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Die Flocken fielen dicht und stetig vom Himmel herab und schmolzen auf Patricks Händen, die auf dem Geländer seines Balkons lagen. Er schenkte der Kälte keine Beachtung, das Blut, das rasch und heiß durch seine Adern gepumpt wurde, ließ ihn sogar beinahe schwitzen. Er war nervös, heute Abend würde es soweit sein. Heute würden Gäste aus allen Königreichen eintreffen, um mit ihnen den winterlichen Maskenball zu zelebrieren. Seine Mutter war dieses Jahr besonders pingelig gewesen mit der Vorbereitung, sie hatte ihn sogar gezwungen, Tanzstunden für den heutigen Abend zu nehmen, obwohl Patrick bereits ein guter Tänzer war. Doch sie war eine Königin, die nichts dem Zufall überließ, besonders nicht die Brautwahl ihres Sohnes. Ja, er sollte sich heute ein Mädchen aussuchen, und allein bei dieser Vorstellung wurde Patrick bereits schlecht vor Sorge. Gewiss würde er eine abbekommen, seine Familie war sehr beliebt bei den anderen Königreichen und dem Volk. Aber er war einfach nicht bereit, sich so bald die Frau aussuchen zu müssen, die ihm bis an sein Lebensende beistehen würde.

Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als eine Fanfare ertönte. Neugierig reckte er den Kopf und sah die erste Kutsche auf das Tor des Palastes zurollen. Schnell trat er zurück in sein Zimmer, rieb sich die Hände, deren Eiseskälte er nun bemerkte. Ein letzter Blick in den Spiegel, er war bereit. Das war es zumindest, was er wie ein Mantra in seinem Kopf wiederholte. Er wischte sich noch ein paar einsame, fast getaute Flocken aus dem Haar, bevor er die Treppen hinab in die Eingangshalle stieg. Seine Mutter, sein Vater und seine kleine Schwester Lotti standen bereits neben dem Eingang, bereit, die ersten Gäste in Empfang zu nehmen. „Wo warst du so lange?" schimpfte seine Mutter. Sie trug ein violettes, langes Kleid das ihren ebenfalls bläulich-violett leuchtenden Augen hinter der schwarzen Maske schmeichelte, sowie den Schmuck, den Patricks Vater ihr zum Geburtstag geschenkt hatte. „Tut mir leid." Murmelte er wenig schuldbewusst und nahm seinen Platz ein.

Wenig später begann sich der Palast allmählich zu füllen, Patrick hatte es längst aufgegeben, jeden zu begrüßen. Stattdessen hatte er sich auf der Empore versteckt, von der er einen guten Blick auf den Eingang hatte. Mädchen über Mädchen, hübsche, weniger hübsche, dicke, dünne, große, kleine, strömten in den Saal. Er war überfordert. Erschöpft glitt sein Blick auf den Boden, seine Augen waren müde und überlastet. Am liebsten würde er einfach in sein Bett fallen und erst wieder aufwachen, wenn alle Verpflichtungen verschwunden wären. Patrick überlegte schon, seinem Wunsch nachzugehen und die Brautsuche Brautsuche sein zu lassen, da lenkte etwas seinen Blick wieder zurück, ließ ihn wieder aufmerksam werden. Er fühlte sich beobachtet. Tatsächlich, im Eingang war jemand entgegen dem Strom stehen geblieben, hatte den Kopf in den Nacken gelegt, schaute ihn direkt an. Die Augen des Mannes schimmerten grün hinter einer schwarzen Maske hervor, die sein halbes Gesicht bedeckte. Seinen Gesichtsausdruck vermochte Patrick nicht zu entschlüsseln. Bevor er ihn jedoch näher betrachten konnte, war der Mann mit den grünen Augen bereits in der Menge verschwunden. Patrick schüttelte verwirrt den Kopf. Seltsam.

Er beschloss sich langsam nach unten zu begeben, der Tanz würde bald beginnen und er hatte noch kein Mädchen aufgefordert. Er schluckte. Sein blaues Jackett fühlte sich auf einmal viel zu eng an, die ebenfalls blaue Maske juckte. Dennoch zwang er sich ein Lächeln aufzusetzen, als er die Treppe in den Saal hinab lief. Das erst beste Mädchen, das ihm vor die Füße lief, forderte er zum Tanz auf und schon bald stellten sich auch alle anderen Paare in einer Walzer Formation auf. Sie hatte blondes Haar, ein nervöses Lächeln im Gesicht und eine Frisur, die ihn an einen Pudel erinnerte. Schrecklich, diese Mode. Die ersten Akkorde erklangen und er konzentrierte sich voll und ganz auf seine Schritte. Der Kreis um ihn und das Mädchen schloss sich, Augen über Augen die sie ansahen. Blaue, braune, grüne - aber nicht das grüne Augenpaar, nach dem er vergeblich Ausschau hielt. „Ich bin übrigens Clara, wenn ich mich vorstellen darf, mein Prinz." Sprach sie, und er drehte sie im Kreis. „Schön." Antwortete er, bevor Patrick sie an den nächsten Mann weitergab und ein anderes Mädchen mit holpriger Schrittfolge auf ihn zu stolperte. Blaue Augen, dieses Mal. Sie grinste süß, zuckersüß. Sie drehten sich, doch sie hatte keinerlei Taktgefühl. Die Musik wurde wieder schneller, und jeder Mann gab seine Partnerin nach links weiter. Patrick griff nach der Hand der Frau zu seiner Rechten und erhaschte endlich einen Blick auf ihn. Er war es, der mysteriöse Mann, dessen grüne Augen ihn schon wieder fesselten. Ein Schaudern, gefolgt von einer Portion Adrenalin durchzuckte Patricks Körper. Nur schwer konnte er seinen Blick fortreißen, sonst wäre er über seine eigenen Füße gefallen. Was war nur los mit ihm?

Noch einige Male trafen sich ihre Blicke im überfüllten Tanzsaal, bevor der letzte Tusch gespielt wurde und alle begannen zu applaudieren. Patrick vollführte eine elegante Verbeugung, bevor er aus dem Raum stürmte, raus, auf die Terrasse. Niemand sonst hielt sich dort auf, kein Wunder, bei dem Schneegestöber. Er musste klare Gedanken fassen. Sich konzentrieren. Das war nur ein Mann mit grünen Augen und langem, braunen Haar, mit dem er ein paar Blicke gewechselt hatte. Mehr nicht. Und doch fühlte es sich nach so viel mehr an. Lächerlich, was war nur in ihn gefahren, dass er sich nach Männern umsah? Patrick schüttelte den Kopf und er schob seine Hände in die Taschen seines Jacketts. Seine Gedanken kamen allmählich zur Ruhe, nachdem er ein wenig den gepflegten und wunderschönen Garten des Palastes betrachtete, der ruhig und verschneit vor ihm lag. Die Nacht wurde von romantischen Öllampen erhellt, die auf den dafür vorgesehenen Steinblöcken platziert waren, die überall im Garten verteilt waren. Früher, als er noch ein Kind gewesen war, war er immer auf diesen Steinblöcken herumgeklettert, obwohl es verboten war. Ihm war nahezu alles verboten worden. Plötzlich hörte Patrick hinter sich leise den Schnee knirschen. Dabei konnte er jetzt wirklich keine Gesellschaft vertragen. Er nahm eine vornehme Körperhaltung ein und drehte sich um.
Und da stand er. Diese grünen Augen würde Patrick unter Tausenden erkennen. "Hallo" Sein charmantes Lächeln kam zum Vorschein, als er seine Maske abnahm. "Ich hatte mir gedacht, Sie würden vielleicht gerne tanzen? Die Terrasse scheint mir dafür ein schöner Platz zu sein."

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Wir haben den 16. Dezember 2017 und hier ist mein Beitrag zu den 24 OneShots bis Weihnachten. ^^ Schaut euch gerne die anderen Kurzgeschichten an, ihr findet sie unter dem Hashtag #24ostillchristmas. 😊 Ich hoffe es hat euch ein bisschen gefallen,
LG Minilemin

Such dir eine aus // KürbistumorWhere stories live. Discover now