Kapitel 5 ~Wichtigere Probleme~

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Das Vibrieren meines Handys weckte mich am nächsten Morgen aus dem Schlaf. Das Zimmer war nur mit dünnen Vorhängen beschmückt, sodass es bereits hell im Raum war. Verschlafen streckte ich meine Hand nach meinem Handy aus und scannte den Bildschirm. Sofort war ich hellwach. Meine Mum rief an. Schnell schaute ich auf die Uhrzeit. Es war kurz vor elf Uhr mittags.
,,Verdammt.", flüsterte ich. Entweder es war etwas Schlimmes passiert, oder ich bekomme gleich zwei Monate Hausarest verpasst. Ich strich mir noch einmal über meine Haare bevor ich abhob.

,,Hi Mum.", versuchte ich möglichst nett zu klingen, um sie im Falle des Falles nicht zu reizen.
,,Wo bist du Ana!?", fragte sie aufgebracht. Sie wirkte nervös und hektisch.
,,Ich habe bei einem Freund übernachtet... Hör zu, ich wollte eigentlich nicht so lange wegbl...", versuchte ich sogleich zu erklären, doch sie unterbrach mich.
,,Schon okay. Wo auch immer du gerade bist. Kannst du bitte bald nach Hause kommen? Die Jungs haben etwas in der Schule angestellt und jetzt dürfen dein Dad und ich in die Schule fahren und uns anhören, was der Lehrer zu sagen hat. Anscheinend haben sie sich geprügelt. Und jetzt sitzen sie blutend im Esszimmer.", sie redete drauf los und ich hatte Mühe alles zu verstehen.

,,Warte was? Wer hat sich geprügelt? Die Zwillinge? Oder etwa Leo? Und seit wann hat unsere Schule an einem Samstag offen?", ich hatte so viele Fragen und fühlte mich selber überfordert. Seit wann prügeln sich meine Brüder bitte?!

,,Ja, die Zwillinge. Und ja, eure Schule ist auch am Samstag geöffnet. Leider schaffe ich es dann ins Krankenhaus auch nicht mehr. Du weißt schon, wegen Hopes Nachsorgetermin. Kannst du bitte mit ihr dort hinfahren?", im Hintergrund hört man lautes Geraschel und bevor ich antworten konnte, redete sie weiter.

,,Hope hatte sich doch heute ihr Lieblingsessen gewünscht. Falls du das irgendwie schaffst, wärst du mir eine echt große Hilfe. Falls nicht, geht bitte unterwegs etwas Essen! Ich weiß nicht, wann wir heute wieder kommen. Ich muss noch einkaufen und am Abend haben dein Dad und ich dieses wichtige Essen.", ich hörte wie sie sich anzog und ihre Tasche packte.

,,Was ist denn mit Leo?", kam ich nun auch endlich zu Wort. Leo ist der Älteste von uns Hall Kinder und wohnt mit seinen 21 Jahren noch immer zu Hause. Normalerweise übernahm er immer Krankenhaustermine für meine Eltern. Aber meine Mum schien ja heute sehr gestresst zu sein. Gerade wollte sie antworten, da hörte ich vom anderen Ende der Leitung das Klingeln unserer Eingangstür.

,,Ich muss los, Ana. Du tust mir damit einen großen Gefallen. Bis später!", verabschiedete sie sich und legte auf. Erstarrt verharrte ich in meiner Position. 

,,Ja Mum, gern Geschehen.", verwirrt legte ich mein Handy auf das Kopfkissen und schlug die Decke weg. Ich musste auf jeden Fall so schnell wie möglich nach Hause.

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,,Danke, dass du mich gefahren hast.", bedankte ich mich bei Ben und stieg aus seinem schwarzen Auto. 
Ben parkte rückwärts aus und winkte mir zu. Dann verschwand er in der nächsten Straße.
Ich klingelte und mir wurde kurze Zeit später die Tür von meiner kleinen Schwester geöffnet.
,,Hallo Hope.", grüßte ich sie und gab ihr einen Kuss auf den Scheitel. Das tat ich immer so, wenn ich sie sah. Es wurde ein Art Ritual und bestätigte unsere enge Beziehung.

,,Hey!", sie sah heute nicht besonders glücklich aus.
,,Also. Was habe ich verpasst?", fragte ich sie, während ich meine Schuhe auszog.
,,Sieh's dir selber an.", antwortete sie und kratze sich am Kinn. 

Dann ging sie vor mir den Flur entlang in unseren Wohnbereich. Als ich eintrat merkte ich schon, dass eine bedrückende Stimmung in der Luft lag.
Jeremy, der Ältere der Zwillinge, saß am Küchentisch und hatte einen Eisbeutel an der Stirn. Seine Lippe war aufgeplatzt und sein rechtes Auge schien etwas angeschwollen.
Stephan ist der Jüngere von beiden. Er saß mit einem Taschentuch in der Nase auf dem Sofa. Seinen Kopf hatte er nach hinten gelegt und die Augen geschlossen.

Until you dieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt