Kapitel 1

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Rita Ora - I Will Never Let You Down

"Cana, dein Pech", höre ich Mama sagen. Ich öffne meine Augen und schaue auf mein Handy. Nein! "Scheiße!" Ich bin sofort wach und renne zum Kleiderschrank, wo ich mir eine dunkelblaue Jeans und ein schlichtes, weißes T-Shirt rausfische. Ich wollte an meinem ersten Tag an der neuen Schule pünktlich aufstehen! Egal, Baba fährt mich trotzdem. Nachdem ich mir meine Socken angezogen habe und mir bei der Wahl des Parfüms keine Zeit lassen konnte, putze ich mir die Zähne und stopfe mir zwei Minzkaugummis in den Mund. "Baba!", kreische ich schon fast, als ich die Treppen runterrase und die letzten vier Stufen runterspringe. Ich schaue auf die Uhr und habe alles in zehn Minuten geschafft. Puh! Mama schaut mich schmunzelnd an und schüttelt zungenschnalzend den Kopf. "An meinem ersten Schultag habe ich alles geplant und war um die perfekte Uhrzeit fertig." Sie macht Fotos von mir. Ich murre. Das wollte ich ja auch. Aiman und Adam haben montags die ersten beiden frei und Amir hat Semesterferien, weshalb ich heute die Erste bin, die zur Schule muss. Oh Gott, gleich ist es soweit! "Cana, fertig?", fragt Baba. "Ja." "Komm doch in die Küche, Mama hat dir ein Brot gemacht." Ich schaue zu Mama, die mich grinsend ansieht. Was ist los? Sieht man meinen BH durch? Ich hasse es, wenn er durchscheint. "Was?", murmele ich auf den Weg in die Küche und nehme mir das Brot, ehe wir zum Auto laufen. Mama verliert die ganze Zeit ihr Grinsen nicht. Ich schnalle mich an und sehe zu, wie Baba an Mamas Gurt zieht. Das macht er immer. "Was grinst du so?", fragt er sie. "Heute ist Canas erster Tag an der neuen Schule." Mama platzt gleich vor Freude.

"Wann hast du Schluss?", fragt er mich. "Das weiß ich gar nicht. Wir kriegen heute unsere Stundenpläne und soweit ich weiß, fängt der Unterricht morgen richtig an." "Stell dir vor, Cana findet einen Jungen!", platzt es aus Mama, die anfängt zu lachen. Ich schaue sie verdutzt und schmunzelnd an und als sie sich zu mir dreht, muss auch ich lachen. Baba hingegen brummt unzufrieden. "Nein, das wird ganz sicherlich nicht passieren." Er zieht an Mamas Haarsträhne, was ich immer so süß finde. Das ist eins ihrer Markenzeichen und falls ich mal glücklich verliebt bin, will ich auch so etwas. "Mama, du weißt doch, dass die Schule im Vordergrund steht", gebe ich mit gedämpfter Belustigung von mir. Sie macht das, um Baba zu ärgern, denn sie war die Erste, die mir gesagt hat, dass die Schule am wichtigsten ist und enttäuschen will ich meine Eltern nicht. "Das ist meine Tochter", brummt Baba zufrieden. "Alter Brummer", kommentiert Mama lächelnd. "Wir sind vom Kulturministerium eingeladen worden", sagt Baba, woraufhin Mama summt. "Ich will sowieso etwas wegen des Sexualkundeunterrichts ansprechen. Das muss endlich aktualisiert werden. Die Kinder lernen überhaupt nichts und auf diesen gammeligen Arbeitsblättern, die sie beschriften sollen, fehlen ungemein viele Informationen. Selbst Frau Schnitzler wusste nicht, was das humane Choriongonadotropin ist." "Shana, sie hat Biologie und nicht Medizin studiert." "Na und? Ich habe da noch nichts studiert und wusste es. Wissen Biologen nichts über Hormone oder was?" Ich schmunzele und bin mal wieder überwältigt von dem Erfolg meiner Eltern. Mama hat es vor allem weit geschafft und ist sogar eine Nobelpreisträgerin, wegen ihres Heilmittels. Wie sehr ich wie sie sein möchte!

Wir kommen der Schule immer näher, was mich grinsen lässt. Das wird ein entspannter Tag und da auch Ramzi dabei ist, wird es auch lustig. "Du gibst mir Bescheid, damit ich dich abhole, ja?", sagt Baba, als wir da sind. Ich nicke freudig und küsse beiden die Wange, ehe ich aus dem Wagen springe und von einigen beeindruckte Blicke wegen des Wagens kriege. Na ja, auskennen mit ihnen tue ich mich nicht. Auf dem Hof sind viele Leute in Grüppchen und einige sind auch nur zu zweit oder alleine. Meine Clique sehe ich schon und winke Ramzi, der wie verrückt winkt. Belustigt laufe ich auf ihn zu und werde von ihm innig umarmt. "Werden wir die EF rasieren?" Ich nicke belustigt. Mama meinte, dass sich meine Noten verschlechtern werden, es aber normal ist. Trotzdem will ich keine schlechten Noten. Mathe wird aber ein Problem, oje. In der Mathe-ZAP habe ich eine Fünf geschrieben und so meine einzige Vier auf dem Zeugnis kassiert. Trotzdem werde ich Medizin studieren, mir egal, was kommt. "Wo ist Dilan?", frage ich. "Die kommt zu spät, hat sie mir geschrieben", meint Yasmin. "Gibt es hier keine schönen Mädchen?", seufzt Ramzi, den ich schief anschaue. "Das sage ich Mama", schmunzelt Elyas. Er ist schon in der zwölften mit Adam und Aiman und hat schön seine ganzen Klausuren für uns behalten, genau wie meine Brüder. Dilan und Miran sind schon früher immer zu spät gekommen und waren diejenigen, die in der Nähe der Schule gewohnt haben. Jetzt wohnen wir in derselben Straße, müssen aber trotzdem immer ein Stück weit zueinander laufen.

HerzensdiebWhere stories live. Discover now