1 | Pläne

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Draußen hört man nur den tosenden Lärm von Feuer, welches soeben abgefeuert wird. Der Lärm ist tatsächlich so laut, dass wir ihn hören - obwohl wir 5 Meter unter der Erde sind. Als wir hörten, dass Flieger ankamen, rannten wir alle schnell zu unserem Bunker, doch Mom blieb an der Leiter hängen und krachte hinunter. Jetzt liegt sie da in einem Bett, ist bewusstlos und womöglich fast tot. Helen hat sich zur Hälfte schon beruhigt. Jetzt laufen ihr die Tränen nur noch stumm über die Wange. Ich hingegen, verkneife mir sie mühsam. Schließlich möchte ich eine mutige große Schwester sein. "Wir werden bestimmt die einzigen Überlebenden sein", sagt Dad. Fast denke ich, er sagt es durch die Stille, aber davon kann man im Moment überhaupt nicht reden.

"Wieso tun die das?", fragt Helen traurig. "Wieso zerstören sie unsere Heimat?"

"Du hast Präsidentin Young doch gehört, oder?", frage ich zurück.

Helen nickt nur und seufzt.
Oh ja, sie hat absolut recht - es ist einfach nur dumm zu glauben, die Erde zu retten, indem man Zivilisten ausrottet. Bis jetzt habe ich meine Gedanken immer zurückbehalten und wollte das auch erstmal so lassen. Doch vielleicht gibt es ja noch eine Chance. Schon die ganze Zeit denke ich darüber nach, irgendwo hinzugehen und Menschen in unseren Bunker zu holen. Jetzt breche ich doch meine Regeln und spreche meine Gedanken frei aus: "Dad, was ist, wenn wir Leute in unseren Bunker holen und somit die Menschen nicht komplett ausgerottet werden?"

"Cara, das würde nicht funktionieren. Die Regierung würde uns auf die Schliche kommen und umbringen." Er schüttelt den Kopf und sieht zu Mom. Sie atmet flach, fast überhaupt nicht.

Ich schweige und sehe zu Boden. Irgendeine Möglichkeit muss es geben - das weiß ich. Denn schon immer wusste ich, dass es immer einen anderen Weg geben wird. "Doch, es wird funktionieren. Wenn sich das Feuer hier legt, fliehen wir einfach in das benachbarte Dorf. Dort werden wir einigen Leuten von unserem Plan erzählen. Vielleicht kommen wir erfolgreich in die nächsten drei, oder vier Dörfer und können uns dann über die Grenze nach Kanada durchschieben. Und wenn wir sogar Glück haben, können wir uns in den Bergen ansiedeln", erklärte ich nach einigen Minuten.

"A-aber was ist mit Mom?", fragt Helen fassunglos.

Langsam drehe ich meinen Kopf zu ihr. "Sind wir mal ehrlich - sie wird es eh nicht schaffen." Diese Worte kommen schwerenherzens über meine Lippen. Erstmal, hat sie ein gebrochenes Bein, einen aufgeplatzten Schädel und dazu noch viele Schürfwunden. So etwas kann man einfach nicht überleben. Auch wenn Dad und ich gut behandeln können, hat es nichts gebracht. Schließlich sind auch wir keine professionellen Ärzte und die Bedingungen hier unten sind nicht die besten.

"Okay. Also soll sie hier ganz alleine sterben?" Helen schluckt, nachdem sie das zu mir gesagt hat.

"Nein, wir warten einfach", widerspricht Dad.

"In der Zwischenzeit, könnten die viel mehr bombardieren. Besser warten wir nicht", sage ich.

"Wir warten. Helen hat recht, es ist unmenschlich sie so hierzulassen."

Ich seufze. Vielleicht haben wir Glück und sie stirbt bald. Dann können wir schneller los und sie muss nicht leiden, das will ich nämlich nicht. Erstmal müssen wir sowieso noch warten, bis die oben weg sind.
"Also gut. Aber länger als einen Tag darf es nicht dauern", gebe ich nach.

Als Antwort bekomme ich nur ein Nicken. Eigentlich haben wir gute Vorraussetzungen zum Überleben. Dad und ich können verarzten, aber auch gut mit Waffen umgehen. Helen lernt zwar noch, aber sie kann auch gut verarzten. Dazu haben wir noch ziemlich viele Konservendosen.

***

Irgendwann muss ich wohl eingeschlafen sein, denn als Dad mich weckt ist alle ruhig. "Hey, wach auf. Du möchtest doch Mom noch verabschieden, oder?"

Jetzt ist es passiert, denke ich traurig. Jetzt ist sie tot und ich konnte ihr nicht auf Wiedersehen sagen. Langsam bemerke ich, dass mein Gesicht kreidebleich wird. Also richte ich mich auf und entdecke etwas - unter diesen Umständen - Wunderbares: Mom sitzt im Bett und lässt sich von Helen füttern. Ihr geht es tatsächlich besser! Verwundert sehe ich zu Dad, denn jetzt weiß ich, dass alles wieder besser wird. Ob sie mitkommen soll oder nicht, wissen wir dennoch nicht.

"Ja, soweit geht es erstmal, aber bitte verstehe, dass sie Zeit zum Ausruhen braucht."

Wohl oder übel nicke ich. Das bedeutet mal wieder, dass Zeit fehlt. Natürlich verstehe ich absolut, dass meine Mutter momentan das Bedürfnis hat, sich auszuruhen, aber mir kribbelt es in Händen, Bauch und Füßen. Endlich darf ich auch mal ausrücken. Zwar habe ich noch keine Ahnung was auf mich zukommt, aber ich brenne dafür es zu wissen.

Die Zeit - Der schlimmste Freundحيث تعيش القصص. اكتشف الآن