Kapitel 1

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Linda rollte ihren Schlafsack zusammen und versuchte ihn in die enge Stoffhülle zu quetschen. Corvin hatte darauf bestanden, dass sie zum Frühstück blieb, doch sie wollte sich nicht noch weiter durch schnorren. Als sie alles eingepackt hatte, umarmte sie Corvin noch einmal zum Abschied.

»Pass auf dich auf Linda, es ist gefährlich da draußen.«, warnte Corvin sie noch einmal. Er hatte sie in sein Herz geschlossen.

»Corvin, ich bin jetzt schon seit einem Jahr unterwegs, ich weiß was ich tue. Bis bald.«

Linda lächelte und schloss die Tür hinter sich. Ein Jahr ist vergangen, seitdem sie mit achtzehn weggegangen ist. Es war gut so, denn sie war nun mal nicht wie ihre Schwester oder wie ihre Mutter oder wie sonst jemand. Sie wollte Linda sein. Mit Farbe in den Haaren und Springerstiefeln an den Füßen. Nun stand sie vor Corvins Haus am Straßenrand und streckte den Daumen zur Straße hinaus. Nach fünf Minuten hielt auch schon der erste an und fragte in gebrochenem Englisch, wo sie denn hin wolle.

»Bring mich einfach in die Innenstadt.«, antwortete Linda und öffnete die Tür. Der Rumäne machte sich schon wieder zum Fahren bereit und sie stieg ein. Ihren großen Rucksack stellte sie auf ihre Füße. Sie brauchte noch neue Haarfarbe, nur war sie nicht ganz sicher ob ihr Geld reichte. Sie öffnete ihre Jacke und zog ihre Geldbörse aus der Innentasche. Zehn Euro. Das hieß, wenn sie noch etwas zu essen wollte, musste sie noch arbeiten.

»Scheiße!«

»Was sagst du?«

»Ach nichts, ich habe nur auf deutsch geflucht.«

Ein zustimmendes Gemurmel kam von Lindas Gesprächspartner. Sie steckte ihr Portemonnaie wieder weg und konzentrierte sich auf die Landschaft.

Als sie das Zentrum Bukarests erreichten, hielt das Auto und Linda bedankte sich. Keine Antwort. Sie stieg aus und schloss die Tür. Im nächsten Moment war das Auto verschwunden. Inzwischen war es schon fast Mittag und ihr Magen grummelte. Sie blickte sich um, ein paar Meter entfernt war ein kleines, schäbiges Restaurant. Wenn sie eins gelernt hatte, dann dass diese Art von Imbiss immer Tagelöhner aufnimmt und das zweite war, dass man jede Chance nutzen musste. Sie öffnete die Tür des Lokals und ein warmer Luftstrom kam ihr entgegen, der nach Frittenfett und billigem Kaffee roch. Immerhin besser als der Teergeruch und die erstickenden Abgase draußen. Mit einem aufgesetzten lächeln ging sie zur Theke und setzte sich auf einen Barhocker. Kurz darauf erschien ein Mann aus der Küche, der einen ungepflegten Bart und schmierige Haare hatte. Er muss so Mitte 40 gewesen sein.

»Entschuldigung, haben sie vielleicht Arbeit, die ich ihnen abnehmen könnte für diesen Tag?«

»Tut mir Leid, junge Dame. Wie du siehst, haben wir gerade nicht so viel Kundschaft.«

Er machte eine ausladende Geste in Richtung, der Tische, von denen keiner besetzt war. Linda schaute sich um und ihr fiel erst jetzt auf, dass hier niemand anders war.

»Stimmt.«, sagte Linda nachdenklich und wandte ihren Kopf wieder zu dem Mann. Er setzte nun ein Grinsen auf, welches Linda erschaudern ließ.

»Ich könnte dir aber ein Essen spendieren, wenn du heute Abend nochmal wieder kommst und einige andere Arbeiten für mich erledigst.«

»Ich werde meinen Körper nicht verkaufen.«, sagte Linda bestimmt. Es war nie eine Option für sie gewesen sich zu prostituieren. Doch plötzlich legte der Kerl seine Hand auf ihren Arm.

»Es ist doch nicht so...«

»Pfoten weg!«, unterbrach sie ihn und schlug ruckartig seine Hand weg und sprang von dem Hocker auf. Er probierte jedoch erneut sie an zu fassen.

This asshole stole my life. (On Hold)Where stories live. Discover now