Kapitel 23 - Brown University.

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Am nächsten Morgen wachte ich auf ein komisches Gemurmel neben mir auf und als ich schmerzhaft meine Augen öffnete -die sich anfüllten wie Tonnen- sah ich einen schlafenden Ryder neben mir. Er sah so friedlich aus, selbst mit diesen kleinen Narben an seiner Augenbrauen und Mundwinkel. Wir ließen gestern vieles unausgesprochen und redeten beinahe kaum miteinander. Irgendwann muss ich zwischen Folge 21 und 23 eingeschlafen sein und der Typ vor mir wohl auch. Eigentlich hatte ich gar keine Lust über gestern Abend zu sprechen, wegen diesem Vorfall mit John, denn irgendwie schämte ich mich dafür, dass ich ihm nicht geglaubt hatte. Ich bin wohl immer noch viel zu naiv für diese Welt. 

So leise wie nur möglich, schlich ich mich aus dem Bett und ging auf Zehnspitzen die Treppen runter um die anderen nicht auf wecken zu müssen. Doch zur meiner Überraschung waren alle in der Küche und sahen mich fragend an, als ich in meinem eigenen Haus ging, wie ein Dieb. 

''Wieviel Uhr ist es?'' fragte ich, denn gestern musste es wohl ziemlich spät geworden sein, als wir einschliefen. Ich ging mit vermüdeten Schritten auf mein Paps zu und irgendwie schienen alle nicht gut gelaunt zu sein. 

''Es ist bereits halb eins.'' murmelte meine Mutter und räumte ein paar Teller in den Schrank ein, was ziemlich merkwürdig war, da die Teller immer noch schmutzig waren. Wow. Halb eins, so spät schon?''Ist irgendwas?'' stoß ich verwirrt raus und meine Eltern sahen sich fragend an, wahrscheinlich redeten sie grade telepathisch darüber, ob sie mir was sagen sollten oder nicht. Schließlich ließ mein Vater einen erschöpften Seufzer raus und schob ein Kuvert auf dem Tisch, das mir bis jetzt nicht aufgefallen war ein wenig in meiner Richtung. Mit viel Tollpatschigkeit -da ich immer noch etwas benommen war von dem gestrigen Vorfall- setzte ich mich vor meinem Vater und las laut vor.

''Brown University..'' flüsterte ich und riss es beinahe auf. Ich hatte mich schon so lange auf diesen Brief gefreut und meine Eltern schienen wohl auch sehr aufgeregt zu sein. Sie befürchteten immer schon das Schlimmste, es war ihnen egal, ob ich auch noch eine Chance hatte gute Neuigkeiten zu bekommen, sie waren immer schon fest davon überzeugt, dass ich schlechte Neuigkeiten bekommen würde. Als ich den Brief endlich ausgefaltet in meiner Hand hielt und die Zeilen laut vorlas, wusste ich nicht was ich tun sollte.

''Es tut uns Leid Ihnen mitteilen zu müssen, dass es.-'' weiter las ich nicht, sondern stand von dem Tisch auf und schmiss den Brief direkt in den Mistkübel. Das kann doch nicht wahr sein. Mein einziger Traum. Etwas wofür ich solange gearbeitet hatte, jeden Tag extra Stunden und Nachhilfe in jedem Fach. Trotzdem. Trotzdem haben sie mich nicht genommen. 

Wütend tritt ich auf den Mistkübel zu und meine Eltern sahen mir nur traurig dabei zu. Sie wussten, würden sie mich jetzt aufhalten, wäre ich nur noch wütender geworden. Ich zeriss das Blatt in kleine Stücke, dann die Stücke in noch kleinere und dann die Stücke wieder kleiner. Das ging immer so weiter, bis ich nur noch Confetti in meiner Hand hielt, es wieder in den Mistkübel schmiss und wütend rauf in mein Zimmer rannte. Ich war noch nie in meinem Leben so enttäuscht gewesen wie jetzt. Selbst als ich 7 war und meine Mom mir einen Clown zum Geburtstag versprochen hatte, der dann doch nicht gekommen ist, war ich nicht so enttäuscht wie jetzt. Es war ein riesen Tritt in den Magen. 

Man könnte es mit dem Gefühl vergleichen, dass eine Ballerina hat. Sie übt jeden verdammten Tag um einmal die Ballerina sein zu können, die sie immer sein wollte. Doch plötzlich bricht sie ihr Bein und sie wird nie wieder die Selbe. Wenn ein Klavierspieler seine Finger verliert oder ein Maler seine Inspiration. So verlor ich die Brown, meinen einzigen wahren Traum. Jahre lang kümmerte es mich nicht, ob mich alle für ein Nerd oder Freak hielten, ich wollte immer nur Brown. Literatur und Kunst und Wissenschaft. Ich weiß, das passt nicht grade zusammen, aber dies wollte ich nun mal. Und jetzt, wo es zum Greifen nah war, bricht alles auseinander. Warum? Warum war ich nicht gut genug? 

Wütend tritt ich in mein Zimmer ein und erblickte sofort Ryder auf meinem Bett immer noch schlafend. Egal wie wütend ich war, ich wollte nicht, dass er mitkriegt wie verletzt und verzweifelt ich war. Mit aller Kraft hielt ich die Tränen zurück und ging auf Ryder zu.

''Ryder.'' rief ich ihn, doch er reagierte nicht.

''Ryder! Du musst gehen!'' sprach ich schon lauter und endlich öffnete er widerwillig seine Augen um mich anzusehen. Nur ein Blick. Es hat ihm nur ein Blick gekostet und er hatte mich völlig durchschaut.

''Kathe. Was ist passiert?'' er richtete sich sofort auf und nun war er nur einige Centimeter entfernt von mir. Voller Sorge und Verwirrung blickten diese braunen Augen in meine. Doch ich wollte keine Heuchlerin sein, ich wollte nicht jammern oder vor mir hin wünschen es wäre anders gewesen, schließlich ist es nun mal so und ich muss damit fertig werden, egal wie sehr mich das Ganze verletzte.

''Nichts. Kannst du einfach gehen?'' meine Stimme klang grob und genervt, aber ich wollte nun wirklich allein sein. Ach willst du das? Ich weiß es nicht. Vielleicht auch nicht, aber was würde mir schon bringen, wenn Ryder bei mir bleibt? Er würde mich nur verletzt sehen und das wollte ich nicht.

''Ja. Klar.'' gab er zurück, nachdem er mich lange genug beobachtet hatte und kurz bevor er gehen konnte, brach ich auseinander. Keine Ahnung warum, aber ich konnte nichts mehr zurück halten. Zuerst das mit John und jetzt verlor ich auch noch die Brown. Es ist alles viel zu viel für mich. 

''Kathy.'' flüsterte er, während er mich mit aller Kraft an sich drückte und ich mein Gesicht in seinem Brustkorb versteckte. Ich heulte und heulte, ich dachte schon meine Tränen würden mir nie ausgehen, doch dann schließlich schlief ich ein und Ryder blieb die ganze Zeit an meiner Seite. 

Shut up Badboy.Where stories live. Discover now