Da ich noch genügend Zeit habe, gehe ich einen kleinen Umweg durch den Wald.

Im Wald riecht die Luft würzig nach Kiefernnadeln, nasser Erde und frischem Laub. Es duftet nach kaltem Herbst. Ein Geruch, den ich nicht anders zuordnen kann. Gestern hat es geregnet und dementsprechend matschig ist der Boden. Meine hellen Schuhe werden dadurch leider ziemlich schmutzig.

Ich fühle mich wohl in dieser Umgebung. Es ist angenehm ruhig. Hier und da zwitschern Vögel, die Zweige unter meinen Füßen knacken und bei jedem Luftzug, raschelt das Gebüsch.

Niemand, der mich stört. Nur die Natur und ich. Es fühlt sich gut an. Es fühlt sich richtig an. Es ist befreiend.

Schneller, als mir lieb ist, endet das kleine Waldstück und ich komme wieder an einer stark befahrenen Straße an.
In vermisse die Stille und die Ruhe jetzt schon.
Der Lärm, den die vielen Fahrzeuge verursachen, bereitet mir Kopfschmerzen.

Wenige Minuten später kommt der Schulhof schon in Sicht und der Duft nach exotischen Früchten und Blumen, der in Massen von den vielen Mädchen überall versprüht wird, treibt mir Tränen in die Augen und nimmt mir fast die Luft zum Atmen. Es fühlt sich, an hätte ich Rauch eingeatmet und dementsprechend werden meine Atemwege schmerzhaft trocken und rau.

Diese Mädchen übertreiben aber nicht nur mit ihrem Deo, sondern auch mit der Spachtelmasse in ihren Gesichtern. Als wären sie ihre Schminke von Karneval nicht losgeworden. Dezent oder natürlich sieht jedenfalls anders aus. Ich kann es gar nicht anders beschreiben. Sie sehen für mich aus, wie weibliche Clowns. Traurige, Mädchen, die kostümiert, durch die Gegend wandeln.

Aber sie würden sich wohl nicht so bunt anmalen, wenn die Typen nicht drauf abfahren würden. Ich habe jedoch den Eindruck, die Jungs nehmen, was sie kriegen und sind dabei offensichtlich recht hemmungslos.

So unauffällig wie möglich, versuche ich an der großen Gruppe vorbei zu kommen, ohne Aufmerksamkeit geschenkt zu bekommen.
Wenn mein Leben nicht so erbärmlich wäre, wie es ist, hätte ich ihnen schon längst die Stirn geboten, aber ich bin leider nicht so mutig und mir fehlt die innere Stärke, um mich zu wehren.

Jenna, eines der Mädchen, das aussieht, wie eine aufblasbare Gummipuppe, stakst wackelig auf ihren Highheels in meine Richtung und sieht dabei nicht sehr gut gelaunt aus. Friert sie denn nicht?

Na super...

Absichtlich beschleunige ich meine Schritte, aber Jenna, das Miststück, zieht die Schuhe im Laufen aus und rennt barfuß weiter.

Bevor ich auch nur in die Nähe der Türen vom Schulgebäude komme, werde ich von hinten gepackt. Jenna hat nach meiner Kapuze gegriffen und dabei auch ein ganzes Bündel Haare in die Finger bekommen, woran sie mich nun ordentlich reißt.

>>Wenn ich dich rufe, hörst du, kapiert?<<, flüstert sie bedrohlich in mein Ohr und ich spüre ihren warmen, ekelhaft feuchten Atem an meinem Hals.

Beinahe muss ich würgen.

Aus Reflex wegen dem Schmerz, schreie ich kurz laut auf und knurre dann wütend. Daraufhin lacht Jenna wie eine Irre und dreht mich um, sodass ich in ihre langweilig braunen Augen sehen muss und ihrem hasserfüllten Blick nicht ausweichen kann.

Um ihr zu entkommen, versuche ich ihren Arm weg zu schlagen, lande aber auf ihrem Push-up-BH, der wohl das meiste federt, denn sie scheint davon nichts mitzubekommen, sondern zerrt mich weiter Richtung Schülermasse, die nach und nach um mich herum größer wird.

Wissend, dass ich mich zurück halten muss, macht mich wütend. Die Lykanergene meines Vaters sind bei mir sehr stark ausgeprägt. Hätte Judd sich nicht meiner erbarmt, wäre ich wohl rudellos geworden, denn mein Vater war mein letztes Rudel gewesen. Das Rudel, jenes Judd von seinem verstorbenen besten Freund und Alphawolf Richard übernommenen hat, vor über zehn Jahren, leitet nun er als stärkster Betawolf. Sobald der nächste Alphawolf geboren wird, muss er es an diesen abtreten. So will es das Gesetz der freien Wölfe.

ℓℴ𝓋ℯ 𝑚𝑒 𝚛𝚒𝚐𝚑𝚝Where stories live. Discover now