#34 The way you are & the way I am

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Pov Yoongi

Bis in den Abend waren die Räume dieser Wohnung mit Schluchzern und weinerlichen Tönen gefüllt und es hatte sich so weit in die Atmosphäre integriert, dass es nicht mehr so sehr schmerzte, meinen Freund weinen zu hören. Wir trauerten beide auf unsere Weise, blieben still und schenkten dem anderen keinen Blick, wenn ein Wimmern durch den Raum hallte, damit er sich nicht schlecht fühlte. Manchmal suchte der eine die Nähe des anderen, manchmal die Distanz, beides nahmen wir kommentarlos hin. Wir waren für einander da, auch ohne jeglichen Kontakt.

Ich beugte mich zu dem Jüngeren herunter, der am Tisch vor seinem Laptop saß, legte meine Arme um seinen Hals und schmiegte mich an ihn. "Ich kann nicht aufhören zu weinen, Hyung", er schniefte, "Ich will nicht mehr weinen, aber ich kann die Tränen irgendwie nicht aufhalten." Er lächelte verzweifelt bei dieser Aussage, obwohl seine Stimme vor Schmerz und Trauer triefte. "Ist doch okay", sagte ich ruhig, "Dein Körper muss der Trauer Platz machen. Genau so wie der Körper bei einer Wunde blutet."
"Aber ich habe kein Pflaster", sagte er leise, worauf ich nichts entgegnen konnte.

"Was machst du da?", fragte ich im Flüsterton, als er sich streckte, seine Arme um mich schloss und brummte. "Nach einem Job suchen, der diese Wohnung und tägliche Mahlzeiten bezahlt und außerdem höchstens neun Stunden meines Tages beansprucht, damit ich trotzdem noch Zeit für meinen Freund habe", murmelte er, er war müde, erschöpft und ausgelaugt. Ich setzte mich neben ihn und schaute ihn fragend an, nachdem ich auf den Display des Laptops geguckt hatte. "Warum? Was ist mit dem Schauspielen? Und der Rolle in Japan?" Jimin lächelte müde und schüchtern und schmuste sich an meine Schulter. "Die Rolle habe ich aufgegeben, um bestimmte Dinge mit meinem Freund zu klären."
"Dein Freund ist dir dafür auch dankbar, aber du kannst doch nicht einfach..."
"Ich habe aber und jetzt bin ich arbeitslos." Er lachte knapp und leise. "Tut mir leid, dass ich es dir noch nicht gesagt habe." Ich hob einen Finger und strich ihm über die feuchte Wange, seine Haut war weich. So sehr ich auch abgehärtet gegen diesen Anblick schien, schmerzen tat er trotzdem.

"Was ist denn mit der Schauspielschule?", fragte ich, konnte noch nicht ganz fassen, dass er die Arbeit ganzer Jahre in Minuten aufgegeben hatte und dann noch für mich. "Du meinst die Schule, die dir einen Traum verspricht, dir Unterrichtsstunden auftischt, welche dich in keinster Weise weiterbringen, dich mit kleinen Nebenrollen füttert, aber nie satt macht und ihr Versprechen im großen und ganzen nie hält?" Er schüttelte den Kopf und ich seufzte. Davon hatte er mir nie erzählt. Ich hatte gedacht, es würde gut laufen, große Geldprobleme hatten wir nie gehabt. Zugegeben, viel gaben wir von dem, was wir hatten, auch nicht aus, deswegen war es mir wohl auch nicht aufgefallen. Aber war ich nicht aufmerksam genug? War ich zu egoistisch gewesen und hatte zu wenig auf ihn geachtet?
"Du hast mir nie davon erzählt", merkte ich an.
"Ich weiß", sagte er, "aber auch nur, weil es keine Alternative gab. Es war ja nicht schlimm, nur ermüdend und solange Geld reinkam, war doch alles in Ordnung."
"Du bist so ein Idiot." Ich umarmte ihn fest.
"Ich bin dein Idiot." Ich spürte sein Lächeln, es war fast so, als würde es den Raum etwas erhellen.

"Aber wir kriegen das auch irgendwie hin, wir haben schon schlimmeres überstanden", sagte ich hoffnungsvoll und atmete beschwert ein und aus. "Und ich habe jetzt ja auch einen Job. Wir fragen morgen einfach mal rum, das wird schon."
"Danke", kam es erleichtert von ihm.
"Wofür das denn?", lachte ich verwirrt. Es war das erste ehrliche Lachen, das mich seit dem Vorfall verließ.
"Keine Ahnung. Ich liebe dich einfach. So, so sehr", er entzog sich meiner Nähe, um Blickkontakt aufzubauen, "und ich weiß, dass du das auch tust." Er sah mir in die Augen, sich sicher und abwartend. Ich wusste, dass es endlich an der Zeit war, es ihm zu beweisen, dass ich es endlich aussprechen sollte. Aber es hatte sich so tief in mir verankert, so eingespielt, dass ich ihm darauf nicht antwortete, dass ich es nun nicht aus mir heraus bekam. Stattdessen nickte ich nur. Es war so lächerlich. Ich konnte ihm so schon nur ein eingeschränktes Leben bieten, weil ich in der Anwesenheit von anderen Menschen nervös wie vor einer Abschlussprüfung wurde und noch dazu konnte ich ihm nicht mal diese kleinen drei Worte sagen, die so viel Bedeutung mit sich trugen.

"Es tut mir leid, dass ich es dir nicht sage", sagte ich enttäuscht und stand auf. "Es tut mir leid, dass ich so bin." Im nächsten Moment spürte ich eine flache Hand in meinem Nacken, die einen ziehenden Schmerz mit sich brachte. Ich zischte schmerzerfüllt: "Was-"
"Entschuldige dich nie wieder für deine Art!" Jimin stand vor mir und sein todernster Blick jagte mir einen kalten Schauer über den Rücken. "Ich kann nachvollziehen, dass man sich beschissen fühlt, was seinen Partner angeht, wenn man Angst vor Situationen mit anderen hat, aber ich erlaube dir nicht, dich deswegen schlecht zu reden, verstanden?" Er begann zu weinen, heute war alles viel zu emotional. "Bitte nicht weinen", bat ich eingeschüchtert, da sich auch in meinen Augen Tränen bildeten, als wäre es eine Reaktion auf den Anblick des Jüngeren.
"Deine Art ist die Art, in die ich mich verliebt habe, die ich liebe und für immer lieben werde. Ich liebe dich so verdammt sehr, ich weiß nicht, ob irgendjemand einen anderen Menschen schon so sehr geliebt hat, ja, das frage ich mich wirklich und deswegen tut es so weh, wenn du dich dafür entschuldigst, dass du so bist, wie du bist, weil ich dich liebe, so wie du bist und ich weiß ganz genau, dass du mich auch liebst, so wie ich bin. Ich wiederhole nicht noch einmal, dass es mir egal ist, ob du es mir sagst, weil du es mir zu genüge zeigst. Selbst wenn du es mir erst an meinem achtzigsten Geburtstag sagst, ist doch egal, denn zu diesem Tag werde ich immer noch bei dir sein. Das werde ich immer."

Ich liebe dich so sehr, ich will dich endlich heiraten, war das einzige, was mir durch den Kopf ging, während ich mich wieder in diesen vor Treue glänzenden Augen verlor. Ich war bewegungsunfähig, stand einfach nur dort, als hätten mich seine Worte festgesetzt, umarmt und nicht mehr losgelassen. Es war, als würde mir Jimins Bedeutung noch einmal verdeutlicht werden, als wäre er ein Schiff gewesen, unsere Liebe die Reise und ich hätte erst beim Anlegen im Hafen verstanden, wie dankbar ich ihm doch für die Sicherheit und die Geborgenheit war, die er mir doch entgegenbrachte. Er hatte mich sprachlos gemacht und das war nicht das erste Mal. Ich kannte mein Leben ohne ihn gar nicht mehr, als würde mein Leben erst in der Minute begonnen haben, in der er es betreten hatte.

Jimin stand immer noch vor mir, eine Träne überquerte seine Wange. Womöglich fragte er sich, was nun gerade in meinem Kopf vorging, vielleicht dachte er, mir würde das von ihm Gesagte nicht gefallen. In diesem Fall wollte ich ihm widersprechen, ich wollte ihm antworten, auf irgendeine Weise, wenn es schon nicht Worte waren, die ich ihm geben konnte. Aber selbst wenn sich mein Körper steuern hätte lassen können, hätte ich nicht gewusst, wo ich anfangen sollte. Stattdessen spürte ich, wie ich weiter und weiter in dem tiefen Braun seiner Augen versank. Der Ausdruck darin wurde immer sicherer, immer stärker und immer fordernder. An einem gewissen Punkt schien ihm die Stille zwischen uns zu erdrückend zu werden, da er, nun etwas zögernder als von seinem Blick zu erwarten, seine Hände an meine Wangen legte. Mein Herz schlug schneller, als er mir näher kam und die Verwirrung in mir wurde durch das plötzlich starke Verlangen nach seinen Lippen ersetzt. Es erstaunte mich, wie so ein Gefühl nach so vielen Jahren nicht geringer, doch stattdessen immer größer werden konnte. Ich würde wohl nie genug von ihm bekommen, aber das beruhigte mich.
Jimin schien noch zu zögern, zu überlegen, ob etwas anderes seine Liebe besser ausdrücken könnte, als das was er vorhatte, jedoch schien dem nicht so. Er stieß mit einem Mal vor und presste seine Lippen auf meine, ließ damit einen elektrischen Stoß durch meine Fasern huschen, welcher in einem angenehmen Kribbeln endete.

Ihn zu küssen tat so gut, seine plumpen Lippen, die ihr Spiel mit meinen suchten, waren die perfekten Gegenspieler meiner, ich hatte niemanden je mit so einer Leidenschaft geküsst.

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[Danke fürs Voten und Kommentieren]

「 thantophobia 」 - yoonminWhere stories live. Discover now