~Flashback~

Ich schaute auf und sah Newt, der mit einem besorgten Blick auf mich zu lief.
In seiner Hand hielt er die Schachtel, die ich damals in seinem Schrank gesehen hatte.
Er kam bei mir an, flüsterte „Augen zu!" und öffnete ohne ein weiteres Wort die Schachtel.
Ich gehorchte und schloss meine Augen.
Ich spürte wie Newt meine Haare anhob.
Dann legte er mit etwas kaltes um den Nacken und ich zuckte kurz zusammen,
während er mich küsste.
Der Kuss war zwar sanft, aber dennoch löste er einen Haufen Schmetterlinge in mir aus.
Ich öffnete meine Augen und schaute ihn verwirrt an, als er sich von mir löste.
Ich sah an meinem Hals hinab, wo nun ein altes silbernes Medaillon hing, welches in der Mitte von einem kleinen türkisen Diamanten geziert wurde. Newt nahm meine beiden Hände und sah mir in die Augen.

~Flashback Ende~

Lange Zeit starrte ich die Decke an. Grau, farblos, langweilig.
Das einzig abwechslungsreiche an ihr war die Lüftung. Das silberne Gitter des Schachtes.
Aber natürlich!
Ich klatschte mir gegen die Stirn und hätte mir für meine Dummheit auch noch eine schellen können.
Der Lüftungsschacht!
Wie von der Tarantel gestochen sprang ich auf, nahm mit den Stuhl und platzierte ihn unter dem Gitter.
Fuck!
Wie sollte ich das Ding jetzt auf bekommen?!
Etwas planlos drehte ich mich um mich selbst, bis mir mein Spiegelbild in den Blickwinkel fiel.
Neben der Tatsache, dass ich einfach nur scheiße und kaputt aussah, fiel mir etwas golden glänzendes in meinem Haar auf.
Ich zupfte die Spange aus meinen Strähnen und stellte mich auf den Stuhl.
Und tatsächlich!
Nach mehreren Minuten hatte sich das Rumfummeln in den Schrauben gelohnt und sie ließen sich mit Hilfe der Spange raus drehen.
Vorsichtig klappte ich das Gitter auf.
Mit meinen Händen tastete ich vorerst nach Halt im Schacht. Als ich mir sich war, nicht gleich wieder runter zu klatschen, wie ein Vogel der gegen eine Glasscheibe flog, nahm ich alle Kraft zusammen und versuchte mich hoch zu ziehen.
Ich brauchte ein paar Anläufe, aber letztendlich hatte ich es geschafft.
Ich hockte in dem Schacht und brauchte mir nun nur noch überlegen, wo ich lang wollte. Viele Möglichkeiten gab es da nicht.
Entweder vor oder zurück.
Ich entschied mich für vor und krabbelte los.

Ein kühler Luftzug hauchte mir entgegen und ließ mich einen Moment innehalten, zum genießen, denn der Schweiß perlte schon an meiner Stirn hinab.
Das Krabbeln war allmählich zu einem Kriechen und Robben geworden.
Mich wunderte es, dass ich kaum einen Ton hinterließ, während ich mich durch die engen Schächte quetschte. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass es nur so Scheppern und Krachen würde.
Meine Beine taten von dem ständigen Geschiebe meines Oberkörpers weh und verlangten nach einem Ausgang.
Wie gerufen, erschien einer direkt vor mit.
Ein bisschen unelegant und tollpatschig, drehte ich mich um, damit ich mit den Füßen die Klappe des Schachtes öffnen konnte.
Mit einem kräftigen Tritt schwang sie auf und ich landete, weitaus eleganter aus ich mich umdrehen kann, auf dem Fußboden.

Zu meiner Rechten und Linken erstreckte sich ein langer Korridor, in dem ich noch nie zuvor gewesen war. Mir war ein wenig mulmig zu mute, doch die Angst vor dem Einschlafen und erneuten Träumen trieb mich an.
Vorsichtig setzte ich einen Schritt vor den anderen und bewegte mich somit vorwärts.
Lange schlich ich durch den Gang und kam an mehreren Türen vorbei.
Bei einer blieb ich stehen, denn sie war anders, als die anderen.
Sie hatte ein kleines Fenster in ihrer oberen Mitte.
Ein wenig misstrauisch nährte ich mich ihr.

Was wenn sich dahinter etwas verbarg, was ich eigentlich garnicht sehen wollte?
Was ist, wenn sich dahinter irgendwelche Cranks aufhielten?
Cranks, so nannte man die Infizierten des Brandes, hatte man mir erklärt.

Gott sei dank!, machte sich die Erleichterung breit, als ich durch das Glas lugte.
Der Raum war voller Hochbetten in denen Jungen schliefen.
Aber halt, nicht irgendwelche Jungs, sondern meine Jungs.
Die Lichter der Lichtung. Für mich quasi meine Familie.
Ich schaute mir jeden einzelnen an und bemerkte erst jetzt, dass ich die meisten garnicht beim Namen kannte oder die, die ich kannte, nicht mehr da wahren.
Tot. Sich geopfert in der Hoffnung auf Besseres und der Ungewissheit, dass alles eine Tücke von Wicked war.

Aber die bekannten Gesichter brachten mich zum Lächeln.
Bratpfanne hatte die Hände auf den Bauch gefaltet, während dieser sich bei jedem Atemzug gleichmäßig hob und senkte.
Minho lag im untern Stock eines Hochbettes und sein Bauch war fest auf die Matratze gepresst, genauso wie seine Wange, leise vor sich hin schnarchend, gurgelnd und sabbernd, wodurch er mich sogar ein bisschen zum Lachen brachte, welches aber sofort verschwand, sobald ich meinen Blick weiter gleiten ließ und er sich auf einen ganz bestimmten Jungen richtete.
Nicht auf Thomas, dieser schien zu fehlen oder in einem der hinteren Betten zu liegen, die ich nicht erkennen konnte.

Er wälzte sich unruhig hin und her.
Sein blondes Haar stand wirr in alle Richtungen. Unablässig murmelte er im Schlaf, was ich an der Bewegung seiner Lippen erkennen konnte. Manchmal zuckte er zusammen und ich tat es ebenfalls, aus Schreck. Auf seiner Stirn glänzte Schweiß.
Newt!",flüsterte ich sanft und strich mit meinem Finger über die Scheibe, als könne ich hindurch fassen und ihn berühren.
Was leider totaler Unsinn war.
Plötzlich wurde sein Gesichtsausdruck panisch und er murmelte immer lauter, sodass es fast ein flüstern oder gar reden war.
Auf einmal zuckte er heftig zusammen und ich wich einen Meter zurück.

Wie gerne ich ihn aus seinem Albtraum holen würde. Wie gerne ich Newt jetzt einfach im Arm halten und trösten würde, während er sagt, dass alles gut sei und ich mich nicht um ihn sorgen brauchte, aber er ganz genau wüsste, dass es mich nicht abhalten würde.

Ich hörte das Klacken von Schuhen an den Wänden widerhallen.
Blitzschnell drehte ich mich herum.
Nicht, noch nichts.
Die Schritte kamen immer näher.
Mit einem letzten flüchtigen Blick auf Newt, der nun etwas ruhiger schien, schleppte ich mich wieder in den Schacht und schloss hinter mir die Klappe.

Was ich in diesem Moment nicht wissen konnte war, dass Newt mich gesehen hatte, nur das er dachte, ich sein ein Traum.

In robbenden Bewegungen nahm ich den Weg zu meinem Zimmer auf.
Es war garnicht so leicht, wie es sich anhörte.
Auf dem Hinweg musste ich an unzähligen Abzweigen vorbei und sie mir alle merken und noch dazu war es dunkel.
Ein Glück, dass mein Gedächtnis relativ gut war.
Plötzlich ertönte ein lautes Scheppern und kurz darauf ein Fluchen im Flüsterton.
Dann rappelte es nochmal und jemand schrie-flüsterte:,,Man, jetzt pass doch mal auf!" und darauf antwortete jemand anderes „Tut mir leid! Es kann halt nicht jeder so'n zierliches Reh sein, wie du!" „Halts Maul!"
Die Stimmen verblassten immer weiter und die Personen schienen sich zu entfernen.
So neugierig wie ich war, krabbelte ich hinterher.
Als ich wieder in ihrer Nähe war, zog ich mich hinter einer Ecke zurück, um zu lauschen.

„Jetzt beeil dich, dass musst du dir ansehen!"
„Ist ja schon gut!"
„Weißt du wieso ich es dir zeige? Warum ich dir vertraue?"
Anscheinend schüttelte der eine den Kopf, denn der andere fuhr fort.
„Weil du anders bist. Du misstraust ihnen genauso wie ich. Das was ich dir zeige ist...."

Ein Kribbeln ereilte meine Nase und ich musste Niesen. Es hallte im kompletten Schacht nieder und wer auch immer dort gesprochen hatte, dem war es jetzt zu riskant.
„Wie sollten besser gehen."
„Nein, es ist wichtig...."
„Aris! Zeig es mir morgen Nacht! Ich hab das Gefühl, wir sind nicht mehr lange alleine!"
Und da hatten sie Recht.
Unter mir hörte ich die schweren Stiefel und die Rufe von wachen.
Schnell kroch ich weiter.
Weg von den beiden Jungen.
Weg von dem Geheimnis, welches ich unbedingt lüften wollte.
Also würde ich morgen wieder hier hoch kommen.
Soviel war sicher.

Learn to Lose (Maze Runner ff Newt)Where stories live. Discover now