1. Tira, Selia, Haran - von Drogira nach Janagan - Teil 1

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-- ACHTUNG -- Ich werde das Buch demnächst nur noch als Leseprobe anbieten. Allerdings werdet ihr die Möglichkeit eines kostenlosen Downloads erhalten (an 5 Tagen im Quartal).

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Tira

Tira kniete im Altarraum der Kirche. Durch drei seitliche Mosaikfenster schimmerte das Morgenrot. In den Holzbänken hinter ihr saßen einzelne Gläubige. Sie fühlte die Blicke in ihrem Rücken.

Warum hat Mutter auf die Zeremonie bestanden? Burg Janagan liegt nicht am anderen Ende der Welt. Auch wenn die Ausbildung dort zwei Jahre dauerte, konnten ihre Eltern sie jederzeit besuchen.

Der Priester des allwissenden Gottes hielt ihr einen Jutesack mit feuchter Erde hin. Sie griff mit beiden Händen hinein und füllte den bereitgestellten Tontopf damit. In einem Schälchen daneben lag die Eichel, die sie gestern unter dem Baum ihres Großvaters aufgesammelt hatte.In einigen Wochen würde sie keimen und einen Trieb bilden. Danach verpflanzten die Priester den Setzling in den Wald am Rande Drogiras.

Sie drückte die Eichel in die Erde.Ihr Vater kniete neben ihr. Warum ist sein Tontopf größer und bunt? Sind nicht alle Menschen vor dem Allwissenden gleich?

Der Priester reichte ihrem Vater ein feuchtes Tuch. Der reinigte seine Hände und gab es an sie weiter. Während sie den Dreck von den Fingern rieb, drehte sich der Priester zur östlichen Fensterfront.

„Der allwissende Gott segne eure Gabe des Lebens." Er hob seine Arme. In diesem Moment brachen die bunten Glasfenster die Sonnenstrahlen so, dass die zwei Tontöpfe im Lichtschein standen.

Sie sah auf das Mosaik der Fenster. Von der Mitte der Scheibe aus starrte sie ein Auge an. Das allsehende Auge. Ihr Herz klopfte.

Quatsch. Nur farbige Glassteine. Fast hypnotisch folgte sie dem Muster in der goldenen Iris, das sich wie eine Spirale um die dunkle Pupille wand.Ihr Vater klopfte auf ihre Schulter. Sie standen auf und verbeugten sich. Ihr Vater überreichte eine Goldmünze.

„Wir werden für die sichere Reise und den Erfolg eurer Tochter beten, Meister Finn", bedankte sich der Priester.

Ihr Vater führte Tira aus der Priesterhütte.

„Warum hast ihm Gold gegeben?", fragte sie. „Du glaubst doch nicht an den allwissenden Gott."

„Unterschätze nie die Macht der Kirche. Irgendwann wird es sich auszahlen."

Díe Kutsche vor der Poststation Drogiras kam in Sicht. Ihre Mutter und Zek warteten dort.

„Wir denken an dich, Tira." Ihre Mutter drückte sie.

„Ich komme euch besuchen", versprach Tira und umarmte ihre Mutter. Sie drehte sich zu ihrem Vater um. Mit ernster Miene reichte sie ihm die Hand. „Auf Wiedersehen, Vater."

Der lachte, hob sie ein Stück empor und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Du bist die Beste, Tira. Du wirst es ihnen allen zeigen." Für einen Moment schlang sie ihre Arme um seinen Hals und schmiegte sich an ihn.

Zek, ihr Leibwächter, trat heran. Er fasste sie an den Schultern und ging in die Hocke, um ihr in die Augen zu sehen. „Vergiss nicht, das Davonrennen zu üben. Dein Blasrohr hast du dabei?"

Sie nickte.

„Gut." Er deutete in Richtung einer jungen Frau in schneeweißer Uniform. „Du bist in guten Händen."

Die Frau strich sich eine blonde Strähne aus ihrer Stirn und rief „Einsteigen!"

Tira kletterte in die Kutsche. Die beige Farbe ihres Kleides wechselte zu glänzendem Blau. Zek verstaute ihre zwei Kisten unter den Sitzen.

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