N E U N Z E H N

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Ich schiebe meine Sonnenbrille nach oben und greife in die Chips-Tüte.

Wir sitzen am Sportplatz auf der Tribüne und sehen der Lacrosse-Mannschaft beim Training zu. Natürlich nur, weil Lucas spielt, ansonsten würde ich mir das nicht geben. Wobei es schon ganz nett ist, den aufgrund der Hitze oberkörperfreien Jungs zuzusehen. Heute ist Mittwoch und die Mannschaft hat am Freitag ein Spiel gegen die Schule eine Stadt weiter. Beim letzten Mal sind sie wohl besiegt worden, aber jetzt wollen sie um alles in der Welt gewinnen, das hat jedenfalls Lucas gesagt. Ich wünschte, ich könnte mich auch so für Sport begeistern, aber alles, was ich anfange, breche ich irgendwann ab, weil ich keinen Bock mehr habe. Sogar vom Tanzen hatte ich die Nase voll, und das macht ja eigentlich Spaß.

Louryl sitzt neben mir und feuert ihren Freund wie verrückt an, dabei ist es nur ein Training. Trotzdem irgendwie süß.

Lucas' Party ist jetzt 2 Wochen her, 2 und eine halbe, um genau zu sein. Zwischen Henry und mir ist alles wie immer, als hätte es diesen merkwürdigen Moment niemals gegeben. Mir ist das recht, ich weiß ja selbst nicht, was das zu bedeuten hatte. Außerdem scheint es zwischen ihm und Samara langsam ernst zu werden. Sie sind zwar noch nicht öffentlich zusammen, aber sie halten heimlich Händchen und werfen sich verschwörerische Blicke zu, so wie jetzt gerade. Ich verdrehe die Augen, wende den Blick ab und nehme mir erneut ein paar Chips. Dann schiele ich doch verstohlen zu den beiden rüber. Henry flüstert ihr etwas ins Ohr, sie fängt an zu lachen und legt dann eine Hand auf sein Knie. Er platziert seine auf ihrer und streicht über ihren Handrücken. Igitt. Das ist so klischeehaft, wirklich. Nerdy-Boy kriegt das heiße Curvy-Girl, super.

Als ich mich wieder umdrehe treffe ich auf Lydias skeptischen Blick. Sie zieht fragend eine Augenbraue hoch. Hat sie mich beobachtet? Um ihrem Blick zu entgehen wende ich mich an Louryl: "Wie ist das eigentlich mit euch gekommen? Also mit Lucas und dir?"

"Oh, das ist eine witzige Geschichte."

"Ich höre."

"Lucas und ich, wir kennen uns, seit ich denken kann, weil unsere Eltern befreundet sind. Er hat mich immer wie seine kleine Schwester behandelt, aber ich wusste relativ früh, dass ich in ihn verliebt bin. Ich habe das immer unterdrückt und verdrängt, weil ich dachte, er würde nie mehr in mir sehen als einfach seine Sandkastenfreundin. Also bin ich mit anderen Jungs ausgegangen, er hatte auch immer Freundinnen, war nie lange single. Bei mir hat das nicht so einfach funktioniert, egal, mit wem ich zusammen war, ich habe Lucas nie aus dem Kopf bekommen. Irgendwann waren wir auf einer Party, dort haben er und seine damalige Freundin sich getrennt, weil er sie erwischt hat, als sie ihn betrogen hat. Ich bin für ihn da gewesen und wollte ihn trösten, da hat er mich geküsst und ich habe es geschehen lassen. Ich war danach furchtbar sauer, denn ich dachte, ich wäre für ihn nur ein Trostpflaster. Er hat mir immer wieder versichert, das sei nicht wahr und er würde schon lange etwas für mich empfinden, aber auch er hätte es verdrängt, weil er dachte, ich sähe ihn nur als großen Bruder. Tja, es hat dann noch eine Weile gedauert, aber so hat eins zum Anderem geführt.", Louryl scheint in Erinnerungen zu schwelgen, denn sie sieht verträumt zu ihrem Freund hinüber, der gerade ziemlich gut spielt.

Freunde, die heimlich in einander verliebt sind. Ich schiele wieder zu Henry hinüber, könnte es sein, dass... Nein. Ich bin nicht in Henry verliebt. Wieso ziehe ich das überhaupt in Erwägung? Wir sind Freunde. Gute Freunde und nicht mehr. Ich freue mich für ihn, dass er jemanden gefunden hat, warum auch nicht? Keine Ahnung, warum meine Brust sich jedes Mal aufs Neue zusammenzieht, wenn ich ihn mit Samara sehe. Vielleicht bin ich ja wirklich eifersüchtig, aber in einer freundschaftlichen Art und Weise.

"Das klingt süß. Wie lange seid ihr denn jetzt schon zusammen?"

"Ich bin in ihn verliebt, seit ich 13 war. Vielleicht sogar schon länger. Zusammen sind wir jetzt seit knapp 3 Jahren. Und... ich bin glücklicher denn je.", jetzt lächelt sie dümmlich und ich kann nichts Anderes tun, als ihr Lächeln zu erwidern. Ich war noch nie so sehr in jemanden verliebt, wie die beiden ineinander verliebt zu sein scheinen. Muss schön sein.

Between The Lines #Wattys2018Where stories live. Discover now