Kapitel 5 - Böser Zauber

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Wieder hob er seinen Arm, Joshua und Kathy reagierten und konnten sich auch dieses Mal wieder aus der Schussbahn des Zaubers werfen. Doch damit war es nicht getan, denn Kevaros ließ einen Fluch nach dem anderen auf sie niederprasseln. Gehetzt hechteten sie weiter. Er jagte sie durch den gesamten verborgenen Garten, bis das Gras überall hässliche Brandflecke hatte.

„Wir müssen etwas unternehmen", keuchte Joshua. Schweiß glänzte auf seiner Stirn, in seinen blonden Locken hatten sich Gras und Blätter verfangen.

„Aber was?"

„Du musst ihn verbannen, so ähnlich wie im Restaurant."

Ein weiterer Zauber, so nah, dass sie das kalte Feuer auf ihrer Haut spüren konnte, das dem Fluch des Halbgottes innewohnte. Ihr Herz schlug schmerzhaft gegen ihren Brustkorb.

„Aber ich weiß nicht wie!", sagte Kathy verzweifelt. „Ich kann meine Kräfte nicht kontrollieren."

„Natürlich", versicherte er ihr. Sie sprangen hinter den Brunnen und duckten sich. „Hör mir genau zu. Ich werde seine Aufmerksamkeit auf mich lenken und dann musst du nur das tun, was ich dir jetzt sage."

Hektisch nickte Kathy, prägte sich jedes seiner Worte ganz genau ein.

„Hast du verstanden?"

„Ja."

Ein Lächeln, wacklig und wunderschön zugleich, ehe Joshua ihr einen Kuss auf den Mund gab und aufsprang.

„Das ist alles was du drauf hast?", rief er. Gleichzeitig holte er aus und warf einen Stein nach dem Halbgott. Auf halbem Weg begann dieser zu knistern und zu knacken, traf den Halbgott an der Brust und explodierte in einem Regen aus Blitzen und Splittern. Ein Knurren des Halbgottes war zu hören.

„Jetzt Kathleen!", forderte Joshua und rannte.

Mit zitternden Beinen erhob sie sich. Kathy zwang sich nicht an Joshua zu denken, sondern nur daran was er ihr gesagt hatte. Sie hob die Arme, streckte einen nach dem Brunnen aus und den anderen in Richtung des Halbgottes.

Ein tiefer Atemzug und sie visualisierte, wie sich das Wasser auf den Halbgott legte. Wie es einen Bogen von dem Becken hin zu Kevaros schlug. Das Element sollte ihn bedecken und ihn Stück für Stück aus dieser Dimension fortwaschen.

Schreckliche Augenblicke passierte nichts, doch dann konnte Kathy sie fühlen. Ihre Magie. Sie sickerte aus ihr heraus, floss an ihren Fingern entlang und gehorchte ihrem Willen.

Das Brunnenwasser heftete sich an den Halbgott wie Eisenspäne an einen Magneten. Immer mehr seines Körpers wurden von Wasser bedeckt und mit jedem Tropfen der dazu kam wurde seine Gestalt blasser. Wie an dem Abend im Restaurant auch bezwang das Element ihn und schickte ihn zurück in seine Dimension.

Sie hatte es geschafft!

Kathy fühlte sich schwach und unbesiegbar zugleich, während sie die Hände sinken ließ. Lächelnd drehte sie sich zu Joshua um – und gefror mitten in der Bewegung.

Der Hexer lag flach auf dem Rücken und regte sich nicht. Seine Haut sah gräulich aus, er hatte die Augen blicklos in den Himmel gerichtet. Aber das grauenhafteste war der dunkelrote Fleck an seiner Schulter, der sich immer weiter ausbreitete.

„Joshua!", keuchte Kathy und ließ sich neben ihm ins Gras sinken. „Joshua, sag doch was!"

„Ist er weg?", fragte er schwach. Seine Augenlider flatterten, doch er schien den Blick nicht fokussieren zu können.

Kathy nickte hektisch, bevor sie sich dazu zwang ein zittriges Ja auszusprechen. Ein kleines Lächeln breitete sich auf Joshuas Gesicht aus.

„Sehr gut."

„Nichts ist gut! Du bist verletzt. Kannst du aufstehen? Ist es nur die Schulter?"

„Ich denke schon", murmelte er und verzog das Gesicht. „Aber mir tut auch sonst alles weh."

„Joshua", murmelte Kathy und kämpfte gegen die Tränen an. Aber nein, sie würde jetzt nicht weinen. Sie war keine dieser Frauen, die in Krisensituationen in der Ecke standen und heulten. Auch wenn sie das jetzt gerne getan hätte.

Doch das ging nicht. Sie musste zusehen, dass sie Joshua zu einem Arzt brachte. Wenn er dann versorgt wäre und es sicher war, dass es wirklich nur die Fleischwunde an seiner Schulter war, dann könnte sie ihren Zusammenbruch haben.

Aber nicht jetzt.

„Komm, wir müssen dich zu einem Arzt bringen." Kathy griff nach seinem gesunden Arm und half ihm sich hinzusetzen. Ihre Muskeln fühlten sich noch immer zittrig an und sie war sich nicht so sicher, ob sie ihm die nötige Unterstützung bieten konnte.

„Kein Arzt", murmelte er schwach.

„Warum nicht?!"

„Weil es keine normale Verletzung ist, sondern ein Fluch."

Irritiert runzelte Kathy die Stirn. „In der Notaufnahme haben sie doch auch Spezialisten für magische Verletzungen."

„Denen traue ich nicht", erwiderte Joshua kalt.

„Okay", sagte Kathy langsam. Sie wollte mit ihm nicht diskutieren, denn jede Minute zählte. Ihre Gedanken rasten und dann fiel der Groschen. „Komm, ich weiß wohin."

Ächzend richtete er sich auf und Kathy legte einen Arm um seine Taille, während er sich auf sie stütze. Sie ergriff seinen gesunden Arm und sie setzten sich in Bewegung.

„Mein Auto ist nicht weit von hier", erklärte sie ihm. „Bis dahin musst du durchhalten. Ich weiß wo wir Hilfe bekommen."

„Okay." Das Wort kam dumpf zwischen Joshuas zusammengepressten Zähnen hervor. „Du hast das wirklich gut gemacht."

„Sch, nicht sprechen", forderte Kathy.

„Du bist eine wirklich begabte Hexe. Und so schön." Joshua schwankte leicht, setzte aber weiter brav einen Fuß vor den anderen.

„Ja, ich weiß, ich bin eine Wucht. Und jetzt sei still." Kathy wünschte wirklich, dass er gerade nicht nur im Halbdelirium vor sich hin brabbelte, aber die Chancen standen schlecht. Er blutete immer noch und stützte sich mittlerweile mit mindestens seinem halben Körpergewicht auf sie.

Den restlichen Weg legten sie schweigend zurück.

Kathys Gedanken wurden nur von zwei Dingen beschäftigt: Sie wünschte sich verzweifelt, dass sie Joshua rechtzeitig helfen konnte und dass er ihr den Hexenstein erst später gegeben hätte.

Denn dann wäre er nicht verletzt worden.

Magical Stories - Zauberhafte Kurzgeschichten (Leseprobe)Where stories live. Discover now