Kapitel 5

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Hudson Moore - Other Side

Ich verlasse mit Dilan den zweistündigen Pädagogikunterricht und laufe in die Mensa. In meinem Kurs ist diese Didem mit ihren Freundinnen und ihre Blicke lagen auf mir und Dilan. Ihre Stimme ist so verdammt nervig. Die Intonierung ist so schief und immer in die Länge gezogen. Sie redet echt wie man sich vorstellt, wie ein Asi-Mädchen spricht. Ich kaufe mir am befüllten Kiosk ein Schokobrötchen und einen Durstlöscher und laufe hoch in die Mensa für die Oberstufenschüler. "Die haben mich so genervt", seufzt Dilan. Ich schaue sie abwartend an, während ich esse. "Na, diese Didem und so. Ich habe mit einigen aus der Stufe kurz geredet und die meinten alle, dass sie und ihre Freunde voll komisch und falsch sind." Gut zu wissen. Ich nicke einfach nur. Ramzi hat die ersten montags frei, genau wie Miran und Amal. Yasmin hatte bis jetzt Erdkunde und steuert auf unseren Tisch zu. Und Ardan? Ich spitze meine Lippen. Er ist ein Nachbar, der etwas weiter weg wohnt - das hätte ich nicht gedacht. "Dein Schnuckiputz ist in meinem Erdkundekurs." Ich schaue Yasmin mit zusammengezogenen Augenbrauen an. "Ardan", säuselt sie. Ich verdrehe meine Augen und muss schmunzeln. Also müsste er hier sein. Aber wo ist er? "Wie ist Erdkunde?", frage ich und schaue zur Tür. Er kommt gerade rein! Ich mache mich unauffällig kleiner und höre Yasmin zu, die mir erzählt, dass es ihr bis jetzt sehr einfach fällt. Ardan setzt sich mit seinem Handy in der Hand einen Tisch vor uns hin. Er hätte auch hierhinkommen können, aber er ist anscheinend zu beschäftigt. Na ja, es ist besser, wenn er dort ist.

Ich spiele an meinem Armband herum, weil ich nicht nach vorne schauen will. Dieses plötzliche schüchtern Sein ist mir echt nicht geheuer. Es ist nur ein Junge, der drei Jahre mit mir in einer Stufe sein wird. Solche Jahre können echt schnell vergehen. Kaum versehe ich mich und schon bin ich in der zwölften Klasse. "Sollen wir nun am Freitag bowlen gehen?", frage ich. Dilan nickt, genau wie Yasmin. "Bowlen bockt sich. Pins Bowl-Bar-Restaurant ist gut. Die haben amerikanisches Essen", erzählt Yasmin. Ein Stuhl wird zurückgeschoben und diese Didem steht auf und geht auf Ardan zu. Sie hat echt große Brüste. Ich spitze meine Lippen. Ihr grünes Oberteil stört mich. "Ardan, wieso so alleine hier?", fragt sie. Ihre Stimme wird von Mal zu Mal nerviger. Er schaut überrascht zu ihr auf. Muss er sie so nett anlächeln. Die Mädchen drehen sich zu den beiden um und summen nachdenklich. "Willst du zu uns kommen?" Nein! Ich spiele ungeduldig an meinem Armband herum und zwirbele meine Babyhaare. "Ich-, ähm", setzt er an und dreht sich zu mir. Oje, mein Bauch fühlt sich komisch an. Er winkt mir, weshalb sich beide Mädchen mit einem krankhaften Grinsen zu mir drehen. Verlegen winke ich zurück. Didem schaut mich trocken an und deshalb schüttele ich fragend den Kopf. "Das ist nett, aber ich gehe zu ihr." Wieder lächelt er freundlich und steht auf. Yasmin und Dilan machen Knutschgeräusche und Didem schaut Ardan entsetzt hinterher, ehe sie mich finster ansieht. Mein Gott, was will sie? "Haben wir ein Problem?", frage ich ganz trocken. Mama würde mich jetzt anfeuern. Statt zu antworten, ignoriert sie mich und geht zurück zu ihrem Tisch.

Ardan dreht sich verdutzt zurück zu mir und setzt sich zwischen mich und Yasmin, die er begrüßt, genau wie Dilan. Ich spiele an meinem Armband herum und schaue Dilan warnend an. "Hishba", fordere ich auf Kurdisch von mir. Sie soll bloß nichts sagen und auch bloß leise sein, denn es könnte sehr peinlich werden. "Tu dile-," "Maul", murre ich. Ich weiß, dass sie sagen wollte, dass ich sein Herz bin. Dilan nickt verkniffen. Ich atme tief durch und zwirbele meine Babyhaare mit der linken Hand, sodass mein Gesicht ein wenig verdeckt wird von der Seite. Er ist wieder an seinem Handy und legt es dann weg. "Und hast du mir jetzt verziehen?" Oh Mann. Ich hebe den Blick an. "Ich frage dich von mir aus jeden Tag, bis du mir verziehen hast." Er lächelt und ich muss es erwidern. Innerlich motiviere ich mich, mich zusammenzureißen und wieder selbstbewusster zu werden. Na ja, was soll ich darauf antworten? "Nein, noch nicht." Überrascht hebt er seine Augenbrauen. "Wieso?" "Ja, wieso?", will Dilan wissen. Ich zucke lediglich mit meinen Schultern. "Muss ich dir mein Herz geben, damit du mir verzeihst?" Ich nicke schmunzelnd. "Oh Mann, das kann aber dauern." "Das kriegt Canas Mutter aber bestimmt hin", mischt sich Yasmin ein. Müssen die beiden hier sitzen? "Wie? Ist deine Mutter Ärztin?" Ich nicke stolz. "Die Beste, die es gibt." "Und sie ist Kardiologin?" "Herz-Thoraxchirurgin unter anderem." Seine Augen weiten sich. "Wow, das muss man erst hinkriegen. Respekt, willst du auch Ärztin werden?" Ich nicke freudig. Das wäre das Beste, was mir passieren könnte. "Und du, Ardan?", fragt Yasmin, zu der er schaut. "Ich weiß es noch nicht ganz. Ich habe ja noch drei Jahre Zeit, um über alles und jeden zu entscheiden." Er lächelt. Er lächelt immer und viel und es sieht immer so schön aus - reine Tatsache.

HerzensdiebWhere stories live. Discover now