Die Schneediebe

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Das Universum ist endlos und so ist es auch die Zeit. Dennoch zieht es den Doktor stets zurück zur Erde. In jede Epoche. In jedes Land. Der Beschützer der Welt taucht immer wieder auf. Mit vielen Gesichtern. Manchmal mit und manchmal ohne Begleitung. Doch eines ist sicher: wo er ist, da stimmt etwas nicht. Und er ist gekommen, um zu helfen. Der letzte Timelord. Der einsame Krieger.

"Wo sind wir?", fragte ich, kurz nachdem das Geräusch der Tardis abgeflaut war. Das Geräusch, dass den Menschen in Not stets Hoffnung brachte. Das surrende und schleifende Geräusch, dass Licht in jede Dunkelheit brachte. "Erde. London", sagte mein Gegenüber grinsend. "Okay. Und wann sind wir?", fragte ich neugierig. "Das Jahr 5000. Wir haben.. Dezember. Hervorragend. In zwei Tagen ist Heiligabend. Ich bin gespannt, warum sie uns hergebracht hat", meinte der Doktor gedankenverloren, aber sein Grinsen zeigte ebenso Neugier als auch Abenteuerlust. Der Doktor. Das war der Mann mit der Fliege. Er aß am liebsten Fischstäbchen mit Vanillesoße und konnte an keinem Fez vorbeigehen, ohne ihn wenigstens einmal aufzusetzen. Sein braunes Haar war zur Seite gekämmt und spiegelte aber auch die ungestüme Art von ihm wider, obwohl es so ordentlich lag. Er war so unfassbar clever und konnte doch so kindisch sein. Eine Art, die einen einfach nur mitreißen konnte. Ich bin Maya, seine Begleiterin. Nachdem Daleks den Planeten angegriffen hatten, begegnete er mir... vielleicht auch ich ihm... und gemeinsam besiegten wir sie. Seither begleitete ich ihn und hatte viele Abenteuer erlebt. Eines war mir schnell klar geworden: er tauchte immer dort auf, wo es Ärger gab. Doch war er ebenso ein Held. Ein stiller Held im Schatten, den keiner bemerkte und den man schnell vergaß. Ich jedoch nicht.

Ich grinste ihn an bevor ich die Tür seines Raumschiffes mit dem mir wohlbekannten Quietschen öffnete und hinaustrat. Kurz darauf streckte ich meinem Kopf wieder zu ihm hinein. "Sagten Sie nicht es sei Dezember und kurz vor Weihnachten?", fragte ich. "Ja. Wieso?", fragte er und trat nun ebenfalls hinaus. "Wo ist dann der Schnee?", erwiederte ich leise. Wir waren in einer Seitengasse aufgetaucht, doch hatten wir mindestens 15 Grad über Null. Er sah sich um. "Oder gibt es keinen Schnee mehr? Ist die Erderwärmung so schlimm geworden?", hakte ich nach. Er schüttelte den Kopf. Sah nach oben in den Himmel. Dieser war klar mit ein paar Wolken. Dann sah sich der Doktor erneut um. Steckte seinen Finger kurz in den Mund, nur um ihn kurz darauf in die Luft zu halten. Solch sonderbares Verhalten war ich mittlerweile von ihm gewohnt. "Nein. Die Menschen erkennen 2018 endlich, wie wichtig die Erde ist. Sie fangen an gegen das Plastik in den Ozeanen zu kämpfen. Sie bauen mehr Elektroautos und setzen auf erneuerbare Energien mit den Jahren", sagte er und sprang ein paar Mal vom Boden ab und landete wieder, um diesen auf, was auch immer, zu testen. "Das hier ist wirklich seltsam." Murmelte er dann, ehe er sich wieder an mich wandte und zu grinsen begann. "Hervorragend. Ein ungeklärtes Rätsel", sagte er.

Ich sah mich nochmal um. "Wieso ist hier keine Weihnachtsdekoration?", fragte ich dann plötzlich. Es stimmte. Es sah aus wie im Spätherbst. Keine Lebkuchen. Kein Duft nach Gebäck. Keine Weihnachtslieder. Keine Lichterketten. Nichts. Normaler, alltäglicher Trubel. Wir traten aus der Gasse. Ich bemerkte, dass die Erde doch gar nicht so anders war als 2018. Große Gebäude. Menschen die umher eilten. Na gut. Die Autos fuhren alleine und einige schwebten sogar. Busse hatten keinen Fahrer. Die Handys konnten Hologramme bilden. Ich sah Leute in 3D auf den Telefonen, wie sie sich mit anderen unterhielten. Doch sonst... keine Weihnachtsstimmung. Die Läden sahen aus wie immer. "Das ist noch interessanter. Fragen wir doch mal nach", meinte er gut gelaunt, wie immer. Wir stießen auf eine junge Frau.

Der Doktor zog sein gedankenmanipulierendes Papier und hielt es Ihr hin. "Verzeihung. Kurze Umfrage. Behörde für Wirtschaftliches und Soziales. Ich bin der Doktor und das ist meine Kollegin Maya. Wieso ist hier nirgends Weihnachtsdekoration zu finden?", fragte er. Sie sah ihn verwirrt an. "Was soll hier sein?", fragte sie nach. "Weihnachtsdekoration. Sie wissen schon: Lichterketten, geschmückte Tannenbäume, Lebkuchen und Weihnachtslieder. Typische Dinge für Weihnachten nun mal", erklärte er. Immernoch sah sie ihn unwissend an. "Was ist denn Weihnachten?", fragte die Frau. Ich sah sie erstaunt an. Sie wusste nicht, was das war? Der Doktor setzte erneut an. "Hm. Interessant. Wie kommt es, dass Sie das nicht kennen, Miss...", er sah sie erwartungsvoll an. "Laura. Laura Heath", beantwortete sie. "Also, Miss Laura Heath. Schauen wir doch einmal, woran das liegen kann", setzte er fort und zog seinen Schallschraubenzieher. Mit dem typisch sirrenden Geräusch scannte er sie und sah dann auf sein liebstes Werkzeug, da er ja nie Waffen trug. "Keine Gedächtnisblockade. Kein biochemisches Mittel, dass bestimmte Dinge löscht. Auch sonst keinerlei außerirdische Einwirkung", sagte er und ging weiter. Ich sah sie noch einmal an und folgte ihm dann. Er scannte einmal im Kreis, um sich herum. "Offenbar haben alle hier es einfach vergessen", sagte er nachdenklich. "Was meinen Sie mit vergessen? Was ist denn Weihnachten?" Wir hatten nicht bemerkt, dass Laura uns gefolgt war. Da der Doktor mit Nachdenken beschäftigt war, klärte ich sie auf und begann von Weihnachten zu erzählen. Laura lauschte interessiert. Sie hatte längst erahnt, dass wir von keiner Behörde waren. So in das Gespräch verteift, bemerkten wir nicht, wie wir beobachtet wurden.

Die SchneediebeWhere stories live. Discover now