Im Grau - Der Schwarm

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Wenige Minuten zuvor: 

Die Königin des siebzehnten Schwarms streifte durch die graue Dimension.

Wo ist der verfluchte Zugang? Der Übergang in die Normaldimension muss hier irgendwo sein.

Sie dehnte ihr Sichtfeld aus. Ein Meer dunkelgelber Flecken umgab sie. Fünfzigtausend. Für einen Moment durchbrach Verzweiflung ihre Konzentration. Der kümmerliche Rest meines Schwarms.

Nach einer verlorenen Schlacht hatten sie ihren Heimatplaneten verlassen, um zu überleben. Der Nexusstein in der kalten Zone hatte ihnen den Übertritt in die graue Dimension ermöglicht.

Wie lange müssen wir noch suchen? Der Beginn ihrer Reise schien Äonen zurückzuliegen. Durch Zufall hatten sie den Zugang zu einem vielversprechenden Planeten in diesem Abschnitt der Dimension entdeckt – und wieder verloren.

Einer ihrer Begleiter berührte sie. Rikkan. Im Grau repräsentierte ein gelber Fleck sein Bewusstsein. Sie hatte gelernt, ihren Heerführer anhand winziger Unterschiede von den anderen zu unterscheiden.

„Grüner Fleck gesichtet."
„Verfolgen. Treibt ihn zu mir." Sie verschluckte‚ ‚falls es euch gelingt.' Zu oft waren ihre Soldaten vergeblich hinter dem Wesen hergejagt.
Wieder spielte es mit ihnen. Sie sah den grünen Schemen zwischen ihren gelben Einheiten hindurch huschen.
Etwas ist anders. Das Spiel dauerte länger als sonst. Der Fleck näherte sich ihr in einem chaotischen Muster. Es extrapoliert, wohin es getrieben wird. Sie schwebte ein Stück entgegen. 

„Bleibt zurück", befahl sie ihren Begleitern. Ohne Zweifel intelligent. Das Wesen hatte ihr Manöver bemerkt und schoss direkt auf sie zu. Es verharrte eine Flügelspannweite vor ihr.
„Wer seid ihr und was wollt ihr hier?"

Laut und fordernd. Sie musste sich zurückhalten, denn so redete sonst niemand mit ihr.
„Ich bin die Cai Zartessa, die Königin des siebzehnten Schwarms. Wir suchen den Zugang zu einem Planeten in der Normaldimension." Sie setzte hinzu: „Hast du einen Namen?"

„Ich heiße Janina." Gut. Mit einem namenlosen Wesen zu verhandeln hätte keinen Sinn gehabt. Janina fuhr fort: „Wir haben den Planeten zuerst entdeckt. Er gehört uns. Verschwindet."

„Er ist bestimmt groß genug, um noch unseren Schwarm aufzunehmen. Bist du einer der ‚Menschen', die dort leben?"
„Zieht weiter. Der Nexusstein auf dieser Welt ist zerstört."
„Aber..."
„Zieht weiter", unterbrach sie das Wesen. „Ihr werdet keinen Zugang finden." Es wendete und jagte in einem irrsinnigen Tempo durch die Reihen der Schwarmeinheiten. 

Hatte dieses Wesen namens Janina die Wahrheit gesagt? Suchten sie vergeblich? Aber jetzt weiterziehen, auf eine neue Äonen dauernde Reise? So leicht lässt sich eine Cai Zartessa nicht einschüchtern.

„Wir suchen weiter. In der Richtung, aus der das Wesen gekommen ist." 

Später: Ohne Wechsel zwischen Tag und Nacht gab es im einförmigen Grau keinen Anhaltspunkt für das Verstreichen der Zeit. Die Königin hatte den Befehl zum Wenden gegeben, als ihr eine winzige Unregelmäßigkeit in der ursprünglichen Richtung auffiel.

Blitzartig flog sie darauf zu. Hinter Schlieren verbarg sich ein schwarzer Strudel, so klein wie eine Borste an ihrer Vorderklaue. Die gelbe Aura, die ihr Wesen im Grau repräsentierte, begann vor Erregung zu zittern. Der Zugang!

Der Kanal blinkte und schwankte, als ob er sich jeden Moment schließen könnte. Ich muss ihm folgen. Sofort!
Sie stürzte in die Dunkelheit.

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