25 Hörst du das?

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┊  ┊  ┊         ★ HARRY

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Regungslos beobachtete ich diese fremde Welt, in der man nur ab und an Stimmen hörte, aber man sich mit Händen verständigte. Doch es waren nicht nur die Hände alleine, die Miene des Erzählers unterstützte die Unterhaltung.

Kurz runzelte ich die Stirn, denn ich bemerkte, dass diese ganzen Gruppen, Cliquen und Bekannte sich automatisch im Kreis aufzustellen schienen, als würden sie sich alle sehen wollen. Fast immer 'erzählte' nur einer, dann ein anderer, ab und an wurde das strukturierte Schema des Erzählens durchbrochen, weil mehrere Hände auf einmal mitmischten, so als würden sie sich gegenseitig unterbrechen.

Mein Blick glitt weiter, ich sah, dass drei Kameras aufgebaut wurden und dass sich dieser Benny mit einem kleinen dicken Mann beratschlagte. Mr Dickson, oder so ähnlich, den Vertreter von Hearzone.

Der ganze Raum erinnerte mich an ein leicht abgenutztes Theater und langsam füllten sich die Stuhlreihen vor der Bühne. Nach und nach begaben sich die Leute zu den Stühlen und gerade, als ich zurück auf die Empore wollte, da kam mir Noah entgegen.

Er sprach mich direkt auf Gebärdensprache an und ich verstand natürlich kein Wort. Mein Gesicht wurde zum riesigen großen Fragezeichen. Komplett überfordert, wusste ich nicht, was ich tun sollte, aber Noah regelte das selbst, er zog sein Handy hervor und tippte ein was er wollte.

Die Grammatik war erneut fehlerhaft, aber die Kernaussage verstand ich. Er wollte nur, dass ich ihm dabei half Getränke zu tragen. An der Bar hatte Noah keine Schwierigkeiten sich durchzusetzen und als er sich mir zuwandte, da tippte er auf die Karte und musterte mich fragend.

Die Leitung bis zu meinem Gehirn war lang und mir ging erst ein Licht auf, als Noah mit den Händen einen Becher formte, tat als würde er trinken und dann auf mich deutete, nur um schließlich mit dem Zeigefinger gegen die Karte zu tippen.

Meine Güte, ich kam mir vor als würde ich versuchen mich mit Rauchzeichen zu verständigen. Dennoch klappte es irgendwie und Noah bestellte eine weitere Cola mit. Wir bekamen zwei Tabletts und balancierten die Getränke zu den Plätzen.

Dort spielte das Rolli-Mädchen, Sunny, den Dolmetscher für Mozzie und Fizzy, während Isabell ihrer besten Freundin etwas erzählte. Natürlich in Gebärdensprache und es war befremdlich zu sehen, wie gut sie in diese Runde passte. Ab und an mischte sich diese Asiatin ein.

Eleanor dagegen machte Fotos und nahm Videos auf, sie schien so aufgeregt, als hätte sie einen neuen Vergnügungspark gefunden. Inmitten aller stand ein Becher auf einen der Tische und jeder hatte dort Geld reingesteckt. Ich vermutete, dass sie so die Rechnung der Getränke klärten.

Isabell hatte mir neben sich einen Platz freigehalten und ich ließ mich auf dem knarrenden Stuhl fallen. Etwas besorgt musterte sie mich: „Alles okay?"

„Ja klar", bestätigte ich und grinste, auch wenn ich recht weit weg von 'ja klar' war. „Übrigens, du wirst mir ein Bisschen mit der Übersetzung der Slams helfen müssen. Ich verstehe sonst nur Bahnhof."

„Kein Problem", behauptete sie und schließlich blinkte das Deckenlicht im Raum, sofort veränderte sich die Stimmung. Überall wurden Stühle gerückt, auch bei uns, Gespräche stoppten, Licht fuhr herunter und dann leuchtete man mit Scheinwerfern nur noch die Bühne an.

Ein stark ergrauter Mann, mit einer übergroßen Brille übernahm die Ansage, nur, dass sie in diesem Fall lautlos war. Es war erschreckend, denn man hörte kein Getuschel, nur das knarren der Stühle und ab und an jemanden Husten. Alle achteten auf den Moderator im hässlichen grünen Weihnachtspullover.

Flüsternde Hände ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt