26. Idiot

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Hermine

Langsam öffne ich meine Augen.
Zuallererst registriere ich, dass jeder Zentimeter meines Körpers schmerzt, als wäre ich drei mal hintereinander von einem LKW überfahren worden und meine Überreste dann an den Riesenkraken verfüttert.

Dann scanne ich langsam meine Umgebung, die ich nur unscharf wahrnehme. Überall ist weiß... bin ich im Himmel? Das würde zwar nicht zu den Schmerzen passen, kommt mir im Moment aber ganz plausibel vor.

Ein rothaariger Junge beugt sich über mein Lager (Gott?) und streichelt meine Haare.
"Weißt du, wer ich bin?" fragt er sanft.
"Der Schöpfer?"
"Äh...nein."
"Jesus?"
"Nein."
"Ein Engel?"
"Nein!"

"Tut mir leid. Dann weiß ich es nicht."
Die braunen Augen des Jungen weiten sich erschrocken und er vergräbt das Gesicht in den Händen.
"Scheiße. Bei Merlins gelber Unterhose, verdammt."
Dann sieht er auf und ein Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus.

"Du Schuft!"
"Tschuldigung. Ich konnte einfach nicht widerstehen."
Ich kichere. Dann merke ich, dass das in der Rippengegend ganz schön wehtut. "Autsch."
Fred beugt sich wieder über mich und sieht mich besorgt an.

"Ist es schlimm?"
Ich schüttele den Kopf und zwinge mich zu einem beruhigenden Lächeln. "Gar nicht." Lüge ich. "Wie bin ich überhaupt hierher gekommen?"
"Woran erinnerst du dich noch?"
"Ich bin aus dem Gemeinschaftsraum, um raus zu gehen. Danach ist alles... verschwommen. Was ist passiert?"
"Du bist die Marmortreppe runtergefallen und hast dich wirklich schlimm verletzt. Du warst kurz davor, zu verbluten, aber Madam Pomfrey hat dich einigermaßen wiederhergestellt."

Wenn man vom Teufel spricht.
Madam Pomfrey kommt an mein Bett gerauscht und beginnt, eine dampfende Flüssigkeit in ein kleines Glas zu gießen.
"Gut. Du bist wach" kommentiert sie.
"Sieht so aus." Vorsichtig fasse ich mir an den Kopf und zucke bei der Berührung zusammen.

"Halt still." befiehlt Madam Pomfrey und setzt das Glas an meine Lippen. Sobald die Medizin meine Kehle passiert hat, beginnen alle meine Eingeweide zu brennen und ich krümme mich und muss mich stark zurückhalten, um sie nicht gleich wieder auszukotzen.
"Was ist los?" fragt Fred besorgt.
"Keine Sorge. Die Schmerzen legen sich gleich wieder. Die Arznei stärkt deine Knochen."
"Aha." Presse ich hervor.

"Wann wird sie entlassen?" vernehme ich wieder Freds Stimme.
"Kommt darauf an. Wenn alles gut läuft, ist sie übermorgen wieder wie neu."
Ich richte mich auf. "Wie lange war ich... weg?"
"Vier Tage." antwortet Fred und sieht mich mit liebevoller Miene an.
Erleichtert seufze ich auf. "Dann hab ich also keinen Unterricht verpasst."
"Nein, keine Angst." grinst mein Freund.

Fred kann ich erst gegen Abend überreden, essen und schlafen zu gehen, und selbst dann lässt er es sich nicht nehmen, mir mit besorgter Miene tausend süße Fragen über mein Wohlbefinden zu stellen. Ich versichere ihm, dass ich mich gut fühle und gebe ihm zum Abschied einen langen Kuss, bei dem ich meine lautstark protestierenden Gliedmaßen ignoriere.

Als ich schläfrig geworden bin und vermute, dass es später Abend ist, geht die Tür noch einmal auf.
"Fred" sage ich laut, aber belustigt. "Mir geht es gut, das schwöre ich."
Aber es ist nicht Fred, der mit bedrücktem und besorgtem Gesichtsausdruck auf mein Bett zugeeilt kommt.

Oh nein. Der schon wieder.
Ich wende meinen Kopf ab und sehe demonstrativ in eine andere Richtung.
"Hermine." sagt McLaggen.
"Das ist mein Name" erwidere ich herablassend, immer noch, ohne ihn anzusehen.
"Ich wollte mich dafür entschuldigen, dass..."
"Dass du ein Arsch bist?"
Er schmunzelt kurz.

"Ja, sozusagen. Also dafür, dass ich dich nach unserem... Kuss einfach habe liegen lassen."
Hä? Wovon faselt der denn da?
"Was denn für ein Kuss?"
Er sieht erstaunt aus. "Der auf der Marmortreppe? Weißt du das nicht mehr?"
"Nein. Das einzige, was ich weiß, ist, dass ich dich nie im Leben küssen würde. Nicht für eine Million Galleonen."

Seine Miene verdüstert sich. "Du spielst mir doch was vor."
"Nein" ich verschränke die Arme, so gut das eben geht und sehe ihn wütend an. "Niemals."
"Na dann."
Er sieht irgendwie richtig sauer aus. Aber ich mag es, ihn zu provozieren, da ich mich wirklich nicht daran erinnern kann, ihn geküsst zu haben (Fred hat mir die Geschichte mit dem Mistelzweig erzählt und ich kann es immer noch nicht glauben.)

"Das erfindest du doch nur, um an mich ranzukommen." gebe ich schnippisch von mir. Ich finde, nach dem, was er angestellt hat, habe ich jedes Recht dazu.
McLaggen wirft mir noch einen rasenden Blick zu, dann stapft er davon. An der Tür wendet er sich noch einmal um. "Du kannst ja sehen, was du von der Lügerei hast."
Aber ich nehme ihn nicht ernst.

Nach zwei Tagen werde ich geheilt entlassen, muss aber laut Madam Pomfrey alle drei Tage wieder vorbeikommen, um mich untersuchen zu lassen.
Fred holt mich ab und ich will den gewohnten Weg zur Großen Halle einschlagen, da Mittag ist und es Essen gibt, aber Fred hat offensichtlich andere Pläne.

Er nimmt mich am Arm und bugsiert mich mit sanfter Gewalt in einen Nebengang, den ich bisher nicht gekannt habe.
Da drückt er mich gegen die Wand und küsst mich heftig. Wie auf Autopilot Schlinge ich die Arme um ihn und ziehe ihn näher zu mir. Was macht er mit mir? Meine Beine werden ganz wabbelig und ich denke nur unzusammenhängendes Zeugs.
"Ich hatte solche Angst um dich" sagt er atemlos zwischen zwei Küssen.
"Mach dass nie wieder, ja?"
Ich nicke nur und schiebe ihn dann von mir weg. Seine Haare stehen zu allen Seiten ab, was vermutlich auf mein Konto geht. Seine wunderschönen braunen Augen funkeln.

"Was denkst du?" frage ich unsicher.
"Das du wunderschön bist. Das ich dich mehr liebe als alles andere auf der Welt. Obwohl, Stinkbomben-"
Lachend schlage ich ihm gegen die Brust, dann küsse ich ihn wieder und ziehe in an seinem Ärmel zum Mittagessen.

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