BULLY

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Die Lyrics sind dem Lied "Beggin For Thread" von BANKS entnommen

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Die Lyrics sind dem Lied "Beggin For Thread" von BANKS entnommen.
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Genre: Thriller, Übernatürlich
Rating: P16
Spoiler-Alert: alles, was Killer Frost betrifft

Heute war mal wieder einer dieser Tage gewesen, an denen nichts, aber wirklich nichts gut lief. Erst hatten Cisco und Harry sie wenig taktvoll an ihre ehemalige Mobberin erinnert, um sie dazu zu bringen, sich zu verwandeln, und dann hatte dieses radioaktive Metawesen sie auch noch ausgeknockt. Es war Zeit, dass sie heute mal wieder einen Sieg einsteckte.
Und ohne es zu wissen, hatten ihre Kollegen ihr die perfekte Idee geliefert. Sie würde Lexi LaRoche einen Besuch abstatten.
Es war nicht besonders schwierig gewesen, ihre alte Schulkameradin aufzuspüren. Caitlin hatte sich durch den mit dem Polizeirevier verknüpften Computer im Cortex von S.T.A.R. Labs in die Datenbank aller Einwohner Central Citys eingeklinkt und nichts weiter tun müssen, als Lexis Namen einzugeben. Wie gut, dass Felicity dem Team bereits vor Jahren unbegrenzten Zugang verschafft hatte.
Nun las sich Caitlin ein letztes Mal die Personalien ihrer ehemaligen Mobberin durch. Das Foto dort mochte nicht recht zu der Lexi passen, die sie damals kennen und fürchten gelernt hatte. Die Frau auf dem Bild hatte zwar dasselbe sonnengebleichte rötliche Haar und dieselbe spitze Nase, die ihr in Caitlins Augen ein boshaftes Aussehen verlieh, doch sie sah ruhiger aus. Damals war sie ein tobender Wirbelwind gewesen, der nichts Weiteres im Kopf hatte als Caitlin eins auszuwischen. Doch nun wirkte ihr Gesicht viel weicher, auch wenn die Lippen schmaler geworden waren und sie nun ausgeprägtere Wangenknochen hatte. Um die Augen waren kaum merklich Lachfältchen zu erkennen, dabei konnte sie auch nicht viel älter als dreißig sein.
Caitlin selbst war in den letzten Jahren ebenfalls schneller gealtert. Doch das machte ihr eigentlich nicht wirklich etwas aus. Ihre Verwandlung in Killer Frost hatte ihr definitiv mehr zu schaffen gemacht. Caitlin hatte Veränderungen damals gehasst, am liebsten war ihr ein Tag, wenn er einem bestimmten Schema folgte. Doch als Superbösewicht, wie sie sich gerne spaßeshalber betitelte, musste man auf Veränderungen gefasst sein.

So I got edges that scratch
And sometimes I don't got a filter

Die Unterlagen von der Arbeit unter den Arm geklemmt, suchte sie den Autoschlüssel in ihrer Tasche. Die braunen Locken fielen ihr ins Gesicht. Sie strich sie sich hinters Ohr. Wo, verdammt noch mal, war der Schlüssel? Ah, da. Sie schloss das Auto auf und verstaute ihre Sachen auf dem Rücksitz.
Bevor es losgehen konnte, montierte sie mit einem von Cisco entwendeten Schraubenzieher ein wenig umständlich das Nummernschild vorne und hinten ab. Überwachungskameras waren schließlich überall, insbesondere in dem Stadtteil, wo Lexi wohnte.
Ein wenig bescheuert kam sie sich schon vor, als sie die Sonnenbrille aus ihrer Handtasche nahm und aufsetzte. Immerhin gab es bereits jede Menge belastende Aufnahmen von ihr, als sie das erste Mal ausgerastet war und Julian gekidnappt hatte. Oder als sie sich Savitar angeschlossen hatte. Es hatte ja die Verfolgungsjagd durch die Stadt gegeben. Sie wollte gar nicht wissen, wie hoch der Sachschaden war, den sie damals verursacht hatte. Dann beim Showdown hatte sie sich in einem öffentlichen Park aufgehalten. Da war sie aber verwandelt gewesen und dementsprechend nicht so leicht zu erkennen.
Nichtsdestotrotz war es wichtig, dass sie ihre Identität so gut wie möglich geheim hielt. Niemand sagte, dass man Killer Frost bis in alle Ewigkeit tolerieren würde, nur weil sie einmal den Tag gerettet hatte, als sie sich im richtigen Moment gegen Savitar gestellt hatte.
Die Straße vor ihr war relativ dunkel bis auf die zwei Lichtkegel der Scheinwerfer und das dumpfe Licht der Straßenlaternen alle fünfzig Meter. Sie war absichtlich länger geblieben, sodass niemand sehen konnte, dass sie in eine andere Richtung fuhr als sonst.
Die Stille begann, sie zu erdrücken. Mit jeder Sekunde, die sie schweigend in diesem Auto verbrachte, stellte sich ihr die Frage, was sie tun würde, wenn sie Lexi dann gegenüberstand. Sie töten? Das wäre ihr allererster Mord. Schon seltsam. Sie nannte sich Killer Frost, war aber die Einzige aus dem Team, die noch niemanden umgebracht hatte. Allerdings wäre der Mord an Lexi keine Heldentat, wie als Iris Savitar erschossen hatte. Es wäre einfach nur ein Mord. Grausam und unnötig. Aber Caitlin wollte ihn. Wollte sie ihn? Wollte sie vollends zum Monster werden und selbst ihre letzte moralisch zweifelhafte Richtlinie hinter sich lassen? ‚Sie mögen ihre Finger verlieren, oder ihre Zehen, aber niemand stirbt'? Was war damit?
Sie merkte, wie sie schwach wurde. Vielleicht sollte sie einfach umdrehen und zurück nach Hause fahren. Lexi ihr unbeschwertes Leben leben lassen. Aber allein die unnötige Vielzahl von Ls in diesem Satz löste genug Widerstreben in ihr aus, dass sie sich verbot, dem Wunsch nachzugehen. Denn am nächsten Tag würde sie sich zweifellos fragen, ob sie es nicht doch hätte tun sollen und erwägen, es nachzuholen.
Die Situation war so verzwickt! Caitlin schlug mit der rechten Hand aufs Lenkrad. Eine dünne Frostschicht überzog vor Kälte knisternd das Lenkrad. Sie riss sich zusammen und versuchte, weiterhin bei der Sache zu bleiben. Wer hatte nochmal die wenig auf Intelligenz schließende Idee gehabt, nachts mit Sonnenbrille Auto zu fahren? Aber nun war sie sowieso fast angekommen, da konnte sie es auch gleich so belassen.
Fünf Minuten später fuhr sie an den Straßenrand und hielt auf einem ausgewiesenen Parkplatz. Ihr Gehalt bei S.T.A.R. Labs war schon so nicht das höchste und sie hatte sich bisher noch nicht damit anfreunden können, Amunets nervtötenden Anhänger zu erpressen, daher vermied sie Strafzettel lieber. Sie zog den Schlüssel. Der Motor erstarb.
Und dann saß sie da. Was sollte sie mit Lexi anstellen? Nur reden kam ihr zu harmlos vor. Und eigentlich mochte Caitlin den Ausdruck ‚leicht tödlich' ganz gerne, der oft mit Killer Frost in Verbindung gebracht wurde. War sie nicht Killer Frost? Wo sie es konnte, wollte sie sich nicht rächen? Oder war das nicht mehr moralisch vertretbar?
Von einer Sekunde auf die andere verlor sie mit sich selbst die Geduld. Verdammt, Lexi sollte für all die Sticheleien bezahlen! Für die unzähligen Kaugummis in Caitlins Haar, für all die dummen Sprüche wegen ihrer Intelligenz, ihrer Unsportlichkeit oder des gewöhnungsbedürftigen Slangs, den die damals noch im Highschoolalter befindende Dr. Snow aus ihrem Viertel übernommen hatte.

~ "The Flash" ~ Oneshot-SammlungWhere stories live. Discover now