V.2 - töten

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Ein jeder Stern sollte in Würde gehen. 

Für einen kurzen Moment schließe ich die Augen. Mein Entschluss steht fest. Ehe ich mich anders entscheiden kann, blicke ich auf den blutenden Kinderkörper vor mir. Mit zwei Fingern umfasse ich die kleine Nase, meine rechte Hand ruht auf dem Mund des Säuglings. Ein letztes Mal zuckt es, ein letztes Mal windet sich der Körper, ein letztes Mal versucht der Überlebensdrang dem Sauerstoffmangel zu entgehen. Ein letztes Mal. Dann ist plötzlich Ruhe.

Erlösung. 

Ich schaue zu den Sternen auf. Erst jetzt bemerke ich, dass Tränen meine Haut benetzen. Schluchzer durchschütteln mich, Schreie entschwinden in die Nacht so als wären sie nie da gewesen. Ich vergrabe mein Gesicht zwischen den Händen. Blut klebt an ihnen. Ich fühle mich hilflos und leer. 

Oh, Margarethe, mein Schatz.

Ihr Stern winkt mir zu. Ein leises Lächeln schleicht sich auf meine Lippen und vertreibt den Kummer für einen Moment. 

Weiter, immer weiter.

Die Nacht blickt mir tiefschwarz entgegen. Ich werde erwartet. 

Mein Körper setzt sich in Bewegung, während mein Geist einen Augenblick länger bei dem Kind verweilt, als es gut für mich ist. Rasch wische ich mir die Tränen aus den Augenwinkel. 

Ich habe mich in diesen Wald gewagt, um meine Frau zu retten. Aus diesem Grund habe ich nicht erst den nächsten Tag abwarten können. Doch hätte ich gewusst, dass dieser Wald noch furchtbarer ist als in all den Schauergeschichten, die man sich über ihn zuflüstert, so hätte ich ihn erst bei Sonnenaufgang betreten, wenn sich die Kreaturen der Nacht zur Ruhe legen.

Mein Keuchen durchbricht die Nacht. Nur leise höre ich den Wald atmen, Nebel steigt zwischen seinen Baumkronen auf, entschwindet in die Weiten des Himmels. Meine Füße laufen unentwegt, stolpern über Wurzeln, aber bleiben nimmermehr stehen. Mein Atem schlägt feine Wölkchen, die das Mondlicht elegant durchbricht. 

Ich spüre noch das Blut an meinen Händen. Es ist längst getrocknet, die Haut verkrustet. Dunkelrot, fast schwarz erscheint es.

Fasziniert starre ich auf meine Hände, als ich ein leises Schnaufen hinter mir höre. Ein weiterer Atemzug malt eine Gänsehaut auf meinen Körper. Schauer überlaufen meinen Rücken, ich zittere, doch es liegt nicht an der Kälte der Nacht. 

Ein Ast knackt. 

Ich halte den Atem an.

Die weißen Wolken vor meinem Gesicht bleiben aus, nur die Dunkelheit schreit mir entgegen. 

Heiße Luft umspielt meinen Nacken, ein Blick durchbohrt mich.

Ich kann es spüren.

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Wie entscheidest du dich?

a) Vorsichtig drehe ich den Kopf, bloß keine ruckartigen Bewegungen. Mein angstvoller Blick wendet sich dem Unheil zu. Ich erschaudere.

[Stelle dich der Gefahr in Kapitel VI.1]

b) Die Dunkelheit wird mich gewiss verschlucken. 

[Ergreife die Flucht so schnell du kannst in Kapitel VI.2]

MondglanzWhere stories live. Discover now