beiden klar, dass man die Liebe des Lebens nicht in einer Liebesbeziehung finden musste. Das was wir taten sollte uns erfüllen, wir sollten es lieben. Theresa und ich fanden diese Art von Liebe auch, jedoch in verschiedenen Dingen. Da trennten sich unsere Wege, ohne das wir wussten, dass wir uns je wieder sehen würden – vor allem nicht unter diesen Umständen. Sie fand ihre Liebe tatsächlich in einem Menschen, ich dagegen fand sie im frei sein. Ich wollte mich nie fest binden, nie am gleichen Ort lange verweilen. Ich wollte die Welt sehen. Und das Tat ich auch und bin immer noch verdammt stolz darauf. Ich hab mein Ziel erreicht, ich habe meine große Liebe gefunden. Wir hatten uns beide der Gesellschaft gestellt, auch wenn wir anfangs gedacht hatten, dass wir aus diesem Gefängnis nie rauskommen würden. Die Erwartungen von anderen haben wir missachtet, alle haben uns verachtet, weil wir nie das getan hatten was wir sollten. Wir haben es überlebt, auch ohne guten Schulabschluss, ohne jegliche Ausbildung. Wir wurden verurteilt, nur anhand von Fakten. Niemand hatte uns gefragt, warum wir es taten – aus einem ganz einfachen Grund, aus dem Grund, dass wir sterben werden. Dies wussten wir beide schon früh, die Hoffnungen auf Genesung waren schon lange gestorben, da es chancenlos war. Wir akzeptierten dies und bemerkten unseren tatsächlichen Wunsch – wir wollten den Rest unserer Zeit leben.

Und genau dieses Schicksal hatte uns wieder zusammengebracht. Wir wollten Erinnerungen sammeln, so viele wie es nur ging. Also gingen wir los und sammelten einzeln unsere Erinnerungen, damit wir sie zusammentragen konnten. Sie und ich haben endlich den Punkt erreicht an dem wir zufrieden sind. In dem jungen Alter scheint dies eine leichtsinnige Idee zu sein, aber das Leben wollte uns nicht mehr Zeit schenken und wir wissen das zu schätzen. Wir werden nichts missen, da wir alles erlebt haben was wir wollen.

Und dann kam dieses eine Gefühl. Das Gefühl, dass man bereit ist um zusammen wie die Regentropfen zu verschwinden, zu sterben und irgendwas zu bewirken. Zu zeigen, dass man nicht trauern sollte, egal welches Schicksal man besaß. Vielleicht war es genau dieser Grund warum wir zusammen fanden. Wir trugen die eigentliche Erfüllung in uns, wir sollten stark sein um anderen die diese Stärke nicht besaßen zu helfen. Wahrscheinlich bewegen wir nur wenige Menschen, aber wenn dies immer weitergegeben wird, bewegt es die Welt. Öffnet die Augen und alles wird gut werden.

Midnight thoughts Where stories live. Discover now