Kapitel 1

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2 Wochen später

Müde wischte ich über die Bar. Ich hasste es, wenn Leute nicht ordentlich trinken konnten. Was war daran so schwer? Immerhin war dieses Restaurant kein billiges. War es dann zu viel verlangt, sich zusammenzureißen?

Misstrauisch beäugte ich den Schwarzkopf. Ich musste ihm mitteilen, dass wir nun schließen werden. Doch die Art, wie er da saß, den Whisky in seinem Glas beäugte, und immer wieder auf sein Handy sah, ließ mich traurig werden. Seufzend legte ich mein Tuch beiseite und lief zu Zayn.

"Ich sage es nur sehr ungern. Aber ich muss dich leider raus schmeißen. Es ist schon spät, du solltest auch lieber ins Bett gehen." Ich setzte ein Lächeln auf, konnte es allerdings nicht lange aufrecht erhalten. Zayn sah mich an, mit seinen dunklen Augen, welche voller Trauer, Wut und Verlangen waren.

"Du hast es mitbekommen, oder? Wie Gigi Schluss gemacht hat." murmelte er und sah wieder auf sein Glas. Es war erstaunlich, dass er nach 5 Gläsern noch so deutlich sprach.

Ich nickte, obwohl er es nicht sehen konnte. "Ja, hab ich. Aber die Welt dreht sich weiter. Und jetzt steh auf, geh schlafen, und mach morgen zu einem guten Tag." versuchte Ich, ihn zu motivieren. Doch er sah mich nur missmutig an. Sein Blick glitt über meine Haare, mein Gesicht und meine Schürze. "Also. Ich bekomme hier keine Überstunden bezahlt. Und ich will auch irgendwann nach Hause."

"Ich geh ja schon." schnaufte er, exte sein Glas, nahm sein Handy und sprang vom Hocker. "Hab's schon verstanden."

"Zicke!" rief ich ihm hinterher und nahm das Glas in die Hand, um es abzuwaschen. Der Laden war komplett leer, weshalb ich schnell die Tür abschloss. Jon, der Mann meiner Schwester und der Besitzer des Restaurants, hatte mich gebeten, alles dicht zu machen, da Maria aktuell im Krankenhaus lag und kurz davor war, ihr zweites Kind auf die Welt zu bringen. Und als ihr Mann, wollte er natürlich nichts verpassen.

Seufzend überprüfte ich alle Fenster, schaltete alle Lichter aus, begab mich in den Mitarbeiterbereich und sackte dort meine Sachen ein. Es war 2 Uhr Nachts, und selbst für New York war es merkwürdig ruhig. Ich schaltete die Alarmanlage an und verließ dann das Gebäude durch den Hinterausgang, den ich ebenfalls abschloss.

Kurz lehnte ich mich an die Stahltür und atmete tief ein. Eine halbe Stunde Heimweg wartete auf mich.

Diese 34 Minuten Weg waren vermutlich die schwersten seit langem. Ich war einfach nur müde und ausgelaugt. Inzwischen war es beinahe 3 Uhr frühs. Ohne auf irgendwas zu achten stolperte ich in mein Zimmer, zog meine Jeans und tauschte meinen Pullover durch ein altes Tshirt. Zufrieden ließ ich mich auf mein Bett fallen, und schlief sofort ein.

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Der nächste Morgen fing viel zu früh an. Um 9 klingelte mein Wecker, welchen ich nur entnervt ausschaltete. Kurz darauf kam meine Mutter in mein Zimmer, verkündete, dass meine Schwester in den Wehen lag und dass sie und mein Vater nun ins Krankenhaus fahren würden. Ich nickte müde und stand auf, um zu duschen. Danach fönte ich meine Haare, fasste sie zu einem Zopf zusammen und schminkte mich.

Heute würde ich nur 5 Stunden arbeiten, weshalb meine Laune nicht ganz so am Tiefpunkt war, jedoch war sie nah dran.

Genervt zog ich mir eine schlichte, schwarze Jeans an, einen schwarzen, engen Pullover und schlüpfte dann in meine Turnschuhe. Da der Wind noch ziemlich kalt war, zog ich meine Jeansjacke an.

Und dann lief ich, wie fast jeden Tag, zur Arbeit. Kellnern war ein schwerer Job. Jeder der etwas anderes behauptete, hatte keine Ahnung, von was er sprach.

Jon war noch immer nicht da, doch heute würde sein bester Freund sich um das Restaurant kümmern. Dieser begrüßte mich freundlich, wies mir meine Tische zu und verzog sich dann in die Küche.

Seufzend legte ich mir meinen Gürtel um, wo sich sämtlicher Mist dran befand, den man brauchte, und welcher mich nicht so sehr einschränkte wie eine Schürze es tun würde. Das Erste was mir auffiel war, dass Zayn erneut an der Bar saß. 11 Uhr Vormittags, mit einem Whisky in der Hand.

Ich schnaufte, ging zu ihm, nahm ihm den Whisky aus der Hand und stellte ihn weit weg. "Keine Drinks vor 18 Uhr." brummte ich. "Lass dich nicht so hängen. Das ist sie nicht wert."

"Achja?" murmelte Zayn und stützte seinen Kopf auf seine Hände. "Denn ich finde, genau das ist sie."

"Du kriegst eine Cola." Gelangweilt füllte ich ein großes Glas und stellte es vor seine Nase. "Geht auf mich."

Er runzelte die Stirn. "Ich lass mir doch nicht von einer Frau was ausgeben."

Ich verdrehte die Augen, drehte mich weg und schüttete das Glas Whisky aus.

Dann schnappte ich mein Mini-Tablet und klapperte meine Tische ab. Gerade wollte ich gehen, um die Bestellungen aus der Küche abzuholen, als mir zwei Frauen an einem Tisch auffielen, welche die Köpfe zusammensteckten und hin und wieder zu mir sahen.

Vor ihnen lagen verschiedene Mappen voller Bilder, wahrscheinlich irgendwelche Model-Karteien. Erneut sah eine der beiden Frauen auf und direkt in meine Augen. Langsam lief ich auf sie zu. "Kann ich Ihnen irgendwie helfen?" fragte ich und sah mir die Mappen genauer an. Tatsächlich zeigten sie verschiedene Mädchen.

"Ehrlich gesagt ja. Das könnten Sie." grinste diejenige der Beiden, welche mich angesehen hatte. "Färben Sie ihre Haare?"

"Äh... Nein." murmelte ich und strich mir durch meinen Zopf. Meine Haare waren rot. Hellrot, um genauer zu sein. Dafür konnte ich allerdings reichlich wenig. Meine Urgroßeltern sind Iren. Das erklärt wohl einiges.

"Modeln Sie?"

"Nein. Habe ich auch kein Interesse." Genervt drehte ich mich um und lief in die Küche, um die ersten Bestellungen abzuholen.

Als es später am Tag etwas ruhiger wurde, verzog ich mich wieder hinter die Bar, wo ich mich am liebsten aufhielt. Zayn saß noch immer da, mit seinem Handy in der Hand und AirPods in den Ohren. Wieso kam man in ein Restaurant, wenn man weder etwas bestellte, noch auf irgendeine Art und Weise sozial interagierte.

Die Frau von vorhin kam an die Bar und setzte sich direkt vor mich. "Hören Sie bitte zu. Wir suchen ein Model für unsere Werbung. Es geht um ein Parfüm, nichts dramatisches. Sie müssen nichts sagen, Sie müssen schlicht und einfach den Anweisungen des Regisseurs folgen."

"Und was springt für mich dabei raus?" fragte ich und lehnte mich an die Theke.

"Danach würden wir Sie gerne in den ein oder anderen Club schicken. Sie fallen ziemlich auf, wissen Sie? Dies dient dem Marketing. Unbewusst werden Menschen sich an unser Parfüm erinnern, wenn sie Sie sehen." erklärte die Frau. Missmutig sah ich auf meine Hände.

"Ich glaube Sie verstehen nicht, dass ich hier Vollzeit arbeite. Ich habe keine Zeit um feiern zu gehen."

Sie lächelte. "Theoretisch reicht es schon, wenn Sie den ganzen Tag hier rumlaufen. Auch hier werden Sie gesehen. Überlegen Sie es sich." Mit einem Lächeln im Gesicht schob sie mir eine Karte über den Thresen und entfernte sich dann wieder.

Neben mir ertönte ein schwaches Klatschen. "Willkommen in der New Yorker High-Society."

"Was?" Fragend drehte ich mich zu Zayn. Ich verstand nicht ganz, was er meinte. Was hatte eine Parfüm Werbung mit der High-Society zu tun?

"Diese Frau castet für eine der größten Werbeagenturen in New York. Unter anderem für Werbung von Chanel." meinte er und zuckte mit den Schultern. Dann stand er auf. "Ich suche mir jetzt eine Bar. An der ich Alkohol bekomme. Man sieht sich."

Man sieht sich?! Ich seufzte. "Du solltest lieber nach Hause gehen Zayn."

"Alleine? Nüchtern? Ich schätze, du hattest noch nie eine Trennung hinter dir, Victoria." Er zwinkerte mir zu und verließ dann das Restaurant. Okay. Das kam überraschend. Stumm rätselte ich darüber, woher er wusste, wie ich hieß.

Doch als ich Feierabend hatte, und auf mein Handy sah, wurde mir mulmig.

Das nächste Mal lade ich dich auf einen Drink ein. ;) -Z

ZAYNWhere stories live. Discover now