|55. Kapitel|

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Geh nicht nur die glatten Straßen. Geh Wege, die noch niemand ging, damit Du Spuren hinterlässt und nicht nur Staub.
-Antoine de Saint-Exupéry

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Am Abend liege ich in meinem Bett, genauer gesagt auf Sawyer's Brustkorb, der sich leicht hebt und wieder senkt. Stumm hängen wir beide unseren Gedanken nach und niemand sagt ein Wort.

Eigentlich wollten wir erst zu Sawyer nach Hause, da er wie fast jeden Tag sturmfrei hat, weil seine Mum arbeiten ist. Allerdings wären meine Eltern nicht so begeistert gewesen, wenn ich schon wieder auswärts übernachten würde, weshalb er nun mit zu mir gekommen ist.

Natürlich war meine Mum sofort begeistert, als sie wieder auf Sawyer getroffen ist und hat ihn sofort in ein Gespräch verwickelt. Dad schien nicht gerade froh zu sein, dass ein Junge bei mir ist, doch das ist mir egal.

Und um all dem noch eins drauf zu legen, haben wir ihnen auch sofort gebeichtet, dass wir ein Paar sind. Ich meine, was wäre ich für eine miese Ratgeberin, wenn ich meinen eigenen Rat, den ich vor ein paar Stunden Logan und Daniel gegeben habe, nicht selbst einhalten könnte?

Ich will ein Vorbild für sie sein und deshalb habe ich Sawyer dazu überredet, es meinen Eltern so bald wie möglich zu erzählen.

Ich bin immer noch erstaunt darüber, dass Dad sogar ein kleines Lächeln gelungen ist, während er Sawyer gedroht hat, ihn zu jagen, sollte er mich verletzen.

Aber das ist eben Dad.

Trotzdem bereitet mir Sawyer's Antwort ein wenig Sorgen.

'Ich werde sie vor allem beschützen, was kommt. Das verspreche ich.'

In mir regt sich mein Tatendrang. Denn tief in mir drinnen weiß ich, dass das Risiko besteht, dass Sawyer irgendetwas passiert, wenn er mich beschützen will. Und genau das möchte ich verhindern.

»Bring mir bei, wie ich mich vor Drace verteidigen kann.« Nur ungern durchbreche ich die angenehme Stille, doch es muss sein. Ich will keine Last für die Jungs sein, sondern möchte auch helfen. Egal, was es kostet.

Deshalb setze ich mich auch auf und blicke ihm in seine grünen Augen, um ihm zu verstehen gebe, wie ernst ich es meine.

Er zieht die Augenbrauen zusammen und fährt gedankenverloren durch meine braunen Haare. »Das ist nicht nötig. Die Jungs und ich beschützen dich schon.«

Doch ich schüttle nur meinen Kopf und stehe abrupt auf. Anscheinend muss ich nun doch argumentieren, weshalb es nützlicher wäre, wenn ich mich verteidigen könnte.

»Du weißt genauso gut wie ich, dass ihr mich nicht jederzeit beschützen könnt. Ihr habt auch noch ein eigenes Leben.«

Jetzt setzt sich auch Sawyer auf, der seine Beine an sich zieht und mich genau mustert, während ich vor dem Bett stehe, die Arme vor der Brust verschränkt.

»Meine Antwort lautet nein.«

»Ach, komm schon! Glaubst du etwa, dass ich es nicht hinkriegen könnte?«

»Nein, aber ich möchte nicht, dass du denkst, wir könnten dich nicht beschützen.«

»Könnt ihr ja auch nicht. Zumindest nicht jede einzelne Minute.«

LaurenWhere stories live. Discover now