In Philosophie musste ich immer an Ardan denken. Er hätte sich sicherlich die meiste Zeit gemeldet, andere Sichtweisen hineingebracht und die Fragen unseres Philosophielehrers richtig beantwortet. In Geschichte habe ich mich versucht zu beherrschen, weil Didems Stimme so unfassbar schrill ist. Jetzt sitzt noch ihre ballonköpfige Freundin neben ihr und krächzt jedes Mal mit Didem, die Hausaufgaben vortragen zu wollen. Gott, können Menschen nervig sein. Aber jetzt bin ich endlich befreit und kann mich auf das Lernen mit Ardan freuen. Wenn ich dieses Gauß-Verfahren kann, dann habe ich eigentlich nichts zu befürchten und kann mir sogar Hoffnungen auf eine Vier machen. Das wäre doch echt ein Erfolg. Meinen Brüdern schreibe ich, dass sie mich nicht mitnehmen müssen, da Yasmin mich fährt - mal wieder ist sie mein Alibi. Dieses Mal bin ich übervorsichtig und steige hinten bei Ardan ein, damit ich mich auf den drei Sitzen hinlegen kann, sodass ich nicht gesehen werde. Auf den Aufnahmen hat man zum Glück nichts gesehen. Es ist sogar einmal ein Blatt vor die Kamera geflogen und ich glaube, es war genau der Moment, wo Ardan mich küssen wollte. "Hast du Unterleibsschmerzen, Mopsi?" "Mir geht es gut." Er summt zufrieden. "Hast du Hunger?" "Ein wenig. Ich habe zu Hause ein Brot gegessen." "Gleich wirst du aber auch bei uns essen. Ich lasse meine Mopsi nicht ohne Essen zurück nach Hause. Eigentlich will ich dich gar nicht nach Hause lassen, aber man bedenke deine Eltern." Oh, mir kommt da eine Erinnerung in den Sinn.

"Einmal habe ich vergessen, Bescheid zu geben, dass ich in die Stadt gehe. Meine Mutter ist durchgedreht und mein Vater ist mit den Hunden überall hingefahren, um mich zu finden. Als sie mich gefunden haben, waren beide total aufgelöst. Mein Handy war noch ausgeschaltet von der Klassenarbeit. Ich dachte, ich hätte ihnen am Vortag Bescheid gegeben, aber anscheinend habe ich es mir nur eingebildet. Mama ist schon fast wahnsinnig geworden deshalb." "Verständlich. Ich würde mir auch große Sorgen machen." Er fährt in die Garage. "So, Mopsi, aber jetzt brauchen wir uns nicht zu fürchten. Hoch mit dir, wir essen jetzt." Ich rieche das leckere Essen schon außerhalb des Hauses. Was hat die Mutter heute gekocht? Ardan schließt die Tür auf. Beim Eintreten rieche ich es intensiver. "Ardan? Hast du Cana abgeholt?" "Ja, hat er", lächele ich. Die Mutter kommt freudig auf uns zu und umarmt mich. "Hallo, Liebes. Ich hoffe, du hast Hunger. Setzt euch, die Burger sind fertig." Ardan kriegt einen Kuss auf die Wange und gibt ihr ebenfalls einen Kuss. Das ist echt niedlich. "Was?", fragt er verlegen. "Nichts, es ist nur echt süß, euch so zu sehen." "Ich bin immer ganz stolz, wenn Ardan mir ein Küsschen gibt. Er ist mein kleiner Wonneproppen." Die Mutter tätschelt seinen Po. Ardan weicht entgeistert zur Seite. "Wieso zierst du dich so? Als du noch ein Baby warst, habe ich deinen Po immer eingecremt. Er wurde immer so schnell wund untenrum", erzählt sie mir. Ich lache. "Mama", murrt er. Seine Wangen werden leicht rosig. "Aber jetzt wirst du nicht mehr wund, oder?" "Nein!" Er flüchtet vor den Sprüchen seiner Mutter und unserem Gelächter in die Küche.

"Und du kannst das essen?" Ardan nickt. "Es ist mediterran. Das ist die Küche, die für mich vorgeschrieben ist." Ouh, ich lerne immer wieder Neues dazu. "Ach so ... also ist da ein Unterschied zu diesem Burger und zu normalen Burgern?" Ardan nickt. "Dieser ist gesünder. Man arbeitet mit viel und frischem Gemüse, Olivenöl, Fisch und Meeresfrüchten." "Aber das ist doch Hähnchen." Ardan schmunzelt. "Auch ich darf es mir das eine oder andere Mal erlauben." "Hier, Cana, du kannst dir aussuchen, was du dir draufmachen willst. Magst du Ketchup?" "Ich bevorzuge Mayo, aber Ketchup geht auch." Und schon holt sie beides hervor. "Und was ist das?" Ich zeige auf die weiße Creme in der Schüssel. "Aioli, willst du auch?" "Oh, ja! Ich liebe Aioli." Ardan übernimmt das ganze Belegen für mich. Er macht auch alles so behutsam, als ob es jederzeit zerbrechen könnte. Ich entspanne mich unwillkürlich dabei, als er die Tomatenscheiben auf das Fleisch legt. "Bitteschön, Mopsi." Als er meinen verträumten Blick bemerkt, lächelt er. "Ihr seid auch zu süß." Ouh, die Mutter habe ich gar nicht bemerkt. Meine Wangen erhitzen, weil sie mich beim Starren beobachtet hat. "Ich muss einfach Bilder von euch schießen. Ich kann es nicht sein lassen." Und schon schießt die Mutter motiviert Fotos von uns. Ardan muss seinen Arm um mich legen und auf Befehl den Burger zu meinem Mund führen. "Jetzt noch einen Kuss für die Kamera."

HerzensdiebWhere stories live. Discover now